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1. Der Verteidigungs-Planungsausschuß der Nordatlantikvertrags-Organisation trat am 12. und 13. Dezember in Brüssel zu einer Ministertagung zusammen. 2. Das Bündnis hat in den vergangenen achtzehn Monaten seit der Londoner Erklärung einen weitreichenden Wandel vollzogen. In Anerkennung der grundlegenden Veränderungen im sicherheitspolitischen Umfeld haben die Staats- und Regierungschefs des Bündnisses im vergangenen Monat in Rom ein neues Strategisches Konzept gebilligt und eine Erklärung über Frieden und Zusammenarbeit verabschiedet. In diesem Wandel hat die NATO eindeutig die Fähigkeit bewiesen, mit den dramatischen Änderungen, die sie selbst mit in Gang gesetzt hat, Schritt zu halten. Auf unserer Tagung faßten wir eine Reihe wichtiger Beschlüsse über die "Umsetzung des Strategischen Konzepts", über neue Streitkräfte- und Kommandostrukturen sowie über Verstärkungsvorkehrungen (s. S. 23) 3. Die Gipfelerklärung von Rom enthält Vorschläge zum Ausbau unserer Partnerschaft mit den Staaten Mittel- und Osteuropas einschließlich Estlands, Lettlands und Litauens, deren kürzlich wiedergewonnene Unabhängigkeit wir ausdrücklich begrüßen. Auf der Grundlage dieser Vorschläge und in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen des Nordatlantischen Kooperationsrates, der in der nächsten Woche zum ersten Male tagen wird, haben wir, die Verteidigungsminister, unsere Entschlossenheit unterstrichen, in diesem Zusammenhang unsere volle Rolle zu spielen. Die NATO hat in Fragen der Verteidigung, einschließlich der Planung, Ausgestaltung und Umsetzung von Verteidigungsprogrammen, der Erziehung und Ausbildung sowie der demokratischen Kontrolle von Streitkräften, einen einzigartigen Fundus von Erfahrungen und Sachkenntnis erworben, der für die Regierungen Mittel- und Osteuropas von großem Wert sein könnte. Wir werden daher diese Erfahrung und Sachkenntnis allen am Liaison-Prozeß beteiligten mittel- und osteuropäischen Staaten verfügbar machen. Wir prüften, wie dies auf verschiedenen Ebenen bewirkt werden kann. Unsere Streitkräfte werden zu diesem Prozeß durch Intensivierung der Kontakte und durch guten Rat beitragen. 4. Das neue Strategische Konzept des Bündnisses ist sichtbares Zeichen der grundlegenden bedeutsamen Änderung von unserer bisherigen Strategie. Es geht von einem breitangelegten sicherheitspolitischen Ansatz aus, der seinen Ausdruck in den sich gegenseitig verstärkenden Elementen Dialog, Kooperation und Wahrung einer wirksamen kollektiven Verteidigungsfähigkeit findet. Das Konzept zielt darauf ab, die sich aus der Verbesserung des sicherheitspolitischen Umfeldes ergebenden Chancen im besten Sinne zu nutzen und mehren. Zugleich ist es die gebotene Versicherung gegen mögliche Risiken, die aus vielen Richtungen kommen und ihrer Natur nach vielgestaltig, sein können. Wesentliche Merkmale der Strategie sind die Verhinderung und, wenn nötig, Bewältigung von Krisen geworden, die die Sicherheit des Bündnisses berühren. 5. Das Strategische Konzept, als vereinbarte Grundlage für die Streitkräfte aller Verbündeten und für die Weiterentwicklung unserer Verteidigungspolitik, sollte auch die notwendige Komplementarität zwischen dem gewandelten Bündnis und der sich im europäische n Integrationsprozeß herausbildenden Verteidigungskomponente herstellen. Die Ausbildung einer europäischen Sicherheitsidentität und Rolle in der Verteidigung, reflektiert in der Stärkung des europäischen Pfeilers im Bündnis, wird nicht nur den Interessen der europäischen Staaten dienen, sondern auch die Integrität und Wirksamkeit des Bündnisses insgesamt verstärken. Parallel dazu werden wir die wesentliche, transatlantische Bindung ausbauen, die das Bündnis gewährleistet, und die strategische Einheit un d die Unteilbarkeit der Sicherheit aller unserer Mitgliedstaaten in vollem Umfang bewahren. In diesem Zusammenhang bleibt eine bedeutsame Präsenz konventioneller Sreitkräfte Nordamerikas sowie nuklearer Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Europa unve rzichtbar für die europäische Sicherheit. In dem Maße, in dem die Umgestaltung des Bündnisses fortschreitet, werden wir den operationellen Verbund, auf dem unsere Verteidigung beruht, wahren. 6. Wir begrüßten die Übereinkunft des Europäischen Rates in Maastricht über eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten, die in einer längerfristigen Perspektive die Herausbildung einer gemeinsamen Verteidig ungspolitik einschließt, welche zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte; eine Politik, die die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach dem Nordatlantischen Vertrag respektieren wird und die mit der gemeinsamen Sicherheits- und Ver teidigungspolitik, die in jenem Rahmen herausgebildet wird, vereinbar sein wird. Wir begrüßten die Tatsache, daß die europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität in einem allmählichen Prozeß aufeinander aufbauender Phasen verfolgt wird, und daß die WEU als die Verteidigungskomponente der Europäischen Union und als Mittel entwic kelt wird, um den Europäischen Pfeiler im Atlantischen Bündnis zu stärken. Wir begrüßten weiter, daß die WEU darauf eingestellt ist, ihre engen Arbeitsbeziehungen mit dem Bündnis weiterzuentwickeln; daß die WEU-Mitgliedstaaten ihre Rolle, Verantwortlichk eiten und Beiträge im Bündnis stärken werden; und daß praktische Vorkehrungen entwickelt werden, um die notwendige Transparenz und Komplementarität zwischen der sich herausbildenden europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität und dem Bündnis zu gewährleisten, darin eingeschlossen, daß allen europäischen Mitgliedern der Allianz die Möglichkeit eingeräumt wird, an all ihren Aktivitäten teilzunehmen, und daß alle NATO-Verbündeten in angemessener Weise an Entscheidungen beteiligt werden, die ihre Sicherheit betreffen können. 7. Mit Befriedigung haben wir von den deutlichen Fortschritten Kenntnis genommen, die bei der Umgestaltung des Verteidigungsdispositivs des Bündnisses erreicht wurden. Wir billigten detaillierte militärische Richtlinien für die militärische Führung der NATO und ihrer Mitgliedstaaten zur Umsetzung des neuen Strategischen Konzepts durch unsere Streitkräfteplanung und unser Streitkräftedispositiv. Wir einigten uns auf Planungsvorgaben für die neue Streitkräftestruktur des Bündnisses hinsichtlich der militäris chen Konzeption, Organisation und Fähigkeiten. Im Rahmen unserer jährlichen Überprüfung haben wir die Verteidigungspläne der Mitgliedstaaten für den Zeitraum 1992 bis 1996 und darüber hinaus untersucht, und wir sind zu dem Schluß gekommen, daß die derzeit vorgesehene Gesamtplanung den künftigen Bündnisanforderungen generell entspricht. Die wichtigsten Änderungen im Streitkräftedispositiv, einschließlich beträchtlicher, nach der neuen Strategie gebotener Reduzierungen des Gesamtumfangs unserer Streitkräfte, sind bereits eingeleitet. Gute Fortschritte wurden bei Identifizierung der erfor derlichen Beiträge der Mitgliedstaaten zu den Reaktions-, Hauptverteidigungs- und Ver- stärkungskräften - den drei Kategorien der neuen Streitkräftestruktur erzielt. Auch für die Aufstellung multinationaler Verbände innerhalb dieser Struktur werden bereit s Pläne entwickelt. Diese multinationalen Streitkräfte und die Notwendigkeit größtmöglicher Steigerung der Wirksamkeit der künftig kleineren Streitkräfte werden besondere Anforderungen an Ausbildung, Übungen sowie die Fähigkeit zu enger Zusammenarbeit st ellen. Unsere Vorkehrungen für kollektive Verteidigungsplanung, gestützt auf eine integrierte militärische Struktur sowie auf Koordinierungsvereinbarungen, werden eine Schlüsselrolle spielen, wenn es darum geht, die kostengünstigste Erfüllung unserer gem einsamen Aufgaben sicherzustellen. 8. Wir erörterten Vorschläge für eine neue NATO-Kommandostruktur, mit dem Ziel, sie schlanker zu gestalten, im Umfang zu verringern und den neuen Gegebenheiten anzupassen. Als ersten wesentlichen Schritt haben wir beschlossen, die Anzahl der Obersten NATO-Befehlshaber von drei auf zwei, nämlich die Obersten Alliierten Befehlshaber Europa und Atlantik, zu verringern. Darüber hinaus haben wir entschieden, im Alliierten Kommandobereich Europa künftig drei nachgeordnete Oberbefehlshaber für den Süd-, Zentral- und Nordwestbereich einzurichten, wobei die Führungsbeziehungen in den beiden letzteren auf die Vorschläge der Studie gegründet werden, die wir auf unserer Tagung in Taormina in Auftrag gegeben haben, Übereinstimmung besteht bereits darüber, daß die detaillierte Planung für die Reorganisation des Bereichs Europa-Mitte begonnen werden sollte und dabei unter anderem die Verschmelzung der fünf heute dort bestehenden nachgeordneten Kommandos zu zwei, nämlich eines für Land- und eines für Luftstreitkräfte, ber ücksichtigen sollte. Die Arbeiten zur Weiterentwicklung der Vorschläge für die gesamte Struktur bis hinunter zur PSC-Ebene und darunter, wo zutreffend, werden fortgesetzt, einschließlich der finanziellen und zeitlichen Auswirkungen. 9. Das Strategische Konzept unterstreicht die Wichtigkeit von Verstärkungsmaßnahmen als Mittel der Allianz zu Konfliktverhütung, Krisenbewältigung und Verteidigung. Wir billigten ein neues Verstärkungskonzept der NATO. Es ist ein militärpolitisches Richtli- niendokument für die Mitgliedstaaten und die militärischen und zivilen NATO-Behörden, das zusätzliche Anleitung für einen flexiblen und wirksamen Einsatz von Bündnisstreitkräften gibt. 10. Der Prozeß der Umgestaltung unseres Verteidigungsdispositivs ist. vielschichtig und dauert weiter an. Wir erörterten bisherige Fortschritte bei der Überprüfung unseres gemeinsamen finanzierten Infrastrukturprogramms. Damit soll gewährleistet werden, daß das Programm und seine Umsetzung den Erfordernissen der neuen Strategie sowie den neuen Streitkräfte- und Kommandostrukturen entsprechen. Wir bekräftigten unsere Absicht, die fortlaufenden Bemühungen zur Förderung der Rüstungszusammenarbeit zu unterstüt zen; insbesondere billigten wir den ersten Plan für konventionelle Rüstung seit Bestehen der NATO. Wir nahmen Kenntnis von dem Fortgang der Arbeiten zur Verbesserung der Bedingungen des Handels mit Verteidigungsgütern unter den Verbündeten. Wir überprüfen gegenwärtig unsere Vorkehrungen zur Krisenbewältigung, um sicherzustellen, daß die Allianz den denkbaren künftigen Risiken und Herausforderungen angemessen begegnen kann. 11. Angesichts der fortdauernden Notwendigkeit für eine landgestützte Präsenz von Jagdflugzeugen der NATO in der Südregion und in Anerkennung der Beschränkungen, die die Finanzierung und damit die Möglichkeit zum Bau des vorgesehenen Flugplatzes in Crotone ver- hindern, haben wir die zuständigen NATO-Stellen angewiesen, Alternativlösungen zu untersuchen, die unter Berücksichtigung des neuen sicherheitspolitischen Umfeldes das Bündnis in die Lage versetzen, seiner fortbestehenden Verpflichtung zur Erfüllung dies er Notwendigkeit zu entsprechen. 12. Unser neues Streitkräftedispositiv wird auch zukünftig von den Grundsätzen der strategischen Einheit und kollektiven Verteidigung bestimmt. Ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung der veralteten und unbrauchbar werdenden Ausrüstung der griechischen, port ugiesischen und türkischen Streitkräfte wird durch die gemeinsam finanzierte Weitergabe von Ausrüstung geleistet werden, die als Folge der geplanten Reduzierungen in Ausführung des KSE-Vertrages verfügbar werden. Diese Länder werden auch in Zukunft auf militärische Hilfe angewiesen sein. 13. Im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung messen wir einer raschen Ratifizierung und Implementierung des KSE-Vertrags größte Bedeutung bei. Die Verbündeten haben aktiv und erfolgreich Einfluß auf die KSE-IA-Verhandlungen genommen; sie haben Vorschläge zur Begrenzung der Truppenstärken eingebracht. Wir bleiben dem Bemühen verpflichtet, in den VSBM- und "Open Skies"-Verhandlungen Ergebnisse zu erzielen. Die Verbundeten beabsichtigen in Helsinki - unter Beteiligung aller KSZE-Staaten - einen kooperati ven Prozeß voranzutreiben, um eine neue Qualität von Offenheit und Vertrauen zu schaffen sowie Sicherheit und Stabilität auf dem niedrigstmöglichen, mit den Verteidigungserfordernissen zu vereinbarenden Streitkräfteniveau zu stärken. 14. Wir erörterten die jüngsten Entwicklungen in der Sowjetunion und den Republiken und appellieren an alle beteiligten Parteien den Wandlungsprozeß friedlich zu gestalten. Wir vertrauen darauf, daß in diesem Prozeß die Republiken bei der Entwicklung einer gemeinsamen Grundlage der Zusammenarbeit die internationalen Sicherheitsverpflichtungen der Sowjetunion in vollem Umfange respektieren, insbesondere diejenigen, die sich aus den Rüstungskontrollvereinbarungen, vor allem aus den Verträgen über die konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE), die Reduzierung der strategischen Waffen (START) und die Nuklearwaffen mittlerer Reichweite (INF) ergeben. Wir halten es für von höchster Bedeutung, daß eine sichere, verantwortungsvolle,und zuverlässige Kontrolle nuk learer Waffen in einer Hand sichergestellt ist. In dieser lebenswichtigen Frage setzten wir unsere Erörterungen, die wir in Taormina begonnen haben, fort und werden weiterhin eingehend und zeitgerecht im Bündnis beraten. 15. In unseren Erörterungen haben wir unserer tiefen Sorge über die Vorgänge in Jugoslawien sowie unserer Unterstützung der Bemühungen der Vereinten Nationen, der KSZE, der Europäischen Gemeinschaft und der WEU urn Beilegung dieser Krise Ausdruck gegeben. Wir unterstreichen den beträchtlichen Beitrag, der sowohl gemeinsam als auch einzeln von Bündnispartnern zu diesen Bemühungen geleistet wird. Wir rufen beteiligte Parteien auf, dem Konflikt ein Ende zu setzen. 16. Unsere Tagung markiert einen weiteren wichtigen Schritt zur Anpassung an das sich wandelnde Umfeld. Das Bündnis wird auch künftig eine Schlüsselrolle beim Aufbau einer neuen, dauerhaften Friedensordnung in Europa spielen. Wir sind auf dem Wege zu einem Europa der Zusammenarbeit. Wir werden auch weiterhin - wo immer möglich - konstruktive Schritte auf diesem Wege einleiten oder unterstützen. Auf unseren Erfolgen aufbauend und mit Blick auf die Herausforderungen und Chancen der Zukunft, werden wir unsere Bemühungen in diesem Sinne fortsetzen. Die Erfolgsaussichten sind um so gewisser, als sie auf politische Solidarität und wirksame kollektive Verteidigung innerhalb des Bündnisses gegründet sind. Jüngste Krisen und Unwägbarkeiten unterstreichen dieses Erfordernis. Umsetzung des Strategischen Konzeptes der Allianz 1. Dem Auftrag aus der Frühjahrstagung der Verteidigungsminister im Mai 1990 und dem Londoner Gipfel entsprechend wurde eine Überprüfung der Militärstrategie der NATO eingeleitet. Auf dem Gipfel in Rom im November 1991 verabschiedeten die sechzehn Staats- und Regierungschefs die "Erklärung von Rom über Frieden und Zusammenarbeit" sowie das "Strategische Konzept des Bündnisses". Auf der Grundlage dieses neuen Konzeptes hat die militärische Führung der NATO detailliertere Richtlinien zur Umsetzung der Strate gie erarbeitet. Dieses Werk wurde heute durch die Verteidigungsminister gebilligt. 2. Das Dokument, zusammen mit anderen, das Strategische Konzept ergänzenden Papieren, enthält ins einzelne gehende militärische Richtlinien und bestimmt die dazugehörigen militärischen Forderungen, um die Obersten NATO-Befehlshaber und die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, Einsatzkonzepte und -Pläne sowie Streitkräfteund Kommandostrukturen zu entwickeln. In Übereinstimmung mit den im Strategischen Konzept aufgestellten strategischen Richtlinien der Allianz, den sicherheitspolitischen Herausforderung en und dem breitangelegten sicherheitspolitischen Ansatz enthält es militärische, mehr einsatzbezogene und detailliertere Vorgaben. Das Dokument bestimmt die Forderungen an das Streitkräftedispositiv im Frieden, den militärischen Beitrag zu Dialog und Ko operation, die Rolle der Streitkräfte im Rahmen von Krisenbewältigung sowie die Forderungen an eine wirksame Verteidigung. 3. Innerhalb dieses Rahmens konzentriert sich das Dokument auf die Mittel der Militärstrategie. Es erläutert die spezifischen Merkmale der künftigen Streitkräfte der NATO: a) Die sicherheitspolitischen Herausforderungen der NATO sind jetzt vielschichtig und kommen aus vielen Richtungen. Dies macht, zusammen mit der Forderung nach Fähigkeit zur Gegenkonzentration, Flexibilität und Mobilität zu grundlegenden Merkmalen der Militärstrategie der NATO. Flexibilität bedingt zeitgerechte und präzise Nachrichtengewinnung und Aufklärung. Ein Teil der Streitkräfte der NATO muß hoch mobil sein. Sie müssen durch entsprechende Vorkehrungen in den Bereichen Transport, Logistik und Infrastruktur unterstützt werden. b) Die NATO wird sich zunehmend auf multinationale Verbände abstützen. Multinationale Verbände der Landstreitkräfte sind im Normalfall Korps, zusammengesetzt aus nationalen Divisionen oder Brigaden, aber auch spezialisierte kleinere Verbände. Multinationale Seestreitkräfte werden normalerweise regional gebildet und setzen sich aus nationalen Schiffseinheiten zusammen, Einsatz und Verlegung innerhalb des Allianzgebietes sind jedoch nicht auf eine bestimmte Region begrenzt. Die Luftstreitkräfte bilden bzw. unterstützen multinationale Verbände. Der wirksame Einsatz multinationaler Kräfte wird die Anforderungen an die Fähigkeit zur Zusammenarbeit erhöhen. Multinationale Verbände sind komplexe Formationen, die herausragende Anforderungen an Ausbildung, Übungen und Unterstützung stellen, wenn eine wirksame Einsatzfähigkeit geschaffen werden soll. 4. Das Dokument beschreibt ebenfalls die Fähigkeit zum Streitkräfteaufwuchs durch Verstärkung, Mobilmachung und Aufbau zusätzlicher Streitkräfte. Die NATO benötigt bei Notlagen, denen nicht mit den ursprünglich eingesetzten Kräften begegnet werden kann, die Mittel, um ihr Kräftedispositiv in jeder Region des Bündnisses wie auch NATOweit zu vergrößern und zu verbessern. Die Fähigkeit für einen solchen Streitkräfteaufwuchs muß im Verhältnis zu möglichen Bedrohungen der Sicherheit des Bündnisses sein. Dies s chließt das Risiko einer größeren Auseinandersetzung ein, die, obschon unwahrscheinlich, vernünftigerweise nicht auszuschließen ist. 5. Dic Land-, See- und Luftstreitkräfte der NATO werden im Frieden so disloziert, daß sie eine hinreichende und sichtbare militärische Präsenz im gesamten Bündnisgebiet darstellen. Sie müssen über angemessene Bereitschaft und Ausbildung verfügen, eine Fähig keit zur Abwehr von Flugkörperangriffen besitzen und allesamt zum Einsatz im Verbund und in gegenseitiger Unterstützung befähigt sein. Die Streitkräftestruktur der NATO wird drei Hauptgruppen umfassen: Hauptverteidigungs-, Reaktions- und Verstärkungskräfte. 6. Innerhalb der durch das Strategische Konzept gesetzten Rahmenrichtlinien für die Nuklearstreitkräfte enthält das Dokument eine stärker ins einzelne gehende Darstellung der Struktur, Führung und Überwachung dieser Kräfte. Dabei ist bestimmend, daß ein nuk learer Einsatz sehr unwahrscheinlich ist. Es wird die Struktur der nuklearen Streitkräfte des Bündnisses beschrieben, die erforderlich ist, um die Fähigkeit, Solidarität und das gemeinsame Bekenntnis zur Kriegsverhinderung zu unterstreichen durch fortges etzte breite Teilhabe europäischer Bündnispartner an nuklearen Aufgaben, an der Stationierung von Nuklearstreitkräften auf ihrem Hoheitsgebiet im Frieden und an Führungs-, Überwachungs- und Konsultationsvorkehrungen. - Darüber hinaus werden die Merkmale beschrieben, einschließlich angemessener Flexibilität und Überlebensfähigkeit, die diese Kräfte besitzen müssen, damit sie als glaubwürdiges und wirksames Element der Strategie der Bündnispartner zur Kriegsverhinderung verstanden werden. Planungsgrundsätze für die Obersten NATO-Befehlshaber werden aufgestellt, und die Notwendigkeit, flexibel planen zu können, wird unterstrichen. Unter allen Bedingungen wird die politische Kontrolle dieser Streitkräfte auch weiterhin sichergestellt. 7. Weitere Voraussetzungen sind: eine anpassungsfähige und robuste Führungs- und Fernmeldeorganisation; Schutz der Streitkräfte und ihrer Bewegungen, ihrer Verbindungslinien und des NATO-Luftraums; Ausbildung und Übungen, die insbesondere auf flexiblen und mobilen Einsatz ausgerichtet sind. Schließlich werden die Anforderungen des Bündnisses an die Unterstützungsstruktur beschrieben, darin eingeschlossen Logistik, Infrastruktur, Technologie, zivil-militärische Zusammenarbeit, wirksame Rüstungszusammenarbeit im Bündnis tind eine verteidigungsindustrielle Basis. Die Streitkräfte der NATO benötigen flexible logistische Unterstützung, einschließlich der Unterstützung durch die aufnehmenden Staaten, um den strategischen und operativen Anforderungen zu genügen. 8. Ausgehend von diesen Forderungen legt das Dokument 1 Hauptaufgabenfelder als Grundlage für die Harmonisierung nationaler Verteidigungsplanung, für die Festlegung von Prioritäten in der langfristigen Planung und für die Umsetzung in nachgeordnete Pläne und Konzepte durch die Obersten NATO-Befehlshaber fest. Diese Hauptaufgabenfelder sind: (a) Bewahrung eines angemessenen Streitkräftedispositivs im Frieden (b) Beitrag zur Informationsgewinnung und Lagebeurteilung (c) Militärischer Beitrag zu Kooperation und Dialog (d) Militärische Unterstützung bei Krisenbewältigung (e) Fähigkeit zu unmittelbarer Reaktion auf Angriffe (f) Streitkräfteaufwuchs, darin Verstärkung, Mobilmachung und Aufbau zusätzlicher Kräfte (g) Erhaltung und Schutz der Land-, Luft- und Seeverbindungslinien des Bündnisses (h) Herstellung und Bewahrung der Kontrolle über Seegebiete (i) Fähigkeit zum Einsatz maritimer Machtmittel (j) Herstellung und Bewahrung einer günstigen Luftlage (k) Schutz rückwärtiger Gebiete und Unterstützung (l) Durchhaltefähigkeit der Streitkräfte (m) Abwehr angreifender Landstreitkräfte und Wiederherstellung der territorialen Integrität der Bündnispartner (n) Nukleare Fähigkeiten 9. Wie im Strategischen Konzept des Bündnisses festgestellt, wird die Strategie der NATO auch künftig die Flexibilität aufweisen, die es erlaubt, künftige Entwicklungen im militärpolitischen Umfeld, darunter auch die auf dem Weg zu einer europäischen Sicherh eitsidentität erzielten Fortschritte, sowie alle Veränderungen der Risiken für die Bündnissicherheit zu berücksichtigen. 10. Das Dokument betrifft nur die Bündnispartner, die sich an der gemeinsamen Verteidigungsplanung beteiligen.Quelle: Bulletin 19. Dezember 1991 Nr. 144
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