Start

Beiträge zur Geschichte  












Fortsetzung 6

Marlis Meergans, Eberhard Noll

Die Pariser Kommune

Der 'Frieden' mit Preußen

Bis zur Kapitulation von Sedan war der Krieg von deutscher Seite ein 'gerechter' Krieg um die Herstellung eines einheitlichen Nationalstaates (wenn auch unter preußischer Vorherrschaft). Aber Preußen setzte den Krieg auch nach dem 2. September fort, um Frankreich für Jahrzehnte zu schwächen, um Gebiete zu erobern und hohe Kriegsentschädigungen von Frankreich zu erpressen. Jetzt zeigte sich, wer an die Spitze der deutschen Nation getreten war; der Charakter des Krieges wandelte sich in einen ungerechten Raub­ und Eroberungskrieg gegen das französische Volk.

Nach der Schlacht bei Sedan rückten die deutschen Truppen weiter in Frankreich ein. Paris wurde belagert, was zur Folge hatte, daß sich die Werktätigen von Paris bewaffneten und zur Verteidigung Frankreichs und seiner Hauptstadt bereit waren. Gleichzeitig richtete sich ihr Zorn gegen die bürgerliche Regierung des 4. September, die alles tat, um eine wirkungsvolle Verteidigung zu verhindern. Diese sog. Regierung der Nationalen Verteidigung hatte mehr Angst vor den bewaffneten Volksmassen als vor den Preußen. In dieser Situation schloß sie mit Bismarck am 28. Januar 1871 einen Waffenstillstand ­ den Präliminarfrieden. Sie war zu allen Forderungen Bismarcks bereit, unter der einen Bedingung, daß die preußischen Truppen um Paris verbleiben, um die Sicherheit ihrer korrupten Regierung zu garantieren. Die Französische und die Preußische Bourgeoisie schlossen einen Packt gegen daß Volk von Paris. Der Preis für dieses Bündnis war:

1. Annexion von Elsaß­Lothringen

2. Zahlung von 5 Milliarden Goldfranken innerhalb von 3 Jahren

3. Besetzung der östlichen Gebiete Frankreichs als Pfand für die Abzahlung dieser Summe

4. Verpflegung der deutschen Truppen auf Kosten Frankreichs

Am 10. Mai 1871 (also zu der Zeit, als die bürgerliche Regierung Frankreichs bereits aus Paris vertrieben war) wurde von der Regierung Thiers der Frieden von Frankfurt geschlossen, der die Abmachungen des Vorfriedens bestätigte.

K. Marx wandte sich in einer Adresse des Generalrates der Internationalen entschieden gegen den Raubkrieg. Er forderte die deutschen Arbeiter auf, für den Abschluß ein es gerechten Friedens mit Frankreich zu kämpfen, für einen Frieden ohne Gebietsabtrennungen.

August Bebel und Wilhelm Liebknecht bewährten sich in dieser Situation. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei rief zu Massenversammlungen und Demonstrationen gegen die Fortführung des Unterdrückungskrieges gegen daß französische Volk auf und verlangte den sofortigen Abschluß eines Friedensvertrages mit Frankreich. Die klassenbewußten Arbeiter folgten dem Aufruf. Protestversammlungen fanden in Augsburg , Bielefeld, Kemnitz und vielen anderen Städten und Gemeinden Deutschlands statt.

Bebel und Liebknecht verlangten am 26. November 1870 im Reichstag des Norddeutschen Bundes, die für die Fortsetzung des Krieges geforderten Gelder abzulehnen. Sie wandten sich scharf gegen den Raub französischer Gebiete und forderten sofortigen Frieden mit Frankreich.

August Bebel über den Charakter des deutschen Reiches von 1871:

"... Das 'Blut und Eisen' mühsam zusammengeschweißte 'Reich' ist kein Boden für die bürgerliche Freiheit, geschweige für die soziale Gleichheit! Staaten werden mit den Mitteln erhalten, durch die sie gegründet wurden. Der Säbel stand als Geburtshelfer dem 'Reich' zur Seite, der Säbel wird es ins Grab begleiten!"

Fortsetzung 7








 

GLASNOST, Berlin 1992 - 2019