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  Politik   

 


2001-11-16

Bundestagsdebatte über Einsätze deutscher Streitkräfte außerhalb des NATO-Gebietes in Verbindung mit der Vertrauensfrage des Bundeskanzlers nach Art. 68 des Grundgesetzes

Friedrich Merz (CDU):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Zum vierten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stellt heute ein Bundeskanzler die Vertrauensfrage nach Art. 68 unseres Grundgesetzes. Zweimal wurden mit der Vertrauensfrage vorgezogene Neuwahlen gezielt herbeigeführt. Nur einmal, nämlich im Februar 1982, wollte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt

(Klaus Lennartz [SPD]: Sehr guter Mann!)


das Vertrauen in seine Regierung wirklich bestätigt wissen. Helmut Schmidt hat die Abstimmung damals gewonnen. Trotzdem war seine Regierung wenige Monate später am Ende.

Ganz gleich, wie die heutige Abstimmung ausgeht: Der heutige Tag ist der Anfang vom Ende der Regierung Gerhard Schröder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Gernot Erler [SPD]: Langes Ende!)


Herr Bundeskanzler, seit dem 11. September dieses Jahres haben wir in diesem Haus - bis auf die Fraktion der PDS - in großer Gemeinsamkeit immer wieder festgestellt, dass es angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus auch für unser Land darum geht, dieser Bedrohung unserer Freiheit entschieden entgegenzutreten.

Sie waren es, der seit seiner Regierungserklärung bereits am Tag nach den Terrorakten in Amerika immer und immer wieder die Notwendigkeit der uneingeschränkten Solidarität mit unseren amerikanischen Freunden betont und auch wirksame Maßnahmen für die Sicherheit des eigenen Landes gefordert hat.

Wir haben Sie dabei, Herr Bundeskanzler, von Anfang an unterstützt. Sie konnten sich in dieser Ihrer Politik von Anfang an auf uns, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, verlassen. Seit unserer Begegnung im Bundeskanzleramt am Tag der Anschläge selbst wussten Sie, dass die Union jeden innenpolitischen Streit zurückzustellen bereit ist, um Ihre Regierung zu stützen und vor allem, um breite parlamentarische Mehrheiten für die von Ihnen völlig zu Recht ein geforderte Solidarität mit Amerika zu ermöglichen.

Spätestens seit Mitte Oktober war klar, dass sich diese Solidarität nicht in Worten und Beileidsbekundungen erschöpfen würde. Eigentlich war von Anfang an klar, dass es gegen die, die für die Terrorakte verantwortlich sind, und die, die Terroristen schützen, ihnen Unterschlupf gewähren sowie Geld und Infrastruktur zur Verfügung stellen, harte Konsequenzen zu ziehen gilt. Jetzt ist es so weit, zu seinen Worten zu stehen. Aber jetzt steht diese Regierung am Abgrund; jetzt, da Sie handeln müssen, stürzt Ihre Regierung in eine tiefe Krise.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der SPD: Warten Sie doch mal ab!)


Herr Bundeskanzler, Sie stürzen in diese Krise, weil Sie den Mund zu voll genommen haben, weil Sie die Lage in Ihrer eigenen Fraktion und Ihrer eigenen Partei falsch eingeschätzt haben, weil jetzt sämtliche antiamerikanischen Reflexe in Ihrer Partei und bei den Grünen wieder hochkommen


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So ist es!)


und weil Sie in Ihrer Partei die Grundfragen zur Wehrhaftigkeit der Demokratie in unserem Land nie richtig geklärt haben. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie reden heute über Bündnisfähigkeit, internationale Politikfähigkeit und die Notwendigkeit der Verlässlichkeit Ihrer Regierung auch und gerade im Bündnis der NATO und mit den Amerikanern. Dies steht nicht im Zweifel, weil Sie hier im Haus nicht die notwendige parlamentarische Basis finden, sondern weil Sie in Ihren eigenen Reihen diese Zweifel nicht ausräumen konnten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will Ihnen, damit die Ausgangslage klar ist, zu Beginn der Aussprache über Ihren Antrag noch einmal ohne Wenn und Aber unsere Position verdeutlichen: Wir stehen zu der Notwendigkeit, die in dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 7. November genannten Teile der Bundeswehr im Kampf gegen den Terrorismus einzusetzen. Wir haben uns diese Entscheidung, wie alle anderen vorangegangenen Entscheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr auch, wahrlich nicht leicht gemacht. Auch in meiner Fraktion wurde abgewogen. Niemand von uns tut sich leicht, Soldaten in einen solchen Einsatz zu schicken. Wir wissen, dass sich die Soldaten, aber auch und besonders ihre Familien, Ehepartner, Freunde, Eltern und viele Großeltern, die ganz andere Erinnerungen haben als meine Generation, große Sorgen machen. Wir nehmen diese außerordentlich ernst. Auch wir wägen dies ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nach sorgfältigster Abwägung kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Solidarität mit Amerika nicht vom sicheren Erfolg abhängig gemacht werden darf. Es gibt begründete Aussicht auf Erfolg. Die Solidarität mit Amerika und das eigene, nationale Interesse unseres Landes gebieten auch zu unserer eigenen Sicherheit den Einsatz der Streitkräfte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Bundeskanzler, die Entwicklung der letzten Tage - Sie haben darauf hin gewiesen - bestätigt uns in dieser Einschätzung.

Zur Wahrheit gehört auch, dass die deutschen Mitarbeiter von Shelter Now gestern nicht freigelassen worden wären, wenn die Amerikaner nicht bereit gewesen wären, etwas zu tun, wozu sich diese Bundesregierung offenkundig außerstande sieht. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Schäbig! - Weitere Zurufe von der SPD)


Wir hätten Ihrem Antrag zugestimmt. In der Sache sind wir uns immer noch einig. Wir sind uns sogar einig, obwohl die Zustimmung des Bundestages der Bundesregierung einen ungewöhnlich großen Handlungsspielraum eröffnen würde.

Ich will in diesem Zusammenhang auf einen Sachverhalt aufmerksam machen, der bisher in der Debatte vielleicht zu wenig Beachtung gefunden hat: Der Beschluss, den wir heute treffen - den Sie treffen wollen und mit der Vertrauensfrage verbunden haben -, wird eine Laufzeit von 12 Monaten haben. Es wird für den Bundestag keine Möglichkeit geben, den Beschluss zu ändern oder rückgängig zu machen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Keine Ahnung! - Ilse Janz [SPD]: Der Bundestag kann das zu jeder Zeit! - Weitere anhaltende Zurufe von der SPD)


- Entschuldigung, aber das ist die Verfassungslage. Genau über diesen Sachverhalt haben wir ausdrücklich mit Ihnen diskutiert.

Sie können die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die die Ausgangssituation für das, was wir heute tun müssen, beschreibt, kritisch hinterfragen. Aber heute ist nicht der Tag, das zu tun. Ich will Sie auf folgenden Sachverhalt aufmerksam machen: Wenn der Bundestag heute vor die Notwendigkeit gestellt wäre, den Verteidigungsfall festzustellen - ich sage ausdrücklich: wir sind es nicht -, dann hätte der Bundestag nach dem Grundgesetz jederzeit die Möglichkeit, einen solchen Beschluss auch wieder rückgängig zu machen. Mit dem, was Sie heute beschließen, geht das aufgrund einer Verfassungslage, die man durchaus kritisch hinterfragen kann, nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Dr. Peter Struck [SPD]: Völlig falsch! - Weiterer Zuruf von der SPD: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)


Deshalb, Herr Bundeskanzler, haben wir Sie gefragt, ob Sie bereit wären, dem Parlament, nach dem Vorbild des Kosovo-Mandats, etwa nach einem halben Jahr eine erneute konstitutive Befassung zu ermöglichen. Das Parlament hätte dann auf die Entscheidung Einfluss gehabt und wir hätten das Mandat nach einer relativ kurzen Zeit überprüfen und fortsetzen können. Dies haben Sie abgelehnt.

Sie hätten uns damit die Entscheidung nicht leichter gemacht. Trotzdem haben die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion in den beratenden Ausschüssen des Deutschen Bundestages dem Antrag, der bei der Beratung im Ausschuss noch nicht mit der Vertrauensfrage verbunden war, zugestimmt. Trotz alledem: Wir hätten heute auch hier Ja gesagt. Sie hätten dann den Einsatz der Bundeswehr erneut auf ein breites parlamentarisches Fundament stellen können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Unsere Soldaten hätten die Gewissheit haben können, erneut von einem großen Konsens im Deutschen Bundestag getragen zu werden. Das hätten nicht zuletzt die Soldaten und die Bundeswehr insgesamt, die von Ihnen in den letz ten drei Jahren schäbig behandelt worden ist, wahrlich verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Stattdessen haben Sie am vergangenen Montag abrupt den Kurs geändert. Sie haben offensichtlich aus der Fraktion der SPD, deren Parteivorsitzender Sie sind, eine noch größere Zahl von Neinstimmen fürchten müssen als bei der Entscheidung über den Einsatz in Mazedonien. Sie haben offensichtlich festgestellt, dass Ihre Regierung in große Schwierigkeiten gerät, wenn Ihnen zum zweiten Mal in kurzer Zeit in einer wichtigen Frage die Mehrheit im Parlament nur durch die Opposition gesichert ist. Bis Sonntag war das alles kein Problem. Am Montag haben Sie dann Ihre Meinung geändert und schließlich am Dienstag zum letzten Disziplinierungsmittel gegriffen, das einem Bundeskanzler zur Verfügung steht, nämlich der Vertrauensfrage.

Damit wird die Sachfrage, in der wir uns einig waren, mit einer rein parteipolitischen Frage verbunden, nämlich der, ob Ihnen und Ihrer Politik nach drei Jahren im Amt die Abgeordneten Ihrer eigenen Fraktion noch folgen. Ein Bundeskanzler, der so handelt, ja, der so handeln muss, führt keine kraftvolle Regierung mehr an.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der FDP)


"Wie einst Helmut Schmidt", so schrieb die "FAZ" gestern, "ist Schröder jetzt ein Kanzler ohne Unterleib".


(Lachen bei der SPD)


Herr Bundeskanzler, nicht wir sind es, die die Gemeinsamkeit in der Sache auf kündigen. Sie haben mit dieser Vorgehensweise klargestellt, dass Sie unsere Zustimmung nicht mehr wollen. Sie haben damit die eigentlich notwendige, gemeinsame Entscheidung für den Bundeswehreinsatz leichtfertig aufs Spiel gesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie den notwendigen Einsatz der Bundeswehr mit der Vertrauensfrage für Ihre Politik insgesamt verbinden - genau dies ist die Verbindung, die Sie herstellen -, dann wissen Sie, dass Sie unsere Zustimmung dafür nicht bekommen. Sie vereiteln mit diesem Vorgehen einen möglichen und in der Sache notwendigen Konsens in diesem Haus, da es in Ihrer Hand liegt, eine getrennte Abstimmung über beide Fragen vorzunehmen.

Herr Bundeskanzler, als gelehriger Schüler von Hans Hugo Klein,


(Dr. Peter Struck [SPD]: Von dem hätten Sie etwas lernen können!)


als der Sie sich gerade zu erkennen gegeben haben, wissen Sie, dass Sie auch jetzt noch diese beiden Fragen voneinander trennen und das eine und das an dere voneinander getrennt zur Abstimmung stellen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie also wirklich ein Interesse daran haben, dass es eine breite parlamentarische Mehrheit für diesen Einsatz gibt, den wir - das sage ich noch ein mal - für notwendig halten, dann trennen Sie diese beiden Fragen. Dann wird sich herausstellen, wie belastbar Ihre Koalition in dieser Sachfrage wirklich ist, ohne dass sie zusammengezwungen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich sage Ihnen voraus: Das, was Sie, Herr Struck und Herr Müntefering heute zusammenzwingen wollen,


(Dr. Peter Struck [SPD]: Oh, Donnerwetter!)


wird keinen Bestand haben, weil es in der Sache nicht ehrlich ist, weil die Mehrheit, wenn sie denn zustande kommt, nur aus Gründen des reinen Machterhalts zusammenkommt, nicht weil Ihnen Ihre Koalition in der Sache wirklich folgt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wie unaufrichtig in diesen Tagen argumentiert wird, haben einige Grüne in diesen Tagen besonders deutlich gemacht. Jetzt könne man zustimmen - so heißt es -, da nach dem Fall von Kabul ein Einsatz der Bundeswehr wahrscheinlich gar nicht mehr notwendig sein wird. - Herr Bundeskanzler, diese Einlassungen hätten Sie nicht unwidersprochen stehen lassen dürfen; denn Sie wissen, dass das nicht stimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Entweder der Einsatz wird wirklich nicht mehr notwendig - dann brauchen wir heute darüber nicht abzustimmen - oder er wird notwendig; dann sagen Sie, welche Konsequenzen er hat.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)


Sagen Sie das vor allen Dingen Ihrem grünen Koalitionspartner, Herr Bundeskanzler!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der PDS)


Auf einer solchen Grundlage hier eine Abstimmung herbeizuführen wird Ihnen das notwendige Vertrauen und den Konsens in der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, der notwendig ist, nicht geben.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist Quatsch!)


Herr Bundeskanzler, ich will auch etwas zu den Methoden sagen, wie seit Dienstag dieser Woche versucht wird, Ihre Mehrheit zu sichern. Gestern ist ein Mitglied aus Ihrer Fraktion ausgetreten, eine Kollegin, die nicht zustimmen wollte. Sie ist vorher - offenbar vergeblich - vom Präsidium der SPD Baden-Württemberg aufgefordert worden, ihr Bundestagsmandat niederzulegen,


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


damit ein anderer Abgeordneter, der leichter auf Linie zu bringen ist, in der Zwischen zeit nachrücken kann.


(Lachen und Zurufe bei der SPD)


Die von Ihnen, Herr Bundeskanzler, besonders geförderte Landesvorsitzende der SPD Baden-Württemberg, Frau Vogt, hat sich zu der Begründung verstiegen, diese Kollegin habe ihr Mandat über die Liste errungen und nicht ein Wahlkreismandat. Deshalb müsse sie dem folgen, was in der Partei beschlossen worden sei.


(Zurufe von der CDU/CSU: Pfui! - Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Unglaublich!)


Herr Bundeskanzler, wer so mit von den Bürgern - nicht von der SPD - frei gewählten Abgeordneten umgeht, wer so umspringt mit Abgeordneten, die nur ihrem Gewissen verantwortlich sind, der hat Vertrauen wahrlich nicht verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wer nun nach den Motiven sucht, warum Sie gerade in diesen Tagen den Einsatz der Bundeswehr im Kabinett beschließen und heute die Vertrauensfrage damit verbinden, der wird vermutlich an Frau Vollmer von den Grünen nicht vorbeikommen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)


Sie hat in der Fraktionssitzung der Grünen-Bundestagsfraktion offenbar die Vermutung geäußert, Sie machten das jetzt alles nur, um abzulenken von den großen Schwierigkeiten in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Diese Vermutung, meine Damen und Herren, halte ich nun allerdings für etwas weniger abwegig als andere Vermutungen, die aus derselben Fraktion kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)


Es ist in der Tat richtig, dass die Lage in der Wirtschaft nach drei Jahren Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, geradezu deprimierend ist: Deutschland ist Schlusslicht in Europa. Diese Tatsache hat mit der Weltwirtschaft und dem 11. September nichts zu tun. Diese Ereignisse haben alle gleichermaßen getroffen. Sie haben das Land mit Ihrer Unstetigkeit und Ihren halbherzigen Schritten, Sie haben gerade den Mittelstand mit der ständig weiteren Regulierung und Bürokratisierung aller Lebensbereiche in den Abschwung getrieben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Widerspruch bei der SPD - Ilse Janz [SPD]: Wieder diese Leier! - Kerstin Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie noch die Ökosteuer nennen?)


Bis auf ein einziges Jahr steigen die Steuern, die Sozialversicherungsbeiträge steigen, die Arbeitslosigkeit steigt bald wieder über 4 Millionen. Das sind Ihre Arbeitslosen, Herr Bundeskanzler!


(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP - Klaus Lennartz [SPD]: Machen Sie nicht den Pausenclown! Oder wie haben wir das zu verstehen?)


Im laufenden Jahr 2001 werden wir vermutlich eine Steigerung der Zahl der Unternehmenskonkurse in Deutschland erleben, wie wir sie seit der Ölpreiskrise 1973 innerhalb eines Jahres nicht mehr erlebt haben. Die Arbeitsmarktpolitik dieser Bundesregierung erschöpft sich in immer teurer werdender Bewirtschaftung der Arbeitslosigkeit. Ihnen, Herr Bundeskanzler, fehlt der Mut zu wirklichen Veränderungen und Reformen, weil Sie dafür eben auch in Ihrer eigenen Fraktion die uneingeschränkte Unterstützung nicht finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der SPD: Fahren Sie lieber Mofa!)


Wenn Sie jetzt vielleicht sogar darauf spekulieren, dass Sie die Mehrheit nicht bekommen, um bei vorgezogenen Neuwahlen sozusagen auf dem Höhepunkt des von Ihnen erreichbaren Ansehens mit einem Auslandseinsatz der Bundeswehr eine Wahl zu gewinnen, weil dies besser ist als die Bilanz Ihrer Arbeitsmarktpolitik und Ihrer Wirtschaftspolitik, dann sagen wir Ihnen, Herr Bundeskanzler: Der Vorrat dieser Regierung reicht für zehn Monate nicht mehr, auch wenn Sie heute noch einmal über die Runden kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir sind jedenfalls bereit, Herr Bundeskanzler, die Auseinandersetzung mit Ihnen jetzt und zu jedem Zeitpunkt aufzunehmen.


(Lachen bei der SPD - Klaus Lennartz [SPD]: Wer, wo, wie, was, wann? - Weitere anhaltende Zurufe von der SPD - Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Landesparteitag Baden-Württemberg!)


Die Fragen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, die wir noch zu beantworten haben, sind schneller beantwortet, als jedes der Probleme gelöst ist, die Sie verursacht haben - jedes!


(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)


Vor allem in der Arbeitsmarktpolitik, Herr Bundeskanzler, werden wir Sie jetzt und zu jedem Zeitpunkt herausfordern:


(Dr. Peter Struck [SPD]: Wer denn? - Ilse Janz [SPD]: Wer will das denn bei Ihnen machen?)


den Kanzler, der 1998 alles versprochen und bis heute nichts gehalten hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir, Herr Bundeskanzler, trauen uns jedenfalls zu, für dieses Land und seine Menschen Verantwortung zu übernehmen,


(Dr. Peter Struck [SPD]: Wer denn? - Ilse Janz [SPD]: Wer soll das denn machen?)


weil wir im Gegensatz zu Ihnen Prinzipien und Grundsätze haben,


(Ilse Janz [SPD]: Ach du liebes bisschen! Schwarzgeld!)


an die wir uns auch dann halten, wenn es einmal schwierig wird.


(Beifall bei der CDU/CSU - Anhaltende Zurufe von der SPD)


Sie, Herr Schröder, spielen jetzt sogar leichtfertig mit der Außenpolitik, weil Sie in der Innenpolitik nicht mehr zurechtkommen


(Gernot Erler [SPD]: Mäßige dich mal ein bisschen!)


und weil Sie zum letzten Mittel greifen müssen, um Ihre Regierung noch zu retten. Eine solche Regierung, ein solcher Bundeskanzler haben Vertrauen nicht verdient.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der FDP - Abgeordnete der CDU/CSU erheben sich)


Quelle: Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages vom 16.11.2001




 




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