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Beiträge zur Geschichte  









Bismarcks Innen- und Außenpolitik (1871 - 1890)

Bismarcks Innenpolitik

Bismarck geriet aus innen- und außenpolitischen Gründen in Gegensatz zum katholischen Klerikalismus. Mit der Zentrumsfraktion im Reichstag unter Führung des ehemaligen hannoveranischen Ministers Windthorst, verbanden sich andere partikularistische Gruppen, der Dänen, der Hannoveraner (Welfen), der Polen und später der Elsässer. Die Zentrumspartei bewies schon im Frühjahr 1871 ihre Gegnerschaft zur Politik Bismarcks, indem sie die Adresse des Reichstages zur Thronrede ablehnte, wegen des ausgesprochenen Grundsatzes der Nichtintervention des Deutschen Reiches in die Angelegenheit anderer Länder, um die Möglichkeit offen zu lassen, zugunsten der Wiederherstellung des Kirchenstaates aufzutreten. Gegen eine politische Haltung, die ihre letzten Ziele ultramontan (lateinisch: ultra montes), d.h. jenseits der Berge, im Vatikan, realisiert sah, wurde das Schlagwort Ultramontanismus gang und gäbe.

Der Kulturkampf

Der Ausdruck Kulturkampf wurde von einem der namhaftesten Vertreter des Liberalismus, dem Pathologen Virchow, geprägt und steht seither als Begriff für die Auseinandersetzung, die Bismarck Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit dem politischen Klerikalismus in Deutschland führte.

Am 11. März 1872 wurde in Preußen ein Schulaufsichtsgesetz erlassen, das die geistliche Orts- und Kreisschulaufsicht beseitigte und alle öffentlichen und privaten Unterrichtsanstalten der Aufsicht des Staates unterstellte. Wegen dieses Gesetzes kam es zum offenen Bruch zwischen Bismarck und den orthodox-protestantisch gesinnten Konservativen. Der Kampf, den Bismarck gegen die katholische Kirche und das Zentrum führte verschärfte sich, als Papst Pius IX. im Mai 1872 der Ernennung des Kardinals Hohenlohe, eines Jesuitengegners, zum deutschen Botschafter am Vatikan nicht zustimmte. Daraufhin verzichtete die Regierung auf eine weitere Besetzung des Postens und am 19. Juni 1872 nahm der Reichstag ein Ausnahmegesetz gegen die Jesuiten an. Binnen sechs Monaten mußten die deutschen Niederlassungen der Jesuiten und der ihnen verwandten Orden aufgelöst werden; die ausländischen Mitglieder wurden ausgewiesen, während den deutschen Mitgliedern bestimmte Aufenthaltsorte verboten bzw. ihnen Aufenthaltsorte zugewiesen werden konnten.

Die vom 11. - 14. Mai erlassenen vier Gesetze enthalten u.a. folgende Bestimmungen: Die Ausübung eines geistlichen Amtes wird von der Staatsangehörigkeit und einem dreijährigen Studium an einer deutschen Universität abhängig gemacht. Außerdem mußten sich die künftigen Geistlichen einem vorgeschriebenen Kulturexamen in Philosophie, deutscher Literatur und Geschichte unterziehen. Priesterseminare werden unter staatliche Aufsicht gestellt und Geistliche dürfen erst nach einer Anzeige bei den Staatsbehörden angestellt werden, die ihrerseits gegen die Anstellung Einspruch erheben konnten.

Der Widerstand der katholischen Kirche und der Stimmenzuwachs des Zentrums bei den preußischen Landtagswahlen 1873 und bei den Reichstagswahlen 1874 veranlaßten die Regierung, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Im März 1874 trat in Preußen das Gesetz über die obligatorische Zivilehe in Kraft, das ein Jahr später auf das ganze Reich ausgedehnt wurde. Geistliche, die sich den staatlichen Vorschriften widersetzten, konnten des Landes verwiesen werden; staatliche Behörden übernahmen die Vermögensverwaltung unbesetzter Bistümer. Als auch diese Maßnahmen erfolglos blieben und Pius IX. im Februar 1875 die Maigesetze für ungültig erklärte, griff die Regierung zu schärferen Mitteln, indem sie 1875 durch das Sperrgesetz die staatlichen Zuwendungen an die katholische Kirche einstellte. Ferner mußten alle Orden und ihnen verwandten Kongregationen, mit Ausnahme der reinen Krankenpflegeorden, ihre Niederlassungen in Preußen auflösen.

Aufgrund der Strafgesetze waren 1876 alle preußischen Bischöfe verhaftet oder ausgewiesen und fast ein Viertel aller Pfarreien unbesetzt. Damit waren die Mittel Bismarcks erschöpft. Sein Ziel, die katholisch-partikularistische Opposition zu bändigen, erreichte er nicht. Der Ruf der Schwerindustrie und des Großgrundbesitzes nach Schutzzöllen, die mit der Mehrheit der Nationalliberalen nicht zu machen waren, leitete eine Umgruppierung der Kräfte ein, die schließlich den Kulturkampf beendeten und Bismarck zum Bündnis mit dem Zentrum zwang.

Grundzüge Bismarckscher Außenpolitik

Die Bismarcksche Außenpolitik von 1871 - 1890 war durch zwei Grundzüge gekennzeichnet: die Grenzen bzw.. den staatlichen Charakter des geschaffenen Reiches zu erhalten und monarchische Solidarität zwischen den Kaiserreichen Rußland, Österreich-Ungarn und Deutschland herzustellen.

Es gab 1871 keine europäische Macht, die bereit war, Deutschland den Besitzstand von Elsaß-Lothringen zu garantieren. Im Streben nach der Erhaltung des Status quo stellte Bismarck Frankreich als ständigen Gegner Deutschlands in Rechnung. Dort konnte man sich mit dem Verlust von Elsaß-Lothringen nicht abfinden. (Nie davon sprechen immer daran denken.) Die Revision des Frankfurter Friedensvertrages, bildete deshalb das vordringliche Ziel französischer Politik nach 1871. Bismarck war nicht nur an einer solchen gesellschaftlichen und staatlichen Verfassung Frankreichs interessiert, daß es als Bündnispartner für Rußland nicht so leicht in Frage käme, sondern er wollte zwischen den Kaisermächten eine feste monarchische Solidarität realisieren. Es galt vor allem die Gegensätze zwischen Rußland und Österreich-Ungarn, die auf dem Balkan immer wieder aufbrachen, einzudämmen. Eine Fortsetzung der deutschen Eroberungspolitik und jede weitere Schwächung Frankreichs war nach 1871 ohne Gefahr einer Intervention der europäischen Mächte nicht denkbar. Bismarck trug diesen Realitäten im wesentlichen Rechnung. Er schrieb 1877, ihm schwebe "nicht irgendein Ländererwerb" sondern eine Gesamtsituation vor, "in welcher alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander nach Möglichkeit abgehalten werden."

Bereits während des deutsch-französischen Krieges leitete Bismarck die gleichzeitige Annäherung an Rußland und Österreich ein.

Vom 9. bis 11. September 1872 kam es zur Dreikaiserzusammenkunft. Bereits im folgenden Jahr unterzeichnete Alexander II. und Franz Joseph am 6. Juni 1873 eine Übereinkunft, die sich durch den Beitritt Wilhelm I. vom 23.10.1873 zum Dreikaiserabkommen erweiterte. In allgemeinen Formulierungen verpflichteten sich die Monarchen zur Zusammenarbeit bei der "Aufrechterhaltung des europäischen Friedens gegen alle Erschütterungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen", und versprechen im Falle eines Angriffs durch andere Mächte "ohne Aufsuchung oder Abschluß neuer Bündnisse, sich zunächst untereinander zu verständigen, um sich so über eine gemeinsam zu verfolgende Linie zu einigen. Bismarck hatte 1873 eine in gewissem Maße vertraglich gesicherte zeitweilige Isolierung Frankreichs erreicht.

Orientkrise und Berliner Kongreß

Die orientalische Frage, die in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre in ein neues Stadium trat, umfaßte den unaufhaltsamen Zersetzungsprozeß des osmanischen Reiches. Den Auftakt gaben im Juli 1875 die Aufstände der slawischen Bevölkerung in der osmanischen Provinz Herzegowina. Die Unruhen griffen auf Bosnien über. Im Mai 1876 brachen in Bulgarien Aufstände gegen die türkische Regierung aus, die niedergeschlagen wurden. Die Lage verschärfte sich, als Serbien und Montenegro eine bewaffnete Intervention zugunsten der Aufständischen begannen und am 2.7.1876 der Türkei den Krieg erklärten. Es kam zu ernsten Spannungen zwischen Österreich und Rußland und Rußland und England. Österreich befürchtete ein Übergreifen der Unruhen auf die slawischen Völker des Habsburger Nationalitätenstaates. Die österreichische Regierung war deshalb gegen das Entstehen neuer selbständiger Balkanstaaten und für den Fortbestand des osmanischen Reiches. Der österreichische Außenminister Andrassy legte ein Reformprogramm vor, um die Unruhen zu lokalisieren und die Position des Sultans zu festigen. Rußland strebte nach der Beherrschung des Bosporus und der Dardanellen. Hier mußten die englischen Expasionsbestrebungen mit der russischen Politik hart aufeinanderprallen.

Deutschland hatte auf dem Balkan keine eigenen Interessen, die die "gesunden Knochen eines einzigen pommerischen Musketiers wert wären", wie Bismarck im Reichstag erklärte. Bismarck verhielt sich neutral. Er lehnte sowohl eine dauernde Schwächung Österreichs wie eine dauernde Schädigung Rußlands ab. In der Budapester Konvention vom 15. Januar 1877 verständigten sich Rußland und Österreich. Österreich versprach Rußland bei einem Krieg gegen die Türkei eine wohlwollende, neutrale Haltung und sicherte sich, im Falle eines russischen Sieges, das Recht, Bosnien und die Herzegowina zu besetzen. Rußlands Gebietsansprüche konzentrierten sich auf Bessarabien. (Grenzen von 1856) Beide Mächte stimmten darin überein, daß bei einem Zusammenbruch der türkischen Herrschaft auf dem Balkan Bulgarien, Albanien und der Rest Rumäniens unabhängige Staaten werden, die Schaffung eines slawischen Großstaates aber ausgeschlossen bleiben sollte.

Im Vertrauen auf die Unterstützung Englands, das die Pforte insgeheim zu besonderer Unnachgiebigkeit gegenüber Rußland ermunterte, weigerte sich die Türkei, auf Waffenstillstandsangebote und Reformvorschläge einzugehen. Die russische Regierung entschloß sich deshalb am 24. April 1877, an der Seite des schwer bedrängten Serbien in den Krieg gegen die Türkei einzugreifen. Obwohl die Truppen des Zaren anfangs große Schwierigkeiten hatten, war im Herbst 1877 an einem russischen Erfolg nicht mehr zu zweifeln.

Am 3. März 1878 diktierten die russischen Unterhändler den Türken die harten Bedingungen des Friedens von San Stefano. Montenegro, Serbien und Rumänien erhielten die volle Unabhängigkeit und einzelne Gebietserweiterungen. Das wichtigste Ergebnis war die Schaffung eines großen, von der Donau bis zum Ägäischen Meer reichenden bulgarischen Staates, der unter einem vom Zaren abhängigen Fürsten die russische Einflußsphäre auf dem Balkan beträchtlich stärken mußte. Das ging weit über das mit Österreich Vereinbarte hinaus und widersprach den englischen Orientinteressen. Weder London noch Wien waren gewillt, die Errichtung der russischen Alleinherrschaft auf dem Balkan widerspruchslos hinzunehmen. Für den europäischen Frieden ergab sich eine gefährliche Situation. Noch ehe russische Truppen Konstantinopel besetzen konnten, war am 13. Februar eine englische Flotte ins Marmarameer eingelaufen. Russische und englische Streitkräfte standen sich unmittelbar gegenüber. Den Frieden konnte nur eine internationale Konferenz retten. Bismarck entschloß sich einen Vermittlungsschritt anzubieten. In einer stark beachteten Reichstagsrede vom 19. Februar 1878 hatte Bismarck zwar abgelehnt, "Schiedsrichter" oder "Schulmeister" in Europa sein zu wollen, sich aber bereit erklärt, die Rolle "eines ehrlichen Maklers, der das Geschäft zustande bringen will", zu übernehmen.

Der Berliner Kongreß, der vom 13. Juni bis 13. Juli 1878 unter Vorsitz des deutschen Reichskanzlers tagte, war der äußere Höhepunkt der internationalen Stellung des deutschen Reiches in den 70er Jahren. Die Delegationen der vollberechtigten Teilnehmer von Rußland, England, Österreich-Ungarn, Deutschland, Frankreich, Italien und der Türkei wurden, mit Ausnahme der Türkei, durch die Ministerpräsidenten oder Außenminister geleitet. Die Vertreter der Balkanstaaten, deren nationale Anliegen im wesentlichen betroffen waren, galten nicht als vollberechtigte Kongreßmitglieder.

Bulgarien wurde entgegen den Bestimmungen von San Stefano auf das Gebiet zwischen Donau und Balkangebirge einschließlich Sofia verkleinert und als ein dem Sultan tributpflichtiges Fürstentum konstituiert. Serbien, Montenegro und Rumänien blieben unabhängig. Rußland bekam Bessarabien, England die Insel Zypern, Österreich das Recht, Bosnien und Herzegowina zu besetzen und zu verwalten. In der Meerengenfrage wurde entsprechend den Konventionen von 1841 und 1871 entschieden, Bosporus und Dardanellen für alle Kriegsschiffe geschlossen zu halten.

Der Ausbau des Bismarckschen Bündnissystems

1879 begann Bismarck mit dem Aufbau eines umfassenden Bündnissystems, der sich über mehrere Etappen bis zur Mitte der 80er Jahre hinzog. Unmittelbar nach Abschluß des Berliner Kongresses verschlechterten sich die deutsch-russischen Beziehungen spürbar. Das Dreikaiserabkommen war am Zusammenbrechen. Mehr noch als die Verstimmung auf diplomatischem Gebiet störte die deutsch-russischen Beziehungen die im Jahre 1879 im Deutschen Reichstag beschlossenen Schutzzollgesetze. Ende August 1879 führte Bismarck in Gastein mit Andrassy eine Unterredung über die Möglichkeit eines engeren deutsch-österreichischen Bündnisses.

Am 9. Oktober 1879 wurde in Wien der deutsch-österreichische Bündnisvertrag unterschrieben. Beide Mächte verpflichteten sich auf vorläufig fünf Jahre zu militärischem Beistand, falls eine von ihnen angegriffen werde. Beim Angriff auf eine andere Macht, waren die Partner zu wohlwollender Neutralität verpflichtet; unterstützte Rußland diesen Angreifer, sahen die Abmachungen wieder militärischen Beistand vor.

Der Zweibund, der bis zum 1. Weltkrieg bestand und die Grundlage der Außenpolitik des Deutschen Reiches bildete, war aber nicht als alleiniges Instrument gedacht, sondern sollte Ausgangspunkt eines weiter auszubauenden Bündnissystems sein. Bismarck wollte Rußland zur Annäherung bewegen und das Dreikaisereinvernehmen in seiner Außenpolitik wiederherstellen. Die Voraussetzung war günstig, da Rußland nach dem Berliner Kongreß sich in einer internationalen Isolierung befand.

Dreikaiserbündnis

Am 18. Juni 1881 kamen die Verhandlungen mit der Unterzeichnung des Dreikaiserbündnisses zum Abschluß. Der Vertrag verpflichtete, bei dreijähriger Dauer, Deutschland, Österreich-Ungarn und Rußland zu wohlwollender Neutralität, wenn einer der Vertragspartner in einem Krieg mit einer vierten Großmacht verwickelt wäre. Im Unterschied zum Dreikaiserabkommen, der ein bloßer Konsultativpakt war, war der Dreikaiservertrag ein dreiseitiger Neutralitätsvertrag.

Dreikaiservertrag

Am 20. Mai 1882 setzte Bismarck in Wien den Abschluß des Dreibundvertrages zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien durch. Damit war die Isolierung Frankreichs weiter ausgebaut. Die Dreibundpartner versprachen, keine gegeneinander gerichteten Bündnisse einzugehen, und vereinbarten eine Unterstützung in allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Fragen. Deutschland und Österreich verpflichteten sich, zu militärischer Unterstützung Italiens gegen einen französischen Angriff, und Italien versprach Deutschland ebenfalls Unterstützung bei einem französischen Überfall. Bei gleichzeitigen Angriff von zwei Großmächten auf einen Vertragspartner waren alle Dreibundmächte zu militärischem Beistand verpflichtet, bei Angriffskriegen einer Dreibundmacht gegen andere Staaten - gemeint war Rußland - verpflichteten sich die Partner zu wohlwollender Neutralität.

Weiterer Ausbau des Vertragssystems

Im Winter 1886/87 verhandelte Bismarck mit allen maßgeblichen Regierungen Europas. Er arbeitete fieberhaft an der Erneuerung der alten und der Bildung neuer Koalitionen, um Rußland an Deutschland zu binden und Frankreich weiter zu isolieren. Er verstand es meisterhaft die Widersprüche zwischen den einzelnen europäischen Mächten für die Ziele seiner Politik auszunutzen. Er erreichte am 20. Februar 1887 die Verlängerung des Dreibundes. Die schwierige Situation faßte Bismarck folgendermaßen zusammen: "Wir wünschen mit Rußland, Österreich wünscht mit Frankreich nicht zu fechten, weil wir unsere Truppen gegen Frankreich brauchen, Österreich seine gegen Rußland braucht, wir entsprechen Österreichs Wünschen gegen den Osten nicht, Österreich wünscht die Pflicht los zu sein, uns gegen Westen zu helfen."

Es wurden noch zwei geheime Zusatzprotokolle beschlossen:

1. Ein österreichisch-italienisches Abkommen sah das gemeinsame Eintreten für den status quo auf dem Balkan vor.

2. Ein deutsch-italienisches Abkommen garantierte Italien die Mitwirkung Deutschlands in einem italienisch-französischen Krieg bei einer Auseinandersetzung im nordafrikanischem Raum.

Die Mittelmeer Entente

Am 12. Februar 1887 erfolgte zwischen Rom und London (von Bismarck inspiriert) ein Notenaustausch, in dem beide Kabinette versicherten, sich gegen Angriffe dritter im Mittelmeer unterstützen zu wollen und gemeinsam im Mittelmeer sich für den status quo einzusetzen. Am 13. März 1887 tritt Wien durch Notenaustausch mit der englischen Regierung bei und erklärt ihr übereinstimmendes Interesse, den status quo im Orient aufrechtzuerhalten. Am 4. Mai 1887 tritt Spanien bei.

Der Rückversicherungsvertrag mit Rußland

Bismarcks Ziel war die Krönung des vielschichtigen Bündnissystems durch vertragliche Sicherung der Ostgrenzen des Deutschen Reiches. Durch verschiedene Manöver Bismarcks war Rußland im April 1887 zu zweiseitigen Verhandlungen bereit. Die Verhandlungen waren schwierig. Rußland wollte erreichen, daß für ein Neutralitätsversprechen in einem deutsch-französischen Konflikt Bismarck seinerseits durch strenge Neutralität in einem österreichisch-russischen Konflikt die Habsburger Monarchie faktisch an Rußland ausliefere. Bismarck war zu weitgehenden Konzessionen auf dem Balkan bereit, Österreich-Ungarn aber konnte und wollte er nicht preisgeben. Am 18. Juni wurde der Vertrag unterzeichnet, bei einer Vertragsdauer von drei Jahren. Der erste Artikel, um den es den härtesten Kampf gegeben hatte, lautete folgendermaßen: "Für den Fall, daß eine der hohen vertragschließenden Parteien sich mit einer dritten Großmacht im Kriege befinden sollte, wird die andere eine wohlwollende Neutralität bewahren und ihre Sorge darauf richten, den Streit örtlich zu begrenzen. Diese Bestimmung soll auf einen Krieg gegen Österreich oder Frankreich keine Anwendung finden, falls dieser Krieg durch einen Angriff einer der hohen vertragschließenden Parteien gegen eine dieser beiden Mächte hervorgerufen ist."

Der Rückversicherungsvertrag war das letzte bündnisähnliche Abkommen, das Bismarck abschloß. Es wurde nach seiner Entlassung 1890 von seinem Nachfolger Caprivi nicht mehr verlängert. Deutschland nahm Kurs auf eine imperiale Weltpolitik, die schließlich zum 1. Weltkrieg führte.



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