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Die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten der EUROGROUP (Belgien, Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien und Türkei) veröffentlichten am 11. Dezember 1991 in Brüssel folgende Erklärung: Seit unserer letzten Tagung hat sich der Prozeß des Wandels in Europa mit beispiellosem Schwung fortgesetzt. In den vergangenen drei Jahren haben die politische und die militärische Lage sich so verändert, daß sie kaum wiederzuerkennen sind. Wir haben die politische Situation in dieser Zeit des Umbruchs erörtert, die bes- sere Möglichkeiten bietet, Frieden und Stabilität mit politischen Mitteln zu erringen. Wir begrüßen den Prozeß des Wandels in Europa und die damit einhergehenden Verbesserungen der Stabilität, der Sicherheit des Bündnisses und der Aussichten für engere Partnerschaft mit den Ländern Mittel- und Osteuropas. 2. Die massive militärische Bedrohung, der das Bündnis sich in der Vergangenheit gegenübersah, ist geschwunden. Es gibt jedoch immer noch Risiken für unsere Sicherheit und die Stabilität Europas als Ganzes. Diese Risiken sind vielgestaltig und aus vielen Richtungen kommend, weshalb sie schwer vorherzusagen und einzuschätzen sind. 3. Ein kollektiver Ansatz in Verteidigungs- und Sicherheits- fragen, der sowohl Europa als auch Nordamerika einbezieht, bleibt auch künftig wesentlich. Das Bündnis betreibt diese Politik auf folgenden Grundlagen: eine militärische Fähigkeit, die zur Kriegsverhütung und zur Gewährleistung einer wirksamen Verteidigung ausreicht, eine allumfassende Befähigung zur erfolgreichen Krisen- bewältigung sowie Dialog und Zusammenarbeit, auch im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung. Die im Bündnis verkörperte transatlantische Partnerschaft ist gegründet auf eine Gemeinschaft gleicher Geschichte, Kultur, Ideale und Interessen. Diese Partnerschaft ist ein lebensnotwendiger Bestandteil der Sicherheitsarchitektur und der Stabilität des neuen Europas. Sie wird auch künftig der unverzichtbare Garant der Sicherheit ihrer Mitglieder und eine treibende Kraft des Wandels sein. In diesem Zusammenhang bekräftigen wir unsere Absicht, wirksame Streitkräfte auf dem Mindestniveau zu unterhalten, das zur Gewährleistung gemeinsamer Sicherheit und zur Untermauerung der europäischen Stabilität erforderlich ist. Wir begrüßen die erklärte Absicht der Vereinigten Staaten, ihre Streitkräfte in Europa auf angemessenem Niveau zu halten. Die Präsenz nordamerikanischer konventioneller und nuklearer Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Europa bleibt lebenswichtig für die Sicherheit Europas und ist von grundlegender Bedeutung als Ausdruck gemeinsamer Interessen. 4. Es ist wesentlich, daß die Allianz ihren Umwandlungsprozeß fortsetzt, um den Sicherheitserfordernissen des neuen Europas gerecht zu werden. Die Gipfelerklärung von Rom und das neue Strategische Konzept haben die Zukunft des Bündnisses abgesteckt. Ganz besonders begrüßen wir die Tatsache, daß das Strategische Konzept die Zustimmung aller Bündnispartner gefunden hat, was den Zusammenhalt der Allianz stärkt. Im Einklang mit dem Strategischen Konzept werden wir auch künftig zur Anpassung des Streitkräftedispositivs des Bündnisses beitragen. Wir unterstreichen die Schlüsselrolle, die unsere auf eine integrierte militärische Struktur, einschließlich multinationaler Verbände, sowie auf Koordinierungsvereinbarungen gestützten kollektiven Verteidigungsvorkehrungen spielen. Wir begrüßen es auch, daß Schwergewicht auf die Krisenbewältigung gelegt wurde. Besondere Bedeutung messen wir den in Angriff genommenen Arbeiten.für die Planung von multinationalen Verbänden und Verstärkungen bei, zu denen die Eurogruppe beigetragen hat. Wir machen dem Bündnis auch weiterhin einschlägige Arbeiten nutzbar, die im Rahmen der Euro- gruppe unternommen werden. 5. Als Europäer begrüßen wir den in Rom und in Maastricht erzielten Erfolg. Die Entwicklung einer europäischen Sicherheitsidentität und Rolle in der Verteidigung, zum Ausdruck gelangend in einer weiteren Stärkung des europäischen Pfeilers im Bündnis, wird nicht nur den Interessen der europäischen Verbündeten dienen, sondern auch die Integrität und die Wirksamkeit des Bündnisses insgesamt erhöhen. Die Verstärkung der Rolle und Verantwortung der europäischen Verbündeten wird für alle Mitglieder des umgewandelten Bündnisses von Nutzen sein. Auch dies ist ein Ausdruck der Bereitschaft der Europäer, einen größeren Anteil an der Verantwortung für unsere Verteidigung zu übernehmen, was ein Hauptkennzeichen der Tätigkeit der Eurogruppe darstellt. Wir begrüßen ferner die Entscheidung der betroffenen europäischen Verbündeten, die erforderliche Transparenz und Komplementarität zwischen der sich im Kreise der Zwölf und in der WEU herausbildenden Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität einerseits und dem Bündnis andererseits zu entwickeln. Wir stellen fest, daß die Eurogruppe zu dem Prozeß beigetragen hat, vermittels dessen die Mitglieder der Eurogruppe, die auch den Zwölf und der WEU angehören, die anderen Mitglieder des Bündnisses über den Fortschritt ihrer Erörterungen dieser Frage auf dem laufenden gehalten zu haben, 6. In unseren Erörterungen heute haben wir unserer tiefen Sorge über die Vorgänge in Jugoslawien sowie unserer Unterstützung der Bemühungen der Vereinten Nationen, der KSZE, der Europäischen Gemeinschaft und der WEU um Beilegung dieser Krise Ausdruck gegeben. Wir unterstreichen den beträchtlichen Beitrag, der sowohl gemeinsam als auch einzeln von europäischen Staaten zu diesen Bemühungen geleistet wird. Wir rufen die beteiligten Parteien auf, dem Konflikt ein Ende zu setzen. 7. Vor dem Hintergrund der sich auf die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität beziehenden Entwicklungen prüfen wir die künftigen Aufgaben der Eurogruppe sowie ihr Verhältnis zu anderen mit unserer Sicherheit befaßten europäischen Organisationen. Ferner haben wir den Untergruppen der Eurogruppe Orientierungen gegeben um sicherzustellen, daß ihre Arbeiten nicht den Bezug zu dem sich rasch wandelnden strategischen Umfeld verlieren. 8. Auf dem Wege zu unserem gemeinsamen Ziel eines geeinten und freien Europas wird nach wie vor großer Fortschritt erzielt. Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Zukunft Europas. Wir befürworten Bemühungen, Frieden und Stabilität auf einem bedeutsam gesenkten Rüstungsstand zu fördern, die vom Bündnis bereits begonnene Zusammenarbeit mit den Staaten Mittel- und Osteuropas zu steigern und eine mit dem Bündnis vereinbarte, kraftvolle europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität zu entwickeln. Wir meinen, daß Europas Zukunft von einer gestärkten transatlantischen Partnerschaft abhängt, wozu auch die seinen Mitgliedern vom Bündnis gebotene kollektive Sicherheitsgarantie und die fortdauernde aktive Teilnahme unserer nordamerikanischen Verbündeten an Verteidigung und Sicherheit Europas gehören. Wir sind davon überzeugt, daß ein stärkeres und einheitlicheres Europa und ein stärkeres, umgewandeltes Bündnis sich gegenseitig kräftigen und für unser gemeinsames Ziel wesentlich sind.Bulletin 17. Dezember 1991 Nr. 143,
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