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Geschichte der BundesrepublikPeriodisierung:1) Die Ära Adenauer (1949-1961) (1) Die Ära Adenauer (1949-1961)Die beherrschende staatsmännische Figur der Nachkriegsgeschichte ist der christdemokratische Bundeskanzler Konrad Adenauer ("Am Anfang war Adenauer"). Seine Regierungszeit erstreckte sich über drei Legislaturperioden, da sein vorzeitiger Rückzug in der vi eten Legislaturperiode von der erstarkten FDP zur Bedingung der Koalitionsbildung gemacht worden war. Adenauer gelang die Konzentration und Stabilisierung des deutschen Parteiensystems, da die CDU/CSU zum großen Sammelbecken aller bürgerlichen Wähler mit Ausnahme der Liberalen wurde. Das soziale System des Pluralismus gewann unter seiner Kanzlerschaft Konturen. Schwerpunkte der Politik waren die Integration von Millionen Flüchtlingen, die liberale Wirtschaftspolitik unter Ludwig Erhard in dem seit Ausbruch des Koreakrieges 1950 anhaltendem Wirtschaftsboom und die Integration der Bundesrepublik in den westlichen Verteidigungs- und Bündnissystemen, die auch die Wiederaufrüstung Deutschlands forderte. Adenauer, der einen auf Stabilität und Kontinuität setzenden Kurs vertrat ("Keine Experimente"), wollte die Bundesrepublik nicht den Gefärdungen und Unwägbarkeiten einer Existenz zwischen den großen Machtblöcken aussetzen und sie sicher unter Schutz und Schild der Westmächte stellen. Der Antikommunismus war das bestimmende ideologische Signum der Ära Adenauer, den auch die SPD-Opposition unter Kurt Schuhmacher und Erich Ollenhauer mittrug. In Sachen Wiedervereinugung war es durch Adenauers Fehlkonzept einer Politik der Stärke gegenüber der Sowjetunion zum Stillstand gekommen. Mit Adenauer hatten die Christdemokraten 1963 ihren einzigen Führer staatsmännigen Formats verloren. (2) Unruhe und Wandel -die sechziger Jahre (1961-1969)Ludwig Erhard, der von Adenauer mißliebig gesehene Nachfolger als Bundeskanzler ab 1963, konnte auch 1965 nochmals einen großen Wahlsieg für seine Partei erringen, doch seine eklatante Führungsschwäche führte zum Austritt der FDP-Minister aus der Koalition und zur Bildung einer großen Koalition (1966-1969) unter BK Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Außenminister Willy Brandt. Das Hauptwerk der eher trägen Arbeit der Großen Koalition bildete die Notstandsverfassung, die zwecks Ablösung alliierter Notstandsrechte fällig geworden war. Sie wurde zum Angriffspunkt der Außerparlamentarischen Opposition (APO), die sich ausgehend von inneren Quelereien an der Freien Universität Berlin und einer sich weltweit formierenden Studentenbewegung gebildet hatte. In der Notstandsverfassung wurde eine neue Gefahr zur Aushölung der Demokratie und Begünstigung eines neuen Faschismus gesehen. Die Studentenbewegung radikalisierte sich nach der Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration gegen den Besuch des persischen Schahs und nach dem Attentat gegen Rudi Dutschke, den West-Berliner Studentenführer, am 11. April 1968. Auf der anderen Seite wurden nationalistische Töne im rechten Lager lauter, die bei anhaltender Wirtschaftsflaute der NPD in einigen Länderparlamenten beachtliche Erfolge bereiteten. Während die NPD eher Episode blieb, da sie bei der Bundestagswahl 1969 an der Fünf-Prozenthürde scheiterte, prägte die Protestbewegung das politische Bewußtsein nachhaltig und erweiterte es um radikale Positionen. Besonders die SPD sah sich überrascht mit marxistischem Gedankengut konfrontiert, wo sie es doch wenige Jahre zuvor in Godesberg als "überflüssigen Ballast" aus ihrem Programm geworfen hatte (1959). Die 60ger Jahre wurden von vielen Zeitgenossen als Ära des Stillstands, der Stagnation empfunden. Wohlstandswachstum vermochte nicht mehr das Verlangen nach sinnhafter Existenz befriedigen und die nationale Geschichte präsentierte sich als Trümmerstätte. Die Demokratie schien zu einem Ritual miteinander verfilzter Oligarchien zu verkommen. Mit der Wahl Gustav Heinemanns (SPD) zum Bundespräsidenten zeigte sich nach seinen eigen en Worten "ein Stück Machtwechsel". Die Vermutung sollte sich bei der folgenden Bundestagswahl (September 1969) bestätigen. Im Oktober 1969 bildet SPD und FDP eine Koalitionsregierung mit Willy Brandt als Bundeskanzler und Walter Scheel (FDP) als Außenminister. (3) Die sozialliberale Ära (1969-1982)Die CDU/CSU sah ihre oppositionelle Arbeit hauptsächlich darin, Abgeordnete der Koalitionsregierung zum Überlaufen zu bewegen, um die nur knappe Mehrheit der Regierungskoalition zu kippen. Der Versuch jedoch, Willy Brandt durch ein konstruktives Mißtrauen svotum zu stürzen und Rainer Barzel als Bundeskanzler zu inthronisieren (1972), scheiterte an zwei Stimmen. Um einer Pattsituation zu entgehen, leitete Brandt eine Parlamentsauflösung und Ausschreibung von Neuwahlen ein. Das Wahlergebnis dieser vorgezoge nen Wahlen (1972) brachte überwältigenden Wahlsieg für die SPD/FDP- Koalition. Die Ostpolitik, die schon nach Regierungsantritt 1969 begonnen und konnte nun erfolgreich weitergeführt werden. Als Ostpolitik der sozialliberalen Koalition bezeichnet man die von 1970-1972 durchgeführte Vertragspolitik mit der Sowjetunion, der Volksrepublik Polen und der DDR. Kerninhalt war mit der Sowjetunion der beidseitige Gewaltverzicht, die Anerkennung der bestehenden Grenzen zwischen Ost und West; mit Polen, die faktische Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze; mit der DDR die Aufnahme zwischenstaatlicher Beziehungen mit dem Ziel, "über ein geregeltes Nebeneinander zu einem Miteinander zu kommen". Die Verhandlungen führten Willy Brandt, sein Chefunterhändler Egon Bahr und Auß enminister Walter Scheel. Insbesondere im Grundlagenvertrag mit der DDR wollte die Bundesregierung den besonderen Status der Beziehungen bewahren, da die beiden deutschen Staaten einer deutschen Nation angehörten. Mit den Parolen "Mehr Demokratie wagen" und "Demokratisierung der Gesellschaft" entschärfte die Regierung Brandt die studentischen Proteste und ein großer Teil der Studenten drängte in die politischen Parteien, wo die Jungssozialisten für die SPD ab 1969 zur Opposition innerhalb der Partei wurden. Ab der Wiederwahl Brandts begann eine für die Innenpolitik eine gelähmte, elanlose Phase. Der Tag der Aufdeckung der Spionageaffäre Guillaume (1974) war das Ende Brandts Kanzlerschaft. Helmut Schmidt wurde Bundeskanzler, Willy Brandt blieb Vorsitzender der Partei. Walter Scheel wurde von der Bundesversammlung zum Bundespräsidenten gewählt. Nachfolger wurde Hans-Dietrich Genscher. In die Ära Schmidt gehört die Überwindung der Wirtschaftskrise, das nüchterne Stadium des kühlen Pragmatismus in der Politik, der NATO-Doppelbeschluß, der Höhepunkt des linken Terrorismus und das Afkommen der Neuen Sozialen Bewegungen, aus denen dann schließlich die Partei der Grünen hervorging. Dennoch zeigte sich eine "Tendenzwelle" in Richtung konservativer Gesinnung. Bei den Wahlen 1980 konnte Schmidt die Wahl noch einmal gegen Franz-Josef Strauß zugunsten der Sozialliberale Koalition entscheiden. Das Umschwenken der FDP unter Genscher führte im Sommer 1982 zum Bruch der sozialliberalen Koalition und brachte die christdemo kratische Opposition unter Helmut Kohl an Regierungsgewalt, nachdem das Parlament am 1. Oktober 1982 Helmut Schmidt das Mißtrauen ausgesprochen hatte. (4) Die konservative Wende (seit 1982)Die neue Mehrheit aus Christdemokraten und Freien Demokraten sprach sich für Neuwahlen aus, um die innerparlamentarische Verschiebung zu legitimieren. Die Wahlen des 6. März 1983 bescherten der SPD eine dramatische Niederlage und etablierten DIE GRÜNEN als neue parlamentarische Kraft. Die konservative Regierungskoalition sah ihr Ziel in der Korrektur der sozialliberalen Gesellschafts- und der Wirtschaftspolitik sowie in der Erlangung der kulturellen Hegemonie. Der NATO-Doppelbeschluß wurde unter scharfem Protest der Friedensbewegung bekräftigt, Sozialleistungen abgebaut, wo es vertretbar schien. Kohl gelang es 1987 eine klare Mehrheit für seine Regierungskoalition zu erringen. Außenpolitisch pflegte er das Verhältnis zu Frankreich, um die Europäische Union zu stärken, und zu Gorbatschow. Mit dem ersten offiziellem Besuch Erich Honeckers, dem Staatsratsvorsitzenden und Generalsekretär der SED, zeigte sich die Kontinuität zur Entspannungspolitik der sozialliberalen Koalition. Den politischen Höhepunkt erreichte Kohl, der wie kaum ein anderer Bundeskanzler von seiner Partei unangefochten blieb, durch die am 3. Oktober 1990 vollzogene Wiedervereinigung, die seiner Partei bei den am 2. Dezember 1990 angesetzten Wahlen einen deutlichen Erfolg einbrachte. Quelle: cl.geschichte.allgemein, gepostet von: BSV-BI@BIONIC.zer.de, 16.10.1994 Fortsetzung: Geschichte kurz gefaßt - CHRONOLOGIE |
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