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Präambel Wir, die Bürgerinnen und Bürger des Landes Brandenburg, haben uns in freier Entscheidung diese Verfassung gegeben, im Geiste der Traditionen von Recht, Toleranz und Solidarität in der Mark Brandenburg, gründen auf den friedlichen Veränderungen im Herbst 1989, von dem Willen beseelt, die Würde und Freiheit des Menschen zu sichern, das Gemeinschaftsleben in sozialer Gerechtigkeit zu ordnen, das Wohl aller zu fördern, Natur und Umwelt zu bewahren und zu schützen, und entschlossen, das Bundesland Brandenburg als lebendiges Glied der Bundesrepublik Deutschland in einem sich einigenden Europa und in der einen Welt zu gestalten. (...) Artikel 2 (Grundsätze der Verfassung) (1) Brandenburg ist ein freiheitliches, rechtsstaatliches, soziales, dem Frieden und der Gerechtigkeit, dem Schutz der natürlichen Umwelt und der Kultur verpflichtetes demokratisches Land, welches die Zusammenarbeit mit anderen Völkern, insbesondere mit dem polnischen Nachbarn, anstrebt. (2) Das Volk ist Träger der Staatsgewalt. (3) Das Volk des Landes Brandenburg bekennt sich zu den im Grund- gesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in der Europäischen Sozialcharta und in den Internationalen Menschenrechts- pakten niedergelegten Grundrechten. (4) Die Gesetzgebung wird durch Volksentscheid und durch den Landtag ausgeübt. Die vollziehende Gewalt liegt in den Händen der Landes- regierung, der Verwaltungsbehörden und Selbstverwaltungsorgane. Die Rechtsprechung ist unabhängigen Richtern anvertraut. (5) Die Bestimmungen des Grundgesetzes gehen denen der Landesver- fassung vor. Die Gesetzgebung ist an Bundesrecht und die Landesver- fassung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. Artikel 3 (Staatsvolk) (1) Bürger im Sinne dieser Verfassung sind alle Deutschen im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes mit ständigem Wohnsitz im Land Brandenburg. Einwohner im Sinne dieser Verfassung sind alle Personen mit ständigem Wohnsitz im Land Brandenburg, unabhängig von der Staatsangehörigkeit. (2) Deutsche im Sinne des Grundgesetzes haben in Brandenburg gleiche Rechte und Pflichten, soweit nicht ein gesetzlicher Vorbehalt für die Bürger Brandenburgs besteht. (3) Angehörige anderer Staaten und Staatenlose mit Wohnsitz im Land Brandenburg sind den Deutschen im Sinne des Grundgesetzes gleichge- stellt, soweit nicht diese Verfassung oder Gesetze etwas anderes bestimmen. ... Aritkel 5 (Geltung) (1) Die den einzelnen und den gesellschaftlichen Gruppen in dieser Verfassung gewährleisteten Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehen- de Gewalt, Rechtsprechung und, soweit diese Verfassung das bestimmt, auch Dritte als unmittelbar geltendes Recht. Staatszielbestimmungen sind von der Gesetzgebung und der Regierung zu verwirklichen. (...) Artikel 7 (Schutz der Menschenwürde) (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Grundlage jeder solidarischen Gemeinschaft. (2) Jeder schuldet jedem die Anerkennung seiner Würde. Artikel 8 (Recht auf Leben) (1) Jeder hat das Recht auf Leben, Unversehrheit und Achtung seiner Würde im Sterben. In die Rechte auf Leben und Unversehrtheit darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. (2) Für den Schutz des ungeborenen Lebens ist insbesondere durch umfassende Aufklärung, kostenlose Beratung und soziale Hilfe zu sorgen. (3) Niemand darf grausamer, unmenschlicher, erniedrigender Behandlung oder Strafe und ohne seine freiwillige und ausdrückliche Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden. (...) Artikel 11 (Datenschutz) (1) Jeder hat das Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen, auf Auskunft über die Speicherung seiner persönlichen Daten und auf Einsicht in Akten und sonstigen amtliche Unterlagen, soweit sie ihn betreffen und Rechte Dritte nicht entgegenstehen. Personenbezogene Daten dürfen nur mit freiwilliger und ausdrücklicher Zustimmung des Berechtigten erhoben, gespeichert, verarbeitet weitergegeben und sonst verwendet werden. (2) Einschränkungen sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes im Rahmen der darin festgelegten Zwecke zulässig. Jede Erhebung personenbezogener Daten ist dem Berechtigten zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zuläßt. (3) Der auf Grund bundesrechtlicher Vorschriften einzurichtende Verfassungschutz des Landes unterliegt einer besonderen parlamen- tarischen Kontrolle. Ihm stehen keine polizeilichen Befugnisse zu. Er darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. Artikel 12 (Gleichheit) (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Jede Willkür und jede sachwidrige Ungleichbehandlung ist der öffentlichen Gewalt untersagt. (2) Niemand darf wegen seiner Rasse, Abstammung, Nationaliät, Sprache, seines Geschlechts, seiner sexuellen Identität, seiner Behinderung, seiner religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung bevorzugt oder benachteiligt werden. (3) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land ist verpflichtet, für die Gleichstellung von Frau und Mann in Beruf, öffentlichem Leben, Bildung und Ausbildung, Familie sowie im Bereich der sozialen Sicherung durch wirksame Maßnahmen zu sorgen. (4) Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, für die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen. (...) Artikel 21 (Recht auf politische Mitgestaltung) (1) Das Recht auf politische Mitgestaltung ist gewährleistet. (2) Jeder hat nach Maßgabe der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung das gleiche Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern, soweit nicht für die Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse etwas anderes gesetzlich bestimmt ist. Eine Entlassung oder Disziplinierung wegen einer Betätigung in Bürgerinitiativen, Verbänden, Religionsgemeinschaf- ten oder Parteien ist unzulässig. (3) Alle Menschen haben das Recht sich in Bürgerinitiativen oder Verbänden zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten zusammenzu- schließen. Diese haben das Recht auf Information durch alle staatlichen und kommunalen Stellen und auf Vorbringung ihrer Anliegen bei den zuständigen Stellen und Vertretungskörperschaften. Das Nähere regelt ein Gesetz. (4) Jeder hat nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungsein- richtungen, des Landes und der Kommunen, soweit nicht überweigende öffentliche oder private interssen entgegenstehen. (5) Wer durch öffentliche oder private Vorhaben in seinen rechtlichen geschützten Interssen betroffen wird, hat das Recht auf Verfahrensbe- teiligung. Dieses Recht steht auch Zusammenschlüssen von Betroffenen zu. Das Nähere regelt ein Gesetz. Artikel 22 (Wahlen und Volksabstimmungen) (1) Jeder Bürger hat nach Vollendung des 18. Lebensjahres das Recht, zum Landtag und zu den kommunalen Vertretungskörperschaften zu wählen und in diese gewählt zu werden. Anderen Einwohnern Brandenburgs sind diese Recht zu gewähren, sobald und soweit das Grundgesetz dies zuläßt. (2) Jeder Bürger hat mit Vollendung des 18. Lebensjahres das Recht, sich an Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sowie an Bürgeranträgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden zu beteiligen. Andere Einwohner haben das Recht, sich an Volksinitiativen und Bürgeranträgen zu beteiligen, das Recht, sich an Volksbegehren und Volksentscheiden sowie an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden zu beteiligen, ist ihnen zu gewähren, sobald und soweit das Grundgesetz dies zuläßt. Das Gesetz kann vorsehen, daß die Altersgrenze für die Beteiligung an Volksinitiativen und Bürgeranträgen auf 16 Jahre herabgesetzt wird, sofern sie vornehmlich Jugendliche betreffen. (3) Wahlen und Volksabstimmungen sind allgemein, unmittelbar, gleich, frei und geheim. Zur Teilnahme an Wahlen sind Parteien, politische Vereinigungen, Listenvereinigungen und einzelner Bürger berechtigt. Die Abgehordenten werden nach einem Verfahren gewählt, das die Persön- lichkeitswahl mit den Grundsätzen der Verhältniswahl verbindet. Wahl- prüfung und Abstimmungsprüfung stehen den Volksvertretungen für das jeweilige Wahlgebiet zu. Ihre Entscheidungen unterliegen der gericht- lichen Nachprüfung. (4) Wer sich um einen Sitz in einer Volksvertretung bewirbt, hat Anspruch auf eine zur Vorbereitung seiner Wahl erfoderliche Freistel- lung. Niemand darf gehindert werden, das Abgeordnetenmandat anzu- streben, zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung ist nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigen. (...) Artikel 26 (Ehe, Familie und Lebensgemeinschaften) (1) Ehe und Familie sind durch das Gemeinwesen zu schützen und zu fördern. Besondere Fürsoge wird Müttern, Alleinerziehenden und kinderreichen Familien sowie Familien mit behinderten Angehörigen zuteil. (2) Die Schutzbedürftigkeit anderer auf Dauer angelegter Lebensge- meinschaften wird anerkannt. (3) Wer in Ehe, Familie oder einer anderen Lebensgemeinschaft psychische oder physische Gewalt erleidet, hat Anspruch auf Hilfe und schutz des Gmeinwesens. (4) Hausarbeit, die Erziehung der Kinder, die häusliche Pflege Bedürftiger und die Berufsarbeit werden gleichgeachtet. (...) Artikel 28 (Grundsätze der Erziehung und Bildung) Erziehung und Bildung haben die Aufgabe, die Entwicklung der Persönlichkeit, selbständiges Denken und Handeln, Achtung vor der Würde, dem Glauben und den Überzeugungen anderer, Anerkennung der Demokratie und Freiheit, den Willen zu sozialer Gerechtigkeit, die Friedfertigkeit und Solidarität im Zusammenleben der Kulturen und Völker und die Verantwortung für Natur und Umwelt zu fördern. Artikel 29 (Recht auf Bildung) (1) Jeder hat das Recht auf Bildung. (2) Das Land ist verpflichtet, öffentliche Bildungseinrichtungen zu schaffen und berufliche Ausbildungssysteme zu fördern. (3) Jeder hat das Recht auf gleichen Zugang zu den öffentlichen Bildungsreinichtungen, unabhängig von seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage und seiner politischen Überzeugung. Begabte, sozial Benachteiligte und Menschen mit Behinderungen sind besonders zu fördern. (...) Artikel 39 (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) (1) Der Schutz der Natur, der Umwelt und der gewachsenen Kulturland- schaft als Grundalge gegenwärtigen und künftigen Lebens ist Pflicht des Landes und aller Menschen. (2) Jeder hat das Recht auf Schutz seiner Unversehrtheit vor Ver- letzungen und unzumutbaren Gefährdungen, die aus Veränderungen der natürlichen Lebensgrundlagen entstehen. (3) Tier und Pflanze werden als Lebewesen geachtet. Art und artgerechter Lebensraum sind zu erhalten und zu schützen. (4) Die staatliche Umweltpolitik hat auf den sparsamen Gebrauch und die Wiederverwendung von Rohstoffen sowie auf die sparsame Nutzung von Energie hinzuwirken. (5) Land, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die Pflicht, die Umwelt vor Schäden oder Belastungen zu bewahren und dafür Sorge zu tragen, daß Umweltschäden beseitigt und ausgeglichen werden. Öffentliche und private Vorhaben bedürfen nach Maßgabe der Gesetze des Nachweises ihrer Umweltverträg- lichekit. Eigentum kann eingeschränkt werden, wenn durch seinen Gebrauch rechtswidrig die Umwelt schwer geschädigt oder gefährdet wird. (6) Die Entsorgung von Abfällen, die nicht im Gebiet des Lnades entstanden sind, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten Berlins nur in Ausnahmefällen zulässig und auszuschließen, sofern sie nach ihrer Beschaffenheit in besonderem Maße gesundheits- oder umwelt- gefährdend sind. Das Nähere regelt ein Gesetz. (7) Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, Informationen über gegenwärtige und zu erwartende Belastungen der natürlichen Umwelt zu erheben und zu dokumentieren; Eigentümer und Betreiber von Anlagen haben eine entsprechende Offenbarungspflicht. Jeder hat ein Recht auf diese Informationen. das Nährer regelt ein Gesetz. (8) Die Verbandsklage ist zulässig. Anerkannte Umweltverbände haben das Recht auf Beteiligung an Verwaltungsverfahren, die die natürlichen Lebensgrundlagen betreffen. Das Nähere regelt ein Gesetz. (9) Das Land wirkt darauf hin, daß auf dem Landesgebiet keine atomaren, biologischen oder chemischen Waffen entwickelt, hergestellt oder gelagert werden. Artikel 40 (Grund und Boden) (1) Die Nutzung des Bodens und der Gewässer ist in besonderem Maße den Interessen der Allgemeinheit und künftiger Generationen verpflichtet. Ihre Verkehrsfähigkeit kann durch Gesetz beschränkt werden. Grund und Boden, der dem Lande gehört, darf nur nach Maßgabe eines Gesetzes veräußert werden. Seine Nutzung ist vorzugsweise über Pacht und Erbbaurecht zu regeln. (2) Der Abbau von Bodenschätzen bedarf der staatlichen Genehmigung. Dabei ist dem öffentlichen Interesse an der schonenden Nutzung des Bodens besonderes Gewicht beizumessen. (3) Land, Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Allgemeinheit den Zugang zur Natur, insbesondere zu Bergen, Wäldern, Seen und Flüssen, unter Beachtung der Grundsätze für den Schutz der natürlichen Umwelt freizuhalten und gegebenenfalls zu eröffnen. (4) Die Einrichtung und Erhaltung von Nationalparks, Natur- und Landschaftsschutzgebieten sind zu fördern. Naturdenkmale stehen unter öffentlichem Schutz. Das Nähere regelt ein Gesetz. (5) Das Land wirkt darauf hin, daß militärisch genutzte Liegen- schaften verstärkt einer zivilen Nutzung zugeführt werden. Artikel 41 (Eigentum und Erbrecht) (1) Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch hat zugleich dem Wohle der Allgmeinheit zu dienen. (3) Das Land fördert eine breite Streuung des Eigentums, insbesondere die Vermögensbildung von Arbeitnehmern durch Beteiligung am Produktiv- eigentum. (4) Die Enteignung ist nur zu Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interssen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. (5) Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemein- eigentum oder in andere Eigentumsformen zum Wohle der Allgemeinheit überführt werden. Für die Entschädigung gilt Absatz 4 Satz 3 entsprechend. Artikel 42 (Wirtschaft) (1) Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung wirtschaftlicher Eigen- initiative, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die Verfassung und die ihr entsprechenden Gesetze verstößt. Das Land strebt Wettbwerb und Chancengerechtigkeit an. (2) Das Wirtschaftsleben gestaltet sich nach den Grundsätzen einer sozial gerechten und dem Schutz der natürlichen Umwelt verpflichteten marktwirtschaftlichen Ordnung. Der Mißbrauch wirtschaftlicher Macht ist unzulässig und zu verhindern. Artikel 43 (Land- und Forstwirtschaft) (1) Die Nutzung des Bodens durch die Land- und Forstwirtschaft muß auf Standortgerechtigkeit, Stabilität und Ertragsfähigkeit und ökologische Verträglichkeit ausgerichtet werden. (2) Das Land fördert insbesondere den Beitrag der Land- und Forstwirtschaft zur Pflege der Kulturlandschaft, zur Erhaltung des ländlichen Raumes und zum Schutz der natürlichen Umwelt. (...) Artikel 48 (Arbeit) (1) Das Land ist verpflichtet, im Rahmen seiner Kräfte durch eine Politik der Vollbeschäftigung und Arbeitsförderung für die Verwirk- lichung des Rechts auf Arbeit zu sorgen, welches das Recht jedes einzelnen umfaßt, seinen Lebensunterhalt durch freigewählte Arbeit zu verdienen. (2) Unentgeltliche Berufsberatung und Arbeitsvermittlung werden gewährleistet. Soweit eine angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, besteht Anspruch auf Umschulung, berufliche Weiterbildung und Unterhalt. (3) Die Arbeitnehmer haben ein Recht auf sichere, gesunde und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Männer und Frauen haben Anspruch auf gleiche Vergütung bei gleichwertiger Arbeit. (4) Auszubildenden, Schwangeren, Alleinerziehenden, Kranken, Menschen mit Behinderungen und älteren Arbeitnehmern gebührt besonderer Kündigungschutz. (...) Artikel 55 (Der Landtag) (1) Der Landtag ist die gewählte Vertretung desVolkes. (2) Die Opposition ist ein wesentlicher Bestandteil der parlamen- tarischen Demokratie. Sie hat das Recht auf Chancengleichheit. Artikel 56 (Freies Mandat der Abgeordneten) (1) Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Niemand darf einen Abgeordneten zwingen, gegen sein Gewissen oder seine Überzeugung zu handeln. (2) Die Abgeordneten haben insbesondere das Recht, im Landtag und seinen Ausschüssen das Wort zu ergreifen, Fragen und Anträge zu stellen sowie bei Wahlen und Beschlüssen ihre Stimme abzugeben. Fragen an die Regierung sind unverzüglich nach bestem Wissen und vollständig zu beantworten. Das nähere regelt die Geschäftsordnung. (3) Den Abgeordenten ist Zugang zu den Behörden und Dienststellen des Landes zu gewähren. Diese haben ihnen auf Verlangen Auskünfte auch aus Dateien zu erteilen sowie Akten und sonstige amtliche Unterlagen vorzulegen. Das Verlangen ist an die Landesregierung oder, sofern es ihn betrifft, an den Landesrechnungshof zu richten. Die Auskunft sowie die Vorlage der Akten und sonstigen amtlichen Unterlagen haben unverzüglich und vollständig zu erfolgen. (4) Die Erteilung von Auskünften oder die Vorlage von Akten und sonstigen amtlichen Unterlagen darf nur abgelehnt werden, wenn überwiegende öffentliche oder private Interessen an der Geheimhaltung dies zwingend erfordern. Die Entscheidung ist dem Abgeordenten mitzuteilen und zu begründen. Artikel 57 (Indemnität) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung im Landtag, in einem seiner Ausschüsse oder in einer Fraktion gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außer- halb des Landtages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidgungen. Artikel 58 (Immunität) Jede Strafverfolgungsmaßnahme gegen einen abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit sind auf Verlangen des Landestages auszusetzen, wenn durch sie die parlamen- tarische arbeit des Landtages beeinträchtigt wird. ( ...) Artikel 75 (Gesetzesinitiative) Gesetzesvorlagen können aus der Mitte des Lnadtages, durch die Landesregierung oder im Wege des Volksbegehrens eingebracht werden. Artikel 76 (Volksinitiative) (1) Alle Einwohner haben das Recht, dem Landtag im Rahmen seiner Zuständigkeit bestimmte Gegenstände der politischen Willensbildung zu unterbeiten. Diese Volksinitiative kann auch Gesetzentwürfe und Anträge auf Auflösung des Landestages einbringen. Die Initiative muß mindestens 20 000 Einwohnern, bei Anträgen auf Auflösung des Landtages vom ministens 150 000 Stimmberechtigten unterzeichnet sein. Ihre Vertreter haben das Recht auf Anhörung. (2) Initiativen zum Landeshaushalt, zu Dienst- und Versorgungs- bezügen, Abgaben und Personalentscheidungen sind unzulässig. Artikel (Volksbegehren) (1) Stimmt der Landtag einem Gesetzentwurf, einem Antrag auf Auflösung des Landtages oder einer anderen Vorlage nach Artikel 76 innerhalb von vier Monaten nicht zu, findet auf Verlangen der Vertreter der Initiative ein Volksbegehren statt. (2) Hält die Landesregierung oder ein Drittel der Mitglieder des Landtages das Volksbegehren für unzulässig, haben sie das Verfassungs- gericht anzurufen. (3) Ein Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn mindestens 80 000 Stimmberechtigte innerhalb von vier Monaten dem Volksbegehren zugestimmt haben. Ein Antrag auf Auflösung des Landtages bedarf der Zustimmung von mindestens 200 000 Stimmberechtigten. (4) Vor der Abstimmung über ein Volksbegehren hat der Landtagspräsident den mit Gründen versehenen Gesetzentwurf oder die andere Vorlage nach Artikel 76 in angemessener Form zu veröffent- lichen. Artikel 78 (Volksentscheid) (1) Entsprricht der Landtag nicht binnen zwei Monaten dem Volksbegehren, so findet innerhalb von weiteren drei Monaten ein Volksentscheid statt. Der Landtag kann einen konkurrierenden Gesetzentwurf oder eine sonstige Vorlage nach Artikel 76 mit zur Abstimmung stellen. (2) Ein Gesetzentwurf oder eine andere Vorlage nach Artikel 76 ist durch Volksentscheid angenommen, wenn die Mehrheit derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, jedoch mindestens ein Viertel der Stimmbe- rechtigten, zugestimmt hat. (3) Bei Verfassungsänderungen sowie bei Anträgen auf Auslösung des Landtages müssen zwei Drittel derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, mindestens jedoch die Hälfte der Stimmberechtigten, für die Verfassungsänderung oder die Auflösung des Landtages gestimmt haben. Es zählen nur die gültigen Ja- und Neinstimmen. (...) Artikel 116 (Neugliederung des Raumes Brandenburg-Berlin) Für den Fall, daß das Grundgesetz eine Vereinigung der Länder Brandenburg und Berlin durch Vereinbarung ermöglicht, ist der Landtag frühzeitig an der Gestaltung der Vereinbarung zu beteiligen. Diese bedarf zu ihrer Ratifizierung der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages sowie eines Volksentscheides, in dem die Mehrheit der Abstimmenden der Vereinbarung zugestimmt hat.
Quelle: Der Tagesspiegel, 18.04.1992, Nr. 14 176, S. 7
Anmerkung der GLASNOST-Redaktion:
Der Verfassungsentwurf umfaßt 117 Artikel. Er war nach 18monatiger Diskussion mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Brandenburger Landtag mit den Stimmen der SPD, FDP, Buendnis 90, PDS und 11 CDU-Abgeordneten verabschiedet worden. Etwa 500 Vorschlaege aus der Bevölkerung fanden in der Verfassung ihren Niederschlag.
Am 14.06.1992 waren 1,9 Mill. stimmberechtigte Brandenburger in 38 Landkreisen und 6 freien Staedten aufgerufen, ueber den Verfassungsentwurf abzustimmen. 48 Prozent nahmen an dem Referendum teil, wovon 93,4 Prozent der Verfassung zustimmten.
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