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Ernesto Guevarra
Botschaft an die Völker der Welt
Viele Viet Nam schaffen
Einundzwanzig Jahre sind seit dem Ende des letzten
Weltbrandes vergangen, und verschiedene Publikationen feiern in
zahllosen Sprachen das durch die Niederlage Japans symbolisierte
Ereignis. Es herrscht ein Klima von zur Schau getragenem
Optimismus in vielen Bereichen der ungleichen Lager, in die die
Welt zerfällt.
Einundzwanzig Jahre ohne Weltkrieg - in diesen Zeiten
enormer Konfrontationen, gewaltsamer Zusammenstöße und
plötzlicher Veränderungen scheint das eine sehr lange Zeit zu
sein. Aber auch ohne auf die praktischen Resultate dieses
Friedens, für den wir alle zu kämpfen bereit sind, näher
einzugehen (das Elend, die Erniedrigung und die immer stärkere
Ausbeutung breiter Weltteile), ist die Frage angebracht, ob
dieser Frieden ein wirklicher Frieden ist.
Es ist nicht die Absicht dieser Bemerkungen, eine
historische Darstellung der verschiedenen lokalen Konflikte zu
geben, die seit der Kapitulation Japans aufeinander gefolgt
sind; es ist auch nicht unsere Aufgabe, die Bilanz der
zahlreichen und sich ausbreitenden Bürgerkriege zu ziehen, die
in diesen Jahren des angeblichen Friedens stattgefunden haben.
Es genügt uns, diesem unangemessenen Optimismus die Beispiele
des Korea- und des Vietnamkriegs entgegenzustellen.
Im ersten Fall fand sich nach Jahren heftigen Kampfes der
nördliche Teil des Landes in die schrecklichste Verwüstung
gestürzt, die die Geschichte des modernen Krieges kennt; mit
Bombenkratern übersät, ohne Fabriken, Schulen oder
Krankenhäuser; ohne irgendeine Art von Obdach, um 10 Millionen
Einwohner unterzubringen. In diesen Krieg griffen unter dem
trügerischen Banner der Vereinten Nationen Dutzende von Ländern
ein, die militärisch der Führung der Vereinigten Staaten
unterstanden, bei massivem Einsatz von Soldaten dieser
Nationalität und unter Verwendung der eingezogenen
südkoreanischen Bevölkerung als Kanonenfutter.
Auf der anderen Seite erhielten die Armee und das Volk von
Korea und die Freiwilligen der Volksrepublik China Nachschub und
Unterstützung durch den sowjetischen Militärapparat. Auf der
Seite der Nordamerikaner wurden Vernichtungswaffen erprobt, mit
Ausschluß der thermonuklearen, doch einschließlich einer
begrenzten Verwendung bakteriologischer und chemischer Waffen.
In Vietnam folgten militärische Aktionen aufeinander, die
von den patriotischen Kräften dieses Landes in fast
ununterbrochener Folge gegen drei imperialistische Mächte
unternommen wurden: Japan, dessen Macht nach den Bomben von
Hiroshima und Nagasaki zusammenbrach; Frankreich, das von diesem
besiegten Land seine Kolonien in Indochina zurückholte und dabei
seine in schwierigen Augenblicken gegebenen Versprechungen
mißachtete; und die Vereinigten Staaten in dieser letzten Phase
des Konflikts.
Es gab begrenzte Konfrontationen in allen Kontinenten,
obwohl auf dem amerkanischen lange Zeit nur Ansätze zu
Befreiungskämpfen sowie Militärputsche vorkamen, bis die
kubanische Revolution mit ihren Alarmfanfaren auf die Bedeutung
dieses Gebiets aufmerksam machte und den Zorn der Imperialisten
auf sich zog, der sie zur Verteidigung ihrer Küsten, erst in der
Schweinebucht und dann in der Oktoberkrise, zwang. Dieser
letzte Zwischenfall hätte einen Krieg von unabsehbaren Ausmaßen
hervorrufen können, wenn es wegen Kuba zu einem Zustammenstoß
zwischen Nordamerikanern und Sowjets gekommen wäre.
Gegenwärtig liegt jedoch der Brennpunkt der Widersprüche
offensichtlich in den Territorien der indochinesischen Halbinsel
und dem angrenzenden Ländern. Laos und Vietnam werden durch
Bürgerkriege erschüttert, die diesen Charakter verlieren, sobald
der nordamerikanische Imperialismus mit seiner ganzen Macht dort
auftritt und die ganze Zone zu einem gefährlichen Zeitzünder
wird, der jederzeit explodieren kann.
In Viet Nam hat die Konfrontation Formen äußerster Schärfe
angenommen, aber es gehört ebenfalls nicht zu unserer Absicht,
diesen Krieg historisch darzustellen. Wir beschränken uns
darauf, einige Marksteine anzugeben. 1954 wurde nach der
vernichtenden Niederlage von Dien Bien Phu das Genfer Abkommen
unterzeichnet, welches das Land in zwei Zonen aufteilte und die
Abhaltung von Wahlen innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten
festlegte zum Zwecke der Entscheidung darüber, wer Viet Nam
regieren und wie das Land wiedervereinigt werden sollte. Die
Nordamerikaner unterzeichneten dieses Dokument nicht, und es
begannen die Machenschaften, um die Marionette Frankreichs, den
Kaiser Bao Dai, durch einen ihren Vorstellungen entsprechenden
Mann zu ersetzen. Dies war Ngo Din Diem, dessen tragisches
Ende- das einer vom Imperialismus ausgepreßten Apfelsine -
allgemein bekannt ist.
Während der Monate nach der Unterzeichnung des
Abkommens herrschte der Optimismus im Lager der Volkskräfte.
Die Stützpunkte des antifranzösischen Kampfes im Süden des
Landes wurden abgebaut, und man wartete auf die Erfüllung des
Vertrags. Aber bald begriffen die Patrioten, daß es keine
Wahlen geben würde, außer die Vereinigten Staaten sähen sich in
der Lage, ihren Willen den Wahlurnen aufzuzwingen, und das war
sogar bei Anwendung aller ihnen bekannten Fälschungsmethoden
unmöglich.
Von neuem begannen die Kämpfe im Süden des Landes und
intensivierten sich fortlaufend bis zum augenblicklichen
Zeitpunkt, wo die nordamerikanische Armee fast eine halbe
Million Invasoren zählt, während die Marionettenstreitkräfte
sich zahlenmäßig verringerten und vor allem jede Kampfkraft
verloren haben.
Vor ungefähr zwei Jahren haben die Nordamerikaner die
systematische Bombardierung der Demokratischen Republik Viet Nam
begonnen - ein weiterer Versuch zur Schwächung der Kampfkraft
des Südens und zur Erzwingung von Verhandlungen. Zu Anfang
waren die Bombardierungen mehr oder weniger isoliert und als
Repressalien gegen angebliche Provokationen aus dem Norden
getarnt. Dann nahmen sie an Intensität und Systematik zu, um
schließlich zu einer gigantischen Treibjagd zu werden, die von
den Luftwaffen der Vereinigten Staaten Tag für Tag mit dem Ziel
durchgeführt wird, jede Spur von Zivilisation in der nördlichen
Zone des Landes zu zerstören. Es ist ein Teilaspekt der zu
trauriger Berühmtheit gelangten Eskalation.
Die materiellen Kriegsziele der Yankeewelt sind großenteils
verwirklicht worden, trotz der tapferen Verteidigung der
vietnamesischen Luftabwehreinheiten, den mehr als 1700
abgeschossenen Flugzeugen, und der Materialhilfe des
sozialistischen Lagers.
Es ist eine traurige Wahrheit: Vietnam, diese Nation, die
die Sehnsüchte und Siegeshoffnungen einer ganzen übergangenen
Welt verkörpert, ist in tragischer Weise allein. Dieses Volk
muß die verheerende Wucht der nordamerikanischen Technik über
sich ergehen lassen, fast schutzlos im Süden, mit einigen
Verteidigungsmöglichkeiten im Norden, aber immer allein. Die
Solidarität der fortschrittlichen Welt gegenüber dem
vietnamesischen Volk hat den gleichen Geschmack bitterer Ironie
wie die Anfeuerungsrufe der Plebs für die Gladiatoren des
römischen Zirkus. Es handelt sich nicht darum, dem
Angegriffenen Erfolg zu wünschen, sondern darum, sein Los zu
teilen, ihn zu begleiten in den Tod oder zum Sieg. Wenn wir die
Verlassenheit Viet Nams analysieren, schnürt uns dieser in der
Menschlichkeit enthaltene Widersinn die Kehle zu.
Der nordamerikanische Imperialismus ist der Aggression
schuldig; seine Verbrechen sind ungeheuer und über den ganzen
Erdball verteilt. Das wissen wir, meine Herren! Aber schuldig
sind auch diejenigen, die im entscheidenden Augenblick zögerten,
aus Viet Nam einen unverletzlichen Teil des sozialistischen
Territoriums zu machen, womit zwar das Risiko eines weitweiten
Krieges eingegangen, aber auch die nordamerikanischen
Imperialisten zu einer Entscheidung gezwungen worden wären.
Schuldig sind auch die, die einen Krieg der Beschimpfungen und
des Beinstellens aufrechterhalten, der schon seit langem von den
Vertretern der beiden größten Mächte des sozialistischen Lagers
angefangen worden ist.
Fragen wir also, um zu einer ehrlichen Antwort zu gelangen:
Ist Vietnam isoliert oder nicht, indem es eine gefährliche
Balancepolitik zwischen diesen beiden streitenden Mächten
treibt? Und: Welche Größe beweist dieses Volk! Weiche
Unerschütterlichkeit, Tapferkeit legt es an den Tag! Und welche
Lehre für die Welt birgt dieser Kampf.
Lange noch werden wir nicht wissen, ob Präsident Johnson
ernsthaft daran dachte, einige der für ein Volk notwendigen
Reformen durchzuführen, um die Kanten der Klassenwidersprüche
abzufeilen, die mit explosiver Kraft und immer größerer
Häufigkeit zum Vorschein kommen. Sicher ist, daß die unter dem
pompösen Namen des Kampfes für die Great Society angekündigten
Verbesserungen in der Kloake von Viet Nam untergegangen sind.
Die größte imperialistische Macht spürt in ihren
Eingeweiden den durch ein armes und rückständiges Land
verursachten Blutverlust und ihre märchenhafte Wirtschaft wird
durch die Kriegsanstrengungen in Mitleidenschaft gezogen. Töten
hört auf, das bequemste Geschäft für die Monopole zu sein.
Konventionelle Waffen, und nicht einmal in genügender Zahl, das
ist alles, was die großartigen Soldaten Viet Nams besitzen,
darüber hinaus die Liebe zu ihrem Vaterland, zu ihrer
Gesellschaft und einen Mut, der jeder Prüfung standhält. Aber
der Imperialismus rennt sich in Viet Nam fest, findet keinen
Ausweg und sucht verzweifelt nach jemand, der ihm ermöglicht,
sich mit Würde aus dieser gefährlichen Affäre zu ziehen. Aber
die "Vier Punkte" des Nordens und die "Fünf' des Südens nageln
ihn fest, indem sie die Konfrontation noch schroffer machen.
Alles scheint darauf hinzudeuten, daß der Friede, dieser
prekäre Friede, den man so genannt hat, nur weil es keinen
Weitbrand gegeben hat, von neuem in Gefahr ist, in die Brüche zu
gehen, durch einen nicht rückgängig zu machenden und nicht zu
akzeptierenden Schritt der Nordamerikaner.
Und uns, den Ausgebeuteten der Welt, weiche Rolle kommt uns
zu? Die Völker der drei Kontinente sehen das Beispiel Viet Nam
und lernen davon. Angesichts der Tatsache, daß die
Imperiatisten durch die Drohung mit dem Krieg die Menschheit zu
erpressen suchen, ist es die richtige Antwort, den Krieg nicht
zu fürchten. Hart und unablässig an jedem Konfrontationspunkt
anzugreifen, das muß die allgemeine Taktik der Völker sein.
Aber dort, wo dieser armselige Friede, den wir über uns
ergehen lassen, zerbrochen worden ist, was ist dort unsere
Aufgabe? Uns um jeden Preis zu befreien.
Die Welt in ihrer Gesamtheit zeigt ein sehr komplexes Bild.
Die Aufgabe der Befreiung wartet noch auf viele Länder des
alten Europas, die genügend entwickelt sind, um alle
Widersprüche des Kapitalismus zu spüren zu bekommen, aber so
schwach sind, daß sie weder den imperialistischen Kurs
weiterverfolgen noch diesen Weg neu beginnen können. Dort
werden die Widersprüche in den kommenden Jahren explosiven
Charakter annehmen, aber die Probleme und folglich ihre Lösung
unterscheiden sich von denen unserer abhängigen und
wirtschaftlich rückständigen Völker.
Das Hauptausbeutungsgebiet des Imperialismus umfaßt die
drei rückständigen Kontinente Amerika, Asien und Afrika. Jedes
Land hat seine besondere Charakteristika, aber auch die
Kontinente als Ganzes weisen solche auf.
Amerika bildet ein mehr oder weniger homogenes Gebilde und
beinahe auf dem gesamten Gebiet besitzt das nordamerikanische
Monopolkapital die absolute Vorherrschaft. Die
Marionettenregierungen oder die bestenfalls schwachen und
ängstlichen Regierungen können sich den Befehlen des
Yankeeherren nicht widersetzen. Die Nordamerikaner haben den
Höhepunkt ihrer politischen und wirtschaftlichen Herrschaft fast
erreicht, ein weiteres Fortschreiten ist für sie kaum mehr
möglich; jede Veränderung der Lage könnte in einen Rückgang
ihrer Vorherrschaft umschlagen. Ihre Politik besteht darin, das
zu halten, was sie erobert haben. Die Maxime ihres Handelns
reduziert sich gegenwärtig auf brutale Gewaltanwendung zur
Unterbindung von Befreiungsbewegungen, welchen Typs auch immer.
Hinter der Parole "wir werden kein zweites Cuba zulassen"
verbirgt sich die Möglichkeit von Aggressionen ohne Eigenrisiko,
wie die gegen Santo Domingo oder vorher das Massaker von Panama,
sowie die eindeutige Warnung, daß die Yankeetruppen bereit
stehen zur Intervention an jedem Punkt Amerikas, wo eine
Veränderung der bestehenden Ordnung ihre Interessen in Gefahr
bringen könnte.
Diese Politik kann fast völlig ungestraft betrieben werden;
die OAS (Organisation Amerikanischer Staaten, d. 0.) ist eine
bequeme Maske, so diskreditiert sie auch sein mag; die UNO ist
von einer ans Lächerliche oder ans Tragische grenzenden
Wirkungslosigkeit; die Armeen aller amerikanischen Länder stehen
bereit, ihre Völker zu zermalmen. De facto hat sich die
Internationale des Verbrechens und des Verrats bereits formiert.
Auf der anderen Seite haben die einheimischen Bourgeoisien
vollkommen die Fähigkeit verloren, dem Imperialismus Paroli zu
bieten - wenn sie dazu überhaupt jemals in der Lage waren - und
bilden lediglich dessen Schlußlicht. Es gibt keine anderen
Alternativen mehr als entweder die sozialistische Revolution zu
machen oder die Karikatur der Revolution.
Asien ist ein Kontinent mit unterschiedlichen
Charakteristika. Die Befreiungskämpfe gegen eine Reihe
europäischer Kolonialmächte führten zur Errichtung mehr oder
weniger fortschrittlicher Regierungen, deren darauffolgende
Entwicklung in einigen Fällen die Vertiefung der ursprünglichen
Ziele der nationalen Befreiung brachte und in anderen Fällen
einen Rückfall auf proimperialistische Positionen.
Wirtschaftlich gesehen hatten die USA in Asien wenig zu
verlieren und viel zu gewinnen. Die Veränderungen dort
begünstigen sie; man kämpft, um andere neokolonialistische
Mächte zu verdrängen und neue wirtschaftliche Einflußsphären
bald direkt, bald unter Zwischenschaltung Japans, zu erobern.
Aber es gibt spezielle politische Bedingungen, vor allem
auf der indochinesischen Halbinsel, die Asien eine
Sonderstellung von überragender Bedeutung verleihen und eine
wichtige Rolle in der globalen Militärstrategie des
nordamerikanischen Imperialismus spielen. Dieser betreibt eine
Einkreisung Chinas durch mindestens Südkorea, Japan, Taiwan,
Südvietnam und Thailand.
Beides: ein so wichtiges strategisches Interesse, wie die
militärische Einkreisung der Volksrepublik China und der Ehrgeiz
seiner Kapitalien, diese noch nicht beherrschten großen Märkte
zu durchdringen, machen aus Asien trotz der scheinbaren
Stabilität außerhalb des vietnamesischen Gebietes eines der
explosivsten Zentren der gegenwärtigen Welt.
Der Vordere Orient, geographisch ein Teil dieses
Kontinents, aber mit eigenen spezifischen Widersprüchen,
befindet sich auf dem Siedepunkt, ohne daß sich vorhersehen
ließe, wohin der kalte Krieg zwischen dem von den Imperialisten
gestützten Israel und den fortschrittlichen Ländern dieses
Gebietes führen wird. Das ist ein weiterer die Weit bedrohender
Vulkan.
Für Afrika ist kennzeichnend, daß es einen fast
jungfräulichen Boden für die neokolonialistische Invasion
bildet. Zwar haben Veränderungen stattgefunden, die in gewissem
Umfang die kolonialistischen Mächte zwangen, ihre alten
Privilegien absoluten Charakters aufzugeben. Wenn aber diese
Entwicklungen ungestört zum Abschluß gebracht werden, so folgt
auf den Kolonialismus gewaltlos ein Neokolonialismus mit
gleichartigen Auswirkungen, was die wirtschaftliche Beherrschung
betrifft. Die Vereinigten Staaten besaßen in diesem Gebiet
keine Kolonien und kämpfen heute darum, in die vormals
eifersüchtig gehüteten Jagdgebiete ihrer Bundesgenossen
einzudringen. Man kann behaupten, daß Afrika in den
statregischen Plänen des nordamerikanischen Imperialismus dessen
langfristige Reserve darstellt: seine gegenwärtigen
Investitionen sind ledigilich in der Südafrikanischen Union
bedeutend, und seine Durcheringung des Kongo, Nigerias und
anderer Länder ist im Beginnen,
woraus eine heftige Konkurrenz (bis jetzt friedlichen
Charakters) mit den anderen imperialistischen Mächten
entspringt. Noch immer hat er keine großen Interessen zu
verteidigen außer seinem Anspruch auf das Rechtt, an jedem Punkt
des Erdballs zu intervenieren, wo seine Monopole hübsche Profite
oder große Rohstoffvorkommen wittern.
Alle diese Tatbestände rechtfertigen die Frage nach den
kurz- oder mittelfristigen Befrelungschancen der Völker. Wenn
wir Afrika analysieren, sehen wir, daß der Kampf mit einiger
Intensität in den portugiesischen Kolonien Guinea, Mozambique
und Angola geführt wird, mit besonderem Erfolg in der ersten und
mit wechselndem Erfolg in den beiden anderen. Wir sehen auch,
daß im Kongo immer noch der Kampf zwischen den Nachfolgern
Lumumbas und den alten Komplizen Tschombes vor sich geht, ein
Kampf, der im gegenwärtigen Augenblick zu Gunsten der letzteren
auszugehen scheint, die einen großen Teil des Landes in ihrem
eigenen Profitinteresse "befriedet" haben, obwohl der Krieg
latent weitergeht.
In Rhodesien stellt sich das Problem anders dar: der
englische Imperialismus benützt alle ihm zur Verfügung stehenden
Mechanismen, um die Macht der weißen Minderheit auszuhändigen,
die sie gegenwärtig inne hat. Der Konflikt ist, vom Standpunkt
Englands aus, absolut kein offizieller, obwohl diese Macht mit
ihrem gewohnten diplomatischen Geschick - auf gut deutsch
Heuchelei genannt - gegenüber den Maßnahmen der Regierung lan
Smith nach außen hin Abscheu zur Schau trägt und in ihrer
schlitzohrigen Haltung von einigen Commonwealthländern
unterstützt, von einem großen Teil der Länder Schwarzafrikas
angegriffen wird, seien es nun fügsame Wirtschaftssatelliten des
britischen lmperialismus oder nicht. Die Lage in Rhodesien kann
im höchsten Grad explosiv werden, falls die von den schwarzen
Patrioten unternommenen Anstrengungen zu einer bewaffneten
Erhebung Gestalt annehmen und diese Bewegung von den
benachbarten afrikanischen Staaten wirksam unterstützt wird.
Vorläufig jedoch werden alle Probleme in so harmlosen
Organisationen wie UNO, Commonwealth oder OAE (Organisation der
Afrikanischen Einheit, d. 0.) erörtert. Jedenfalls läßt die
politische und soziale Entwicklung Afrikas keine revolutionäre
Situation im kontinentalen Maßstab voraussehen. Die
Befreiungskämpfe gegen die Portugiesen müssen zu einem
siegreichen Ende geführt werden, aber Portugal bedeutet nichts
innerhalb des Gesamtkatalogs der lmperialisten. Die
Konfrontationen von revolutionärer Bedeutung sind die, die den
gesamten imperialistischen Apparat in Schach halten; deswegen
hören wir natürlich nicht auf, für die Befreiung der drei
portugiesischen Kolonien und die Vertiefung ihrer Revolutionen
zu kämpfen.
Sobald die schwarzen Massen Südafrikas oder Rhodesiens
ihren eigenen revolutionären Kampf aufnehmen, wird eine neue Ära
für Afrika anbrechen. Oder auch, wenn die verarmten Massen
eines Landes sich daranmachen, ihr Recht auf ein
menschenwürdiges Leben den Händen der regierenden Oligarchien zu
entreißen. Bis jetzt folgen Militärputsche aufeinander, wobei
eine Gruppe von Offizieren eine andere ersetzt oder einen Führer
ablöst, der nicht mehr ihren Kasteninteressen dient oder den
Interessen der Mächte, die insgeheim das Heft in der Hand haben.
Jedoch gibt es keine Umsturzbewegungen, die vom Volk getragen
werden. Im Kongo waren diese Spezifika, durch die Erinnerung an
Lumumba wachgerufen, vorübergehend gegeben, sie haben aber in
den letzten Monaten ihre Wirksamkeit allmählich eingebüßt. In
Asien ist die Lage, wie wir gesehen haben, explosiv, und nicht
nur Viet Nam und Laos, wo gekämpft wird, bilden die
Reibungsstellen. Auch Kambodscha ist eine solche, wo jeden
Moment die unmittelbare nordamerikanische Aggression beginnen
kann; ebenso Thailand, Malaysia und natürlich Indonesien (wir
dürfen nicht glauben, daß dort bereits das letzte Wort
gesprochen sei, trotz der Zerschlagung der Kommunistischen
Partei dieses Landes bei der Machtergreifung der Reaktionäre).
Und selbstverständlich der Vordere Orient.
In Lateinamerika wird mit der Waffe in der Hand gekämpft,
in Guatemala, Kolumbien, Venezuela und Bolivien und in Brasilien
zeigen sich bereits die ersten Ansätze dazu. Es gibt noch
weitere Brennpunkte des Widerstandes, die auftauchen und dann
wider erlöschen. Aber alle Länder dieses Kontinents sind reif
für einen Kampf, der, um siegreich zu enden, sich mit nichts
geringerem begnügen kann als der Errichtung einer Regierung von
sozialistischem Zuschnitt.
Auf diesem Kontinent wird praktisch eine Sprache
gesprochen, abgesehen vom Ausnahmefall Brasilien, mit dessen
Volk die Spanisch Sprechenden sich jedoch wegen der Ähnlichkeit
der beiden Sprachen verständigen können. Die Gleichartikeit der
Klassen dieser Länder ist so groß, daß diese zu einer viel
vollständigeren "international-amerikanischen' Vereinheitlichung
gelangen, als es in anderen Kontinenten der Fall ist. Sprache,
Gebräuche, Religion und der gemeinsam Herr einen sie. Der Grad
und die Formen der Ausbeutung gleichen sich in ihren
Auswirkungen für Ausbeuter und Ausgebeutete in einem Großteil
der Länder unseres Amerika. Und die Rebellion reift in seinem
Schoße immer schneller heran.
Wir können uns fragen: welche Früchte wird diese Rebellion
zeitigen, Welchen Charakter wird sie tragen? Wir haben seit
langem vertreten, 1) daß der Kampf in Amerika wegen seiner
gleichartigen Züge zur gegebenen Zeit kontinentale Ausmaße
annehmen wird. Es wird der Schauplatz vieler großer
Befreiungsschlachten der Menschheit sein.
Gemessen an diesem Kampf von kontinentalem Ausmaß sind die
Kämpfe, die gegenwärtig aktiv geführt werden, nur Episoden.
Aber sie haben schon die Märtyrer hervorgebracht, die in die
amerikanische Geschichte eingehen werden, als diejenigen, die
den notwendigen Blutzoll entrichtet haben in dieser letzten
Etappe des Kampfes für die volle Freiheit des Menschen.
Darunter werden sein die Namen der Partisanenchefs Turcios Lima,
des Pfarrers Camilo Torres, des Partisanenchefs Fabricio Ojeda,
der Partisanenchefs Lobatón und Luis de la Puente Uceda,
herausragender Gestalten innerhalb der revolutionären Bewegungen
in Guatemala, Kolumbien, Venezuela und Peru.
Jedoch die aktive Mobilisierung des Volkes erschafft ihm
neue Führer: Cesar Montes und Yon Sosa tragen das Banner in
Guatemala; Vabio Vázques und Marulanda tun es in Kolumbien;
Douglas Bravo im Westen des Landes und Américo Martin in El
Bachiller leiten die jeweiligen Fronten in Venezuela.
Neue Kriegskeime werden in diesen und anderen
amerikanischen Ländern erwachsen, wie es schon in Bolivien
geschehen ist, und sie werden sich entfalten trotz all der
Wechselfälle, weiche dieses schwierige Handwerk des modernen
Revolutionärs mit sich bringt. Viele werden als Opfer ihrer
Fehler sterben, andere werden in dem heraufziehenden harten
Ringen fallen; neue Kämpfer und neue Führer werden in der Glut
des revolutionären Kampfes erstehen. Das Volk selbst wird seine
Anführer und Kämpfer formen, im Rahmen der Auslese, die der
Krieg selbst darstellt, und die Yankee-Agenten der Repression
werden sich vervielfachen. Heute gibt es Berater in allen
Ländern, wo der bewaffnete Kampf geführt wird, und die
peruanische Armee hat, ebenfalls von den Yankees beraten und
ausgebildet, eine anscheinend erfolgreiche Säuberungsaktion
gegen die Revolutionäre dieses Landes durchgeführt. Aber wenn
die Zentren des Kriegs mit genügend politischem und
militärischem Geschick aufgebaut werden, können sie praktisch
unschlagbar werden und neue Truppenentsendungen der Yankees
notwendig machen.
In Peru selbst reorganisieren neue, wenn auch
nur teilweise bekannte Leute mit zäher Festigkeit den
Guerilla-Kampf. Nach und nach werden sich die veralteten
Waffen, die zum Unschädlichmachen kleiner bewaffnerter Banden
ausreichen, in moderne Waffen und die Beratergruppen in
nordamerikanische Kombattanten verwandeln, bis sie sich eines
Tages gezwungen sehen werden, wachsende Mengen regulärer Truppen
zu entsenden, um die relative Stabilität einer Regierung zu
sichern, deren nationale Marionetten-Armee angesichts der
Guerillagefechte in Auflösung gerät. Das ist der Weg Viet Nams;
das ist der Weg den die Völker einschlagen müssen; das ist der
Weg, den Amerika einschlagen wird mit der speziellen
Besonderheit, daß die bewaffneten Gruppen so etwas wie
Koordinationskomitees bilden können, um dem Yankee-Imperialismus
die Niederschlagungsaufgabe schwerer und es der eigenen Sache
leichter zu machen. Amerika, ein von den jüngsten Kämpfen für
die politische Befreiung nicht erfaßter Kontinent, der durch die
Tricontinentale beginnt, sich mit der Stimme der Avantgarde
seiner Völker, der kubanischen Revolution, Gehör zu verschaffen,
wird eine Aufgabe von viel größerer Bedeutung haben: die
Schaffung eines zweiten, dritten Viet Nam in der Weit.
Schließlich muß man In Rechnung stellen, daß der
Imperialismus als letztes Stadium des Kapitalismus ein
weltumspannendes System ist, und daß er in einer großen
weltweiten Konfrontation geschlagen werden muß. Das
strategische Ziel dieses Kampfes muß die Vernichtung des
Imperialismus sein. Der Beitrag, der uns, den Ausgebeuteten und
Unterentwickelten dieser Weit, zufällt, besteht darin, dem
Imperialismus die Existenzgrundlagen zu entziehen, nämlich
unsere unterdrückten Völker, aus denen sie Kapitalien,
Rohstoffe, Techniker und billige Arbeitskräfte herausholen und
zu denen sie neue Kapitalien - sprich: Beherrschungsmittel -,
Waffen und Waren aller Art exportieren, uns in völlige
Abhängigkeit stürzend.
Der Grundbestandteil dieser strategischen Zielsetzung wird
also die tatsächliche Befreiung der Völker sein; eine Befreiung,
die in der Mehrzahl der Fälle durch den bewaffneten Kampf
erfolgen und in Amerika fast unfehlbar die Eigenschaft besitzen
wird, in eine sozialistische Revolution umzuschlagen.
Wenn man die Vernichtung des Imperialismus ins Auge faßt,
muß man dessen Haupt identifizieren, das von nichts anderem als
den Vereinigten Staaten von Nordamerika gebildet wird. Wir
müssen eine Aufgabe allgemeiner Art verwirklichen, deren
taktisches Ziel darin besteht, den Feind aus seiner Umwelt zu
reißen, indem man ihn zwingt, an Orten zu kämpfen, wo seine
Lebensgewohnheiten mit der Macht der Realität zusammenstoßen.
Der Gegner darf nicht unterschätzt werden; der nordamerikanische
Soldat hat technische Fähigkeiten und wird von Hilfsmitteln
solchen Ausmaßes unterstützt, daß sie ihn fürchtenswert machen.
Was ihm fehlt, ist im Wesentlichen das ideell begründete
Handlungsmotiv, über das seine derzeit erbittertsten Gegner, die
vietnamesischen Soldaten, Im höchsten Grade verfügen. Wir
können über diese Armee nur in dem Maß triumphieren, wie es uns
gelingt, deren Moral zu untergraben. Und diese untergräbt man,
indem man Ihr Niederlagen beibringt und immer wieder Verluste
zufügt.
Aber dieser kurz umrissene Weg zum Sieg schließt Opfer ein,
die schon ab heute ganz offen gefordert werden müssen und die
vielleicht weniger schmerzlich sein werden als die, welche wir
erdulden müßten, wenn wir dauernd dem Kampf auswichen und
verlangten, daß andere für uns die Kastanien aus dem Feuer holen
sollen.
Es ist klar, daß das Land, welches sich als letztes
befreit, dies sehr wahrscheinlich ohne bewaffneten Kampf tun
wird, und daß die Leiden eines langandauernden und mit der
Grausamkeit der Imperialisten geführten Kriegs diesem Volk
erspart bleiben werden. Aber es wird wohl unmöglich sein, in
einer Auseinandersetzung von weitweitem Charakter sich diesem
Kampf und seinen Folgen zu entziehen, und man wird genauso oder
sogar noch mehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Zukunft
können wir nicht vorhersagen, doch niemals dürfen wir der
zwielichtigen Versuchung erliegen, die Bannerträger eines Volkes
sein zu wollen, daß seine Freiheit ersehnt, sich aber vor dem
Kampf, den sie impliziert, drückt und auf die Freiheit wie auf
einen Brosamen wartet, der vom Sieg abfallen soll.
Es ist absolut richtig, jedes unnütze Opfer zu vermeiden.
Deshalb Ist es so wichtig, die effektiven Möglichkeiten
auszumachen, die das abhängige Amerika hat, um sich auf
friedlichem Wege zu befreien. Für uns ist die Lösung dieser
Frage klar; mag der gegenwärtige Augenblick der gegebene sein,
um den Kampf zu beginnen, oder nicht; wir können und dürfen uns
nicht einbilden, die Freiheit erringen zu können, ohne zu
kämpfen. Und die Kämpfe werden keine bloßen Straßenschlachten
mit Steinen gegen Tränengas noch friedliche Generalstreiks sein
und es wird auch nicht der Kampf eines aufgebrachten Volkes
sein, das in zwei oder drei Tagen die Unterdrückungsmaschinerie
der regierenden Oligarchien vernichtet; es wird ein
langandauernder, blutiger Kampf werden, dessen Front verlaufen
wird durch die Schlupfwinkel der Partisanen, durch die Städte,
durch die Häuser der Kämpfer (wo die Unterdrückung bequeme Opfer
unter deren Angehörigen suchen wird), durch die massakrierte
Landbevölkerung, durch die von feindlichen Luftangriffen
zerstörten Dörfer und Städte.
Sie treiben uns zu diesem Kampf; es bleibt kein anderes
Mittel, als ihn vorzubereiten und sich zu entschließen, Ihn
aufzunehmen.
Die Anfänge werden nicht leicht, sondern höchst schwierig
sein. Die ganze Unterdrückungsmacht, die ganze Fähigkeit der
Oligarchien zu Brutalität und Demagogie wird in den Dienst ihrer
Sache gestellt werden. Unsere Aufgabe in der ersten Stunde ist
es zu überleben, dann wird das zeitlose Modell der Guerilla zum
Tragen kommen, indem die bewaffnete Propaganda, in der
vietnamesischen Bedeutung des Wortes, verwirklicht wird, das
heißt, die Propaganda der Schüsse, der Gefechte, die gewonnen
oder verloren, jedenfalls aber den Feinden geliefert werden.
Die große Lehre von der Unbesiegbarkeit der Guerilla, Wurzel
schlagend in den Massen der Besitzlosen. Die elektrisierende
Kraft des nationalen Gedankens, die Vorbereitung auf härtere
Aufgaben, um noch gewaltsameren Repressionsschlägen zu
widerstehen. Der Haß als Faktor des Kampfes; der unnachgiebige
Haß gegenüber dem Feind, der weit über die natürlichen Schranken
eines Menschenwesens hinaustreibt und es in eine wirksame,
gewalttätige, auswählende und kalte Tötungsmaschine verwandelt.
Unsere Soldaten müssen so sein; ein Volk ohne Haß kann nicht
über einen brutalen Feind siegen.
Man muß den Krieg bis dorthin tragen, wohin der Feind ihn
trägt: in sein Haus, in seine Vergnügungsstätten; man muß ihn
zum totalen Krieg machen. Man darf dem Feind keine ruhige
Minute lassen, keine Schnaufpause außerhalb seiner Kasernen und
nicht einmal darinnen; man muß ihn angreifen, wo immer er sich
befinden mag; ihm das Gefühl eines gehetzten Tieres einflößen an
jedem Ort, wo er durchkommt.
Dann wird seine Moral herunterkommen. Er wird immer noch
bestialischer werden, doch man wird die Symptome des sich
abzeichnenden Zusammenbruchs erkennen.
Und es muß sich ein wahrhafter proletarischer
Internationallsmus entwickeln; mit internationalen
proletarischen Armeen, wobei das Banner, unter dem gekämpft
wird, die geheiligte Sache der Erlösung der Menschheit ist,
derart, daß zu fallen unter den Fahnen Viet Nams, Venezuelas,
Guatemalas, Laos, Guineas, Kolumbiens, Boliviens, Brasiliens -
um nur die derzeitigen Schauplätze des bewaffneten Kampfes zu
nennen - gleich ehrenvoll und erstrebenswert sein wird für einen
Amerikaner, einen Asiaten, einen Afrikaner und sogar für einen
Europäer.
Jeder Blutstropfen, der in einem Land vergossen wird, unter
dessen Fahne man nicht geboren wurde, ist eine Erfahrung, die
jeder Oberlebende mitnimmt, um sie später im Kampf für die
Befreiung des eigenen Volkes, die man sich so verdient hat,
anzuwenden.
Es ist die Stunde gekommen, unsere
Meinungsverschiedenheiten zu mäßigen und alles in den Dienst des
Kampfes zu stellen. Daß heftige Kontroversen die für die
Freiheit kämpfende Welt bewegen, das alles wissen wir und können
es nicht verheimlichen. Daß sie einen solchen Charakter und
eine derartige Schärfe angenommen haben, daß der Dialog und die
Aussöhnung äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich
erscheinen, auch das wissen wir. Mittel zur Einleitung eines
Dialogs zu suchen, dem die Streitenden aus dem Wege gehen, ist
vergebliche Mühe. Aber der Feind ist da, schlägt jeden Tag zu
und droht mit neuen Schlägen, und diese Schläge werden uns
einen, heute, morgen oder übermorgen. Die das als erste
begreifen und sich auf diesen notwendigen Zusammenschluß
vorbereiten, werden den Dank der Völker finden.
Angesichts der Giftigkeit und Unnachgiebigkeit, mit der
jede Seite ihren Standpunkt verficht, können wir, die
Besitzlosen, nicht für die eine oder andere Art, die
Meinungsverschiedenheiten auszutragen, Partei ergreifen, selbst
wenn wir manchmal mit gewissen Positionen der einen oder der
anderen Seite, oder mehr mit denen der einen als mit denen der
anderen Seite übereinstimmen. Im Augenblick des Kampfes
bedeutet die Art, in der die derzeitigen Differenzen sichtbar
werden, eine Schwäche; doch sie in dem Stadium, in dem sie sich
befinden, durch Worte bellegen zu wollen, wäre eine Illusion.
Die Geschichte wird sie auslöschen oder zu ihrer wahren Klärung
bringen.
In unserer im Kampf stehenden Welt muß jede
Meinungsverschiedenheit in bezug auf die Taktik, die Methode des
Handelns zur Erreichung begrenzter Ziele, mit dem Respekt
analysiert werden, den die Einschätzungen anderer verdienen.
Hinsichtlich des großen strategischen Ziels, der völligen
Vernichtung des Imperialismus durch den Kampf, müssen wir
unnachgiebig bleiben.
Laßt uns unsere Siegeshoffnungen so zusammenfassen:
Vernichtung des Imperialismus durch Ausschaltung seines
stärksten Bollwerks, der imperialistischen Herrschaft der
Vereinigten Staaten von Nordamerika. Als taktische Funktion,
die Übernahme der schrittweisen Befreiung der Völker,
nacheinander oder in Gruppen, wobei man den Feind in einen
schwierigen Kampf außerhalb seines Territoriums hineinzieht, ihn
seiner Existenzgrundlagen, nämlich seiner abhängigen Gebiete,
beraubt.
Das bedeutet einen langwierigen Krieg. Und, wiederholen
wir es noch einmal, einen grausamen Krieg. Niemand gebe sich
Täuschungen hin, wenn er dabei ist, ihn auszulösen, und niemand
zögere, ihn auszulösen, aus Furcht vor den Auswirkungen, die er
für sein Volk nach sich ziehen kann. Das ist beinahe die
einzige Siegeschance.
Wir können dem Ruf der Stunde nicht ausweichen. Das zeigt
uns Viet Nam mit seiner ständigen heroischen Lehre, seiner
tragischen täglichen Lehre vom Kampf und Tod für die Erringung
des Endsieges. Dort lernen die Soldaten des Imperialismus die
Beschwernisse dessen kennen, der, an den von der
nordamerikanischen Nation zur Schau getragenen Lebensstandard
gewöhnt, sich nun auf einer feindlichen Erde behaupten muß; die
Unsicherheit dessen, der sich nicht rühren kann, ohne zu spüren,
daß er gegnerisches Terrain betritt; den Tod derjenigen, die
sich von den befestigten Stützpunkten weiter fort wagen; die
ständige Feindseligkeit der ganzen Bevölkerung. All das ruft
nach und nach eine Rückwirkung im Innern der USA hervor, läßt
einen Faktor hervortreten, den der in voller Blüte stehende
Imperialismus abgeschwächt hatte, den Klassenkampf auch
innerhalb seines eigenen Territoriums.
Wie licht und nah würde sich uns die Zukunft darbieten,
wenn zwei, drei, viele Viet Nam auf der Erdoberfläche zu Tage
träten, mit ihrem Blutzoll und ihren ungeheuerlichen Tragödien,
mit ihrem täglichen Heldentum, mit ihren unablässigen Schlägen
gegen den Imperialismus, mit dem damit verbundenen Zwang für
diesen, seine Kräfte unter dem Ansturm des wachsenden Hasses der
Völker der Weit zu zersplittern!
Und wenn wir alle es fertigbrächten, uns zu einen, damit
unsere Schläge kräftiger und sicherer würden, damit die Hilfe
jeglicher Art für die kämpfenden Völker wirkungsvoller würde,
wie groß wäre dann die Zukunft und wie greifbar!
Sollte es uns, die wir an einem kleinen Punkt des Globus
die Pflicht erfüllen, zu der wir aufrufen, und das wenige, was
wir geben können, dem Kampf zur Verfügung stellen: Unser Leben,
unsere Aufopferung sollte es uns an einem dieser Tage bestimmt
sein, den letzten Atemzug zu tun auf einer Erde, die schon die
unsrige ist, von unserem Blut getränkt; so möge man wissen, daß
wir die Tragweite unserer Taten wohl ermessen und daß wir uns
nicht für mehr halten als für Bestandteile der großen
proletarischen Armee, jedoch stolz darauf sind, von der
cubanischen Revolution und von ihrem großen obersten Führer die
große Lehre, die von seiner Haltung diesem Teil der Weit
gegenüber ausgeht, gelernt zu haben: "Was bedeuten die Gefahren
oder Opfer eines Menschen oder eines Volkes, wenn das Schicksal
der Menschheit auf dem Spiel steht".
Jede unserer Taten ist ein Kriegsruf gegen den
Imperialismus und ein Appell zur Einsicht der Völker gegen den
großen Feind des Menschengeschlechts: die Vereinigten Staaten
von Nordamerika. Wo immer uns der Tod antrifft, er sei
willkommen, wenn nur unser Kriegsruf ein aufnahmebereites Ohr
getroffen hat und eine andere Hand sich ausstreckt, um unsere
Waffen zu ergreifen, und andere Menschen sich daranmachen, die
Trauermusik zu intonieren mit Maschinengewehrgeknatter und neuen
Kriegs- und Siegesrufen.
"Che"
Quelle: trikont aktuell, München Juni 1967, S. 9
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