Start

quellen 




1991-12-19

Kommuniqué der Ministertagung des Nordatlantikrates

Vom 19. bis 20. Dezember 1991 in Brüssel

Wir, die Außenminister des Atlantischen Bündnisses, sind zu einer Zeit
zusammengetreten, in der dramatische Entwicklungen in Europa
stattfinden.  Die Sowjetunion und die Republiken durchlaufen einen
grundleaenden Wandel. Die führenden Politiker dort wie in den anderen
Staaten Mittelund Osteuropas betreiben weitreichende politische und
wirtschaftliche Reformen. In diesem Bemühen erwarten sie
Unterstützung und Zusammenarbeit von uns.

Vor diesem Hintergrund kommt den Beschlüssen unserer Staats- und
Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Rom, die die Rolle der NATO als
Quelle der Stabilität für ganz Europa hervorheben, besondere Bedeutung
zu, da die Allianz ihrem traditionellen Ansatz des Dialogs und der
kollektiven Verteidigung die Dimension der Zusammenarbeit hinzufügt.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft haben auf dem
Treffen des Europäischen Rates in Maastricht ebenfalls entscheidende
Schritte mit dem Ziel unternommen, ihre Integration zu vertiefen und
ihre Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ins Leben zu rufen, um
größere Verantwortung in Europa zu übernehmen.

In dem Maße, in dem alle Staaten Europas und Nordamerikas in einer
Wertegemeinschaft enger zueinander finden und ihre Beziehungen
untereinander sich zunehmend zur Partnerschaft entwickeln, werden wir
imstande sein, den neuen und breit angelegten Ansatz der Sicherheit,
der in der Erklärung von Rom und im neuen Strategischen Konzept des
Bündnisses festgelegt wurde, in vollem Umfang zu verwirklichen.


Beziehungen mit der Sowjetunion
und den anderen Staaten Mittel- und Osteuropas

Das konstituierende Treffen des Nordatlantischen Kooperationsrates
morgen wird unsere Liaison-Beziehung mit den Staaten Mittel- und
Osteuropas festigen und eine neue Ära der Partnerschaft einleiten.
Der Schwerpunkt unserer Konsultationen und Kooperation wird auf
Sicherheits- und damit zusammenhängenden Fragen liegen, in denen die
Verbündeten ihre Erfahrung und ihr Fachwissen anbieten können.

Unsere Konsultationen und Kooperation sind darauf angelegt, zur
Stärkung eines Gefühls der Sicherheit und des Vertrauens zwischen
diesen Staaten beizutragen und ihnen bei der Umgestaltung ihrer
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme Hilfestellung zu
leisten und dadurch den demokratischen Wandel unumkehrbar zu machen.

3.  Wir haben uns über die Entwicklungen in der Sowjetunion und den
Republiken intensiv beraten. Im Interesse von Frieden und Sicherheit
erwarten wir von allen führenden Politikern, daß sie in dem Maße, in
dem sie eine gemeinsame Basis, für die Zusammenarbeit finden, die
Dinge in geordneter und demokratischer Weise voranbringen. Wir werden
der Sowjetunion und den Republiken auf ihrem Wege zu diesen Zielen
einzeln und gemeinsam Hilfestellung leisten.

Die Verbündeten haben ein legitimes Interesse daran, daß zwischen den
Republiken Vereinbarungen von Bestand zur Implementierung der
internationalen Rüstungskontroll und Abrüstungsverpflichtungen der
Sowjetunion zustande konimen.

Wir fordern die führenden Politiker der Union und der Republiken
nachdrücklich auf, die Verpflichtungen der Sowjetunion aus der Schlußakte
von Helsinki, der Charta von Paris und anderen KSZE-Dokumenten zu
respektieren. Wir appellieren an sie, die Bestimmungen der von der
Sowjetunion unterzeichneten Rüstungskontrollabkommen voll zu erfüllen. 

4.  Wir erwarten, daß die führenden Politiker der Union und der
Republiken die sichere, verantwortungsbewußte und zuverlässige
Kontrolle nuklearer Waffen gewährleisten und die Verbreitung dieser
Waffen oder anderer Massenvernichtungswaffen aktiv verhindern.  Wir
sind bereit, Ersuchen um praktische Hilfe auf dem Wege zu diesen
Zielen so umfassend wie möglich zu entsprechen. In diesem
Zusammenhang haben wir von einzelnen Verbündeten unternommene
Bemühungen und vorgelegte Vorschläge erörtert.

Wir werden die Lage in der Sowjetunion und den Republiken beobachten,
unsere Bemühungen koordinieren und zu dem internationalen Bemühen
beitragen, die Proliferation von Nuklearwaffen oder anderer
Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Insbesondere werden wir die
Sowjetunion und die Republiken aktiv dazu ermutigen, strenge Maßnahmen
zur Verhinderung der nicht genehmigten Ausfuhr nuklearer oder anderer
destabilisierender Ausrüstungsgegenstände oder Technologien zu
ergreifen.

Wir werden uns auch künftig über diese und andere Entwicklungen in der
Sowjetunion und den Republiken zur Harmonisierung unserer Haltung zu
diesen sich rasch entwickelnden Ereignissen aktiv beraten.

5.  Wir sind uns einig über die Gewichtigkeit der Probleme, mit denen
sich die Völker der Sowjetunion und der Republiken bei der Beschaffung
von Nahrungsmitteln,' Medikamenten und anderen Lebensnotwendigkeiten
auseinandersetzen, während sie mit dem schwieriger.  Übergang zu
Demokratie und Marktwirtschaft ringen. Wir sind übereinstimmend der
Auffassung, daß diese Probleme den Reformprozeß und die Stabilität in
Europa ernsthaft bedrohen.

Wir sind uns der Dringlichkeit der humanitären Notlage bewußt und sind
bereit, den Frieden ebenso wirksam zu stützen, wie wir von Aggression
abgeschreckt haben. In diesem Sinne werden die zuständigen Organe des
Bündnisses jetzt Pläne erarbeiten, uni sein e einzigartige
Sachkenntnis und Fähigkeiten, wie zum Beispiel die
Koordinierungsfähigkeiten im Rahmen des hochrangigen Ausschusses für
Zivile Verteidigungsplanung (SCEPC), verfügbar zu machen, um bei der
dringend erforderlichen Beförderung und Verteilung humanitärer
Hilfsgüter zu helfen.

Bemühungen der militärischen Dienststellen derjenigen
NATO-Mitgliedstaaten, die sich an dieser Aktion beteiligeil, wobei
diese Dienststellen gemeinsani, aber auch mit anderen einschließlich
sowjetischer militärischer Dienststellen zusammenarbeiten, um men
schliches Leiden in der Sowjetutiion und den Republiken zu mildern,
können gleichfalls erneut zeigen, daß der Kalte Krieg hinter uns liegt
und daß eine neue Werte- und Interessengemeinschaft entsteht.

6.  Wir haben auch die Entwicklungen in den anderen Staaten Mittel-
und Osteuropas eingehend erörtert. Wir begrüßen die weiteren
Fortschritte zu demokratischem Pluralismus, Achtung der Menschenrechte
und Marktwirtschaft. Wir ermutigen diese Staaten, ihre Reformen
fortzuführen sowie zur weiteren implementierung der
KSZE-Verpflichtungen und Rüsttingskontrollabkommen beizutragen.


Jugoslawien

7.  Wir verurteilen die fortdauernde Gewaltanwendung und beklagen den
Verlust an Menschenleben in Jugoslawien. Wir fordern alle
Konfliktparteien dringend auf, Waffenstillstandsvereinbarungen
einzuhalten, damit der rasche Einsatz von UN-Friedenstruppen möglich
wird.

Wir appellieren nachdrücklich an alle Beteiligten, den Friedensprozeß
durch UN-Bemühungen und die Haager Konferenz weiter aktiv zu
verfolgen, die von der EG auf Grund des Mandats der KSZE, eine
Verhandlungslösung dieser Krise zu finden, einberufen wurde. Wir
werden uns auch weiterhin über die Lage in Jugoslawien intensiv
beraten.

Eine Sicherheitsarchitektur für Europa

8.  Frieden und Sicherheit Europas werden zunehmend von einem Geflecht
ineinandergreifender, sich ergänzender Institutionen abhängen, da die
Herausforderungen, die sich uns stellen, nicht von einer Institution
allein und umfassend aufgenommen werden können.  Wir sind entschlossen
sicherzustellen, daß unser Bündnis in diesem Rahmen seine Rolle voll
und ganz spielt.


KSZE

9.  Wir setzen die Initiativen aktiv fort, die von unseren Staatsund
Regierungschefs in Rom zur Stärkung des KSZE-Prozesses ergriffen
wurden.  Wir sind entschlossen, zu den Beschlüssen beizutragen, die
vom KSZE-Rat in Prag im Januar gefaßt werden, um die polit ischen
Strukturen und die Institutionen der KSZE zu entwickeln und
Richtlinien für die Fortsetzung dieser Arbeit auf dem Folgetreffen
'von Helsinki im März aufzustellen. Wir wollen gewährleisten, daß der
Gipfel von Helsinki im kommenden Sommer einen wich tigen Schritt zur
Festigung der europäischen Architektur und zur Stärkung der
Institutionen und Mechanismen der KSZE darstellt.

Wir sind überzeugt, daß die KSZE Mittel zur Förderung der
Implementierung bestehender Verpflichtungen schaffen muß.  Wir meinen
außerdem, daß die KSZE ihre immer wichtiger werdende Rolle bei der
Förderung von Zusammenarbeit und Sicherheit in Europa erfüll en muß,
indem sie den demokratischen Wandel fördert, die Freiheit sichert
sowie wirksame Instrumente zur Konfliktverhütung, zur friedlichen
Beilegung von Streitigkeiten und zur Krisenbewältigung entwickelt und
anwendet.

10.  Die KSZE hat häufig Beiträge zu ihren Tagungen von verschiedenen
internationalen Organisationen innerhalb deren jeweiligen
Zuständigkeitsbereichs erbeten.  Das Bündnis ist bereit, der KSZE
seine kollektive Erfahrung zur Verfügung zu stellen, und wird sich um
Herstellung zweckdienlicher Beziehungen mit der KSZE bemühen.

Auf den Schlußfolgerungen des Treffens des KSZE-Rates in Berlin
aufbauend, sehen wir dem Austausch von Informationen und einschlägigen
Dokumenten sowie der Entwicklung entgegen, daß die Allianz als solche
auf derselben Grundlage wie andere internationale Organisationen,
ausgenommen die Europäische Gemeinschaft, und im Einklang mit
KSZE Präzedenzfällen und -Gepflogenheiten zu künftigen KSZE-Treffen
Beiträge auf Sachgebieten leistet, in denen das Bündnis einschlägige
Kenntnisse besitzt.


Europäische Sicherheitsidentität und Verteidigungsrolle

Im Sinne der Erklärung unseres Bündnisses von Rom begrüßen wir die
Entscheidungen des Europäischen Rates in Maastricht über die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, die
alle ihre Sicherheit betreffenden Fragen umfaßt, wozu auf längere
Sicht auch die Formulierung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik
gehört, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen
könnte; wir begrüßen ferner die Entscheidungen der Mitgliedstaaten der
Westeuropäischen Union zur Rolle der WEU und zu ihren Beziehungen zur
Europäischen Union und zum Atlantischen Bündnis.

Wir nehmen mit Genugtuung von der Vereinbarung des Europäischen Rates
Kenntnis, daß die Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik der
Europäischen Union mit der im Rahmen des Nordatlantikvertrages
niedergelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
vereinbar sein soll. Ein höheres Maß an europäischer Verantwortung in
Verteidigungsfragen, verbunden mit einer Stärkung der Solidarität und
des Zusammenhalts der Transatlantischen Partnerschaft, wird wesentlich
zu unserer gemeinsamen Sicherheit beitragen.

12.  Wir unterstützen das Ziel, die WEU zur Verteidigungskomponente
der Europäischen Union und als Mittel zur Stärkung des europäischen
Pfeilers des Atlantischen Bündnisses zu entwickeln.  Wir begrüßen es,
daß die WEU-Mitgliedstaaten bei Darlegung ihres Zieles, gemeinsame
Positionen in den Konsultationsprozeß des Bündnisses einzubringen,
bekräftigt haben, daß die Allianz das wesentliche Forum für
Konsultationen unter ihren Mitgliedern und für die Vereinbarung von
politischen Maßnahmen bleiben wird, die sich auf die Sicherheits- und
Verteidigungsverpflichtungen der Verbündeten nach dem
Nordatlantikvertrag auswirken.

Wir wissen die von der WEU erklärte Absicht zu würdigen, die Rolle,
die Verantwortlichkeiten und die Beiträge der WEU-Mitgliedstaaten
innerhalb des Bündnisses zu stärken und im Einklang mit den in der
Allianz beschlossenen Positionen zu handeln.

Wir begrüßen die Einladung an Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
der WEU beizutreten oder dort Beobachter zu werden, wenn sie dies
wünschen, sowie das gleichzeitige Angebot an andere europäische
Mitgliedstaaten der NATO, assoziierte Mitglieder der WEU zu werden,
womit ihnen die Möglichkeit gegeben wird, an den Tätigkeiten der WEU
voll teilzunehmen. Dies wird dazu beitragen, die erforderliche
Transparenz und Komplementarität zwischen der entstehenden
europäischen Sicherheitsidentität und Verteidigungsrolle einerseits
und dem Bündnis andererseits zu gewährleisten.

13.  Wir erwidern die Bereitschaft der WEU, die engen
Arbeitsbeziehungen zwischen der WEU und dem Bündnis weiter zu
entwickeln. Wir sind bereit, zu diesem Zweck praktische Vorkehrungen
einschließlich enger Zusammenarbeit zwischen diesen beiden
Organisationen, aber auch, soweit notwendig, zur Abstimmung über
Tagungstermine und -orte sowie zur Harmonisierung der Arbeitsweisen zu
treffen.

Wir haben heute dem Ständigen Nordatlantikrat den Auftrag erteilt,
sobald wie möglich gemeinsam mit der WEU Vorschläge für geeignete
Vorkehrungen zu erarbeiten.


Rüstungskontrolle

 14.  Stabilität und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent
erfordern die vollständige Implementierung aller
Rüstungskontrollabkommen, insbesondere des KSE-Vertrages.  Wir
appellieren mit Nachdruck an alle KSE-Unterzeichnerstaaten, die den
Vertrag noch nicht ratifiziert haben, die Ratifizierung schnell
vorzunehmen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, daß alle zuständigen politischen
Organe ihre Verantwortung in der neuen Architektur kooperativer
Sicherheit in Europa übernehmen und alle notwendigen Maßnahmen
ergreifen, um sicherzustellen, daß der KSE-Vertrag respekt iert,
ratifiziert und implementiert wird.

15.  Wir hoffen, daß die von den Verbündeten in Wien eingebrachten neuen
Vorschläge es uns ermöglichen werden, die KSE-IA-Verhandlungen und die
VSBM-Verhandlungen bis zum Beginn des Folgetreffens von Helsinki
erfolgreich abzuschließen.  Wir fordern unsere Verhandlungspartner
nachdrücklich auf, zusammen mit uns konstruktiv auf dieses Ziel
hinzuarbeiten.  Wir begrüßen den Fortschritt in den "Offene
Himmel"-Verhandlungen in Wien und äußern die entschiedene Hoffnung, daß
rechtzeitig bis zum Folgetreffen von Helsinki Einigung erreicht werden
kann. 

16.  Das Treffen von Helsinki wird einen Wendepunkt im
Rüstungskontroll- und Abrüstungsprozeß in Europa bedeuten; wir sind
aktiv darum bemüht, einen gemeinsamen Ansatz zu entwickeln.  Der
KSZE-Ministerrat leitete am 19./20. Juni 1991 informelle
vorbereitende Konsultationen mit dem Ziel ein, auf dem Folgetreffen
von Helsinki neue Verhandlungen über Abrüstung sowie Vertrauens- und
sicherheitsbildende Maßnahmen aufzunehmen. Die Minister beschlossen,
daß formelle vorbereitende Verhandlungen über das neue Forum auf dem
Folgetreffen von Helsinki stattfinden sollen.

Wir haben diese informellen vorbereitenden Konsultationen genau
verfolgt und daran teilgenommen, wobei wir von den Ansichten der
KSZE-Partner sorgfältig Kenntnis genommen haben. Ein hohes Maß an
Konsens ist bereits erkennbar.

In der Zeit bis zum Treffen von Helsinki und auf dem Treffen selbst
schlagen wir vor, daß unsere Verhandlungsführer sowie die
Verhandlungsführer unserer KSZE-Partner sich von folgenden breit
angelegten politischen Zielen leiten lassen sollten:

- Um unser Ziel einer neuen kooperativen Ordnung zu erreichen, bei der
kein Staat Befürchtungen für seine Sicherheit hegen muß, sollten wir
ein europäisches Sicherheitsforum dergestalt schaffen, daß die
Selbständigkeit und der eigene Charakter der verschi edenen Elemente
des Prozesses gewahrt werden, aber auch der Zusammenhalt zwischen
ihnen gesichert bleibt;

- wir sollten Sicherheit und Stabilität durch Verhandlungen über
konkrete Maßnahmen mit dem Ziel stärken, das Niveau der Streitkräfte
in Europa auf dem mit gemeinsamen wie individuellen berechtigten
Sicherheitsbedürfnissen vereinbaren Mindeststand in Euro pa und
darüber hinaus zu halten: Dies kann weitere Reduzierungen von
Streitkräften mit sich bringen;

- wir sollten einen ständigen Sicherheitsdialog einrichten, in dessen
Rahmen die Teilnehmer berechtigte Sicherheitsanliegen zur Sprache
bringen können und der eine neue Qualität der Transparenz und
Kooperation im Bereich der Streitkräfte und der Verteidig ungspolitik
fördert.  Dieser Dialog, sollte zur Stärkung der Ergebnisse des
Prozesses von Helsinki im Bereich der Sicherheit beitragen;

- wir sollten die Fähigkeit der KSZF-Institutionen einschließlich des
Konfliktverhütungszentrums stärken, das Risiko von Konflikten zu
mindern, und zwar durch volle und offene Implementierung vereinbarter
Maßnahmen im Bereich der Sicherheit sowie durch die Erarbeitung
geeigneter Verfahren zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung.

Wir betrachten es als wichtig, daß zusätzlich zur Formulierung - der
breit angelegten Ziele des neuen Prozesses das Folgetreffen von
Helsinki ein konkretes Arbeitsprogrogramm für die erste Phase des
Prozesses aufstellt. Nach unserer Ansicht sollte schon frühzeitig das
Augenmerk auf folgendes gerichtet werden:

- Eine sachgerechte Harmonisierung der RüstungskontrollVerpflichtungen
in Europa, die eine Grundlage zur Erörterung weiterer Begrenzungen
und, soweit möglich, Reduzierungen von Streitkräften legt;

- ausgehandelte vertrauensbildende und kooperative Maßnahmen zur
Gewährleistung größerer Transparenz und Voraussagbarkeit in
militärischen Angelegenheiten;

- Zusammenarbeit zur Unterstützung und Stärkung bestehender
multilateraler Nichtverbreitungs-Regime, einschließlich des Transfers
konventioneller Waffen; sowie

- Stärkung von Mechanismen und Instrumenten zur Konfliktverhütung und
Krisenbewältigung.

Wir gehen davon aus, daß einige Maßnahmen zweckmäßigerweise selektiv
oder regional erarbeitet werden.

17.  Wir werden auch künftig Sicherheit auf einem zur Wahrung von
Frieden und Stabilität ausreichenden Mindestniveau nuklearer Waffen
anstreben. Die Ratififizierung des START-Vertrages und seine rasche
Implementierung im Verbund mit der Umsetzung der Beschüsse von
Präsident Bush und Präsident Gorbatschow, Nuklearwaffen einseitig zu
reduzieren, sind von grundlegender Bedeutung für künftige Sicherheit
und Stabilität.

Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme
untergräbt die internationale Sicherheit.  Es wird unsere vorrangige
Aufgabe sein, die Autorität des Vertrages über die Nichtverbreitung
von Kernwaffen (NVV) zu stärken und seine univers elle Geltung zu
fördern.  Wir halten es auch für wesentlich, daß im nächsten Jahr ein
weltweites, umfassendes und wirksam verifizierbares Verbot chemischer
Waffen zustandekommt.  Wir bekräftigen unsere Ansicht, daß Lieferungen
konventioneller Rüstungsgüter in Spannungsgebiete, die über legitime
Verteidigungsbedürfnisse hinausgehen, die Wahrscheinlichkeit
friedlicher Lösungen von Streitigkeiten schmälern.  In diesem
Zusammenhang begrüßen wir den Beschluß, im Rahmen der Vereinten
Nationen ein weltweites Re gister von Lieferungen konventioneller
Waffen einzurichten.

18.  Die Frühjahrsministertagung 1992 das Nordatlantikrates wird im
Juni in Oslo stattfinden.



Brüssel, 19.  Dezember 1991

Quelle: Bulletin Nr. 2, 4. Januar 1992




©  GLASNOST, Berlin 1992 - 2019