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Zum heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ueber den Einsatz der Bundeswehr ausserhalb des NATO-Gebietes erklaeren Ludger Volmer, Sprecher im Bundesvorstand von BUeNDNIS 90/DIE GRUeNEN, Helmut Lippelt und Angelika Beer, Mitglieder im Bundesvorstand von BUeNDNIS 90/DIE GRUeNEN:
Von nun an kann im deutschen Parlament wieder "ganz frei" ueber den Kriegseinsatz deutscher Soldaten diskutiert und mit einfacher Mehrheit entschieden werden. Die einschraenkende Wirkung des Hinweises auf die Einordnung in ein "System kollektiver Sicherheit" bleibt fragwuerdig. UNO-Kampfeinsaetze, weltweite NATO- oder WEU-Operationen und wer weiss heute schon, was unter diesem Etikett noch alles verstanden werden kann? Es sollte sich niemand taeuschen: spaetestens seit dem Golfkrieg ist der politische Unterschied zwischen einem Angriffs- und einem Verteidigungskrieg - und sei es auch im internationalen Auftrag - mehr als unklar. So darf also auch auf den Friedensvorbehalt des Grundgesetzes gegen einen Angriffskrieg nicht allzuviel Hoffnung gesetzt werden. Verfassungsrecht ist politisches Recht. Wollten die BegruenderInnen des Grundgesetzes Lehren aus der leidvollen Erfahrung des von Deutschland begonnenen 2. Weltkrieges ziehen und den Einsatz deutscher Soldaten freiwillig beschraenken? Gut vierzig Jahre lang gab es diesen Konsens zwischen fast allen gesellschaftlichen Kraeften: Das Grundgesetz erlaubt den Einsatz der Bundeswehr nur zu Verteidigungszwecken innerhalb des NATO- Buendnisgebietes. Doch das Bundesverfassungsgericht (BVG) erklaert dies nun zur kollektiven Selbstaeuschung einer vergangenen Epoche. Was sich beim beruechtigten Alt-Maenner-Urteil zum . 218 schon andeutete, wird immer offenkundiger. Die jahrelange erzkonservative BVG-Besetzungspolitik der Kohlregierung zahlt sich aus. Verfassungsrecht ist im Interpretationsfall das, was rechts nuetzt. BUeNDNIS 90/DIE GRUeNEN verstehen unter Souveraenitaet gerade auch die Faehigkeit zur politischen Selbstbeschraenkung. Wir weisen die konservative Propaganda zurueck, dass eine im Grundgesetz verankerte militaerische Selbstbeschraenkung die Bundesrepublik an der Wahrnehmung ihrer vollen Souveraenitaet hindere. Nicht alles, was erlaubt ist, muss eine Regierung auch tun! Wir werden fuer eine nun notwendige, entsprechend eindeutige, interpretationsresistente Verfassungsaenderung kaempfen. Die Regierung hat bereits eine Woche vor der Entscheidung des BVG klar gemacht, wohin die Reise nun gehen soll: Die Zweiteilung der Bundeswehr in eine Art militaerischen Arbeitsdienst und eine professionelle "Schnelle Eingreiftruppe" fuer weltweite Kriegseinsaetze stellt einen entscheidenden Schritt zur militaerischen Grossmachtpolitik dar. Nach den geltenden "Verteidigungspolitischen Richtlinien" zaehlt bereits die "Einflussnahme auf die internationalen Institutionen und Prozesse im Sinne unserer Wirtschaftskraft" zu den militaerisch zu schuetzenden deutschen "Sicherheitsinteressen". Die Wahl am 16. Oktober ist heute vom BVG auch in dieser Hinsicht zu einer Richtungsentscheidung gemacht worden: Stolpert Deutschland unter Kohls Fuehrung in eine Periode militaerischer Abenteuer oder findet es die Kraft zur Friedensfaehigkeit durch Selbstbeschraenkung.Pressemitteilung des Bundesvorstandes, Bündnis90/Die Grünen, Nr.: 90/94 vom 12.07.1994
Anmerkung der GLASNOST-Redaktion:
Sh. u.a. die Rolle der Bündnis90/Die Grünen im Kosovo-Krieg 1999, in dem sich z.B. Angelika Beer, Ludger Volmer an maßgeblicher Stelle für den Kriegseinsatz der Bundeswehr im Kosovo einsetzten.
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