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Der European Round Table of Industrialists (oder auch: Europaeischer Industriekreis) ist mit Abstand die maechtigste der rund 5.000 Lobbyisten-Verbaende, die sich in Bruessel um Einfluss auf die Politik der Europaeischen Union bemuehen. Der ERT setzt sich aus hoechsten Vertretern der 45 groessten europaeischen Industriekonzerne zusammen (Mitgliedsliste siehe Anhang). Zusammen beschaeftigen diese Konzerne etwa 3.000.000 Menschen und stehen fuer einen Umsatz etwa in Hoehe des Bruttosozialproduktes der Niederlande. Gegruendet wurde der Verband 1983 von Pehr Gyllenhammer, Chef des Volvo-Konzerns, und Umberto Agnelli, (Fiat-Gruppe). Gemeinsam mit anderen Industriekapitaenen gelingt es ihnen seit 10 Jahren, die Bruesseler Politikrichtlinien praktisch vorzuentwerfen. Den besten Beweiss ihres Einflusses lieferten die Industriellen 1984 mit dem Papier "Europe 1990, An Agenda for Action". Das unter direkter Leitung von Gyllenhammer entworfene Papier draengte die scheinbar entlos debattierenden PolitikerInnen, ein Instrument einzusetzen, dass sich in der Wirtschaft schon seit langem als ein effektives Druckmittel bewaehrt hatte: das Setzen einer Deadline. Aus diesem Papier heraus entwickelte sich die gesamte Planung fuer das Zieldatum 1992. Hauptargument des Papiers war die Notwendigkeit des Aufbaus eines internen Marktes. Saemtliche anderen Aspekte und Felder der Bruesseler Politik wurden ausschliesslich unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Durchsetzbarkeit und der Organisation dieser Schluesselvoraussetzung fuer den internationalen Wettbewerb der Zukunft bewertet. Seither produzierte der ERT mehr als 20 Berichte zu verschiedenen Einzelthemen. Sie reichen von der Verkehrspolitik ueber Steuerpolitik bis hin zu sozialen Bereichen wie der Bildungspolitik. Praktisch saemtliche Berichte wurden in den Bruesseler Amtsstuben begeistert entgegengenommen und waren wenige Monate spaeter zum Teil absatzgetreu in offiziellen EG-Verlautbarungen wiederzufinden. Gute Beispiele hierfuer sind der Fernverkehrswegeplan der EG (basiert auf den ERT-Publikation "Missing Links" und "Missing Networks") und das EG-Memorandum zur Hochschulpolitik (basiert auf der ERT-Publikation "Education and European Competence"). Ein Hauptgrund fuer diesen direkten Einfluss des ERT liegt in seinen regelmaessigen Treffen mit Komissionspraesident Jaques Delors und in den halbjaehrlichen Treffen zwischen einer ERT-Delegation und der Regierung, die jeweils den Vorsitz in der EU innehat. Zudem sind die einzelnen ERT-Mitglieder wie beispielsweise Edzard Reuter in ihren Heimatlaendern selbst ungemein einflussreich. Wichtigstes Argument des ERT ist stets die Wettbewerbssituation in einer tripolaren Welt, die Konkurrenzfaehigkeit Europas gegenueber Nordamerika und Ostasien. Waehrend sich der ERT zunaechst vornehmlich fuer eine Verbesserung der europaeischen Infrastruktur ("Hardware") einsetzte, liegt heute der Schwerpunkt der ERT-Bemuehungen auf der Effizienzsteigerung der Menschen ("Software", oder "Human ware"). Bei der Durchsetzung dieser Ziele hat der ERT eine klare Vorstellung von den Aufgaben der politischen Organe in der EU und ihren Mitgliedsstaaten. In seiner im November erschienen Publikation "Beating the Crisis" liest sich das etwa so: Europa hat Probleme. Die Industrie kennt die Loesungen. Aufgabe der Politik ist es, die Industrie in die Lage zu versetzen, diese Loesungen umzusetzen. Die Publikationen des ERT koennen auch direkt beim Bruesseler Buero des Verbandes bestellt werden. Fast alle liegen auch in deutscher Sprache vor. Die Adresse lautet: ERT European Round Table of Industrialists Rue Guimard 15; B-1040 Bruxelles; Belgien Tel.: 0032 2 511 58 00; Fax: 0032 2 511 65 77Quelle: cl.europa.eu, 05.12.1994
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