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1. Die Europaeische Union und der ERT
Seit seiner Gruendung im Jahre 1983 hat der ERT sehr enge
Beziehungen zur EG. Die Gruendung des ERT war eine Initiative
mehrerer Fuehrungskraefte grosser industrieller Unternehmen. Dazu
gehoerten der damalige Vorstandsvorsitzende von Volvo Pehr
Gyllenhammer, Wisse Dekker von Philipps und Umberto Agnelli, Chef
des FIAT-Konzerns, die in engem Kontakt zu den EG-Kommissaren
fuer Industrie und Binnenmarkt, Graf Etienne Davignon, und
Finanzen, Xavier Ortoli, standen. Nachdem 1986 Davignon seine
Zeit als EG-Kommissar beendet hatte, wurde er selbst Mitglied des
ERTs und vertritt dort die Socit Gnrale de Belgique (eine
Holding-Gesellschaft, die unter anderem die groesste Bank
Belgiens beinhaltet). Ortoli seinerseits setzte seine Karriere
als Praesident des franzoesischen Oelriesen Total fort.
Die Beziehung zwischen dem ERT und der EU sind nicht vergleichbar
mit denen anderer privater Lobbyverbaende. Waehrend die rund 5000
LobbyistInnen, die in Bruessel arbeiten, zuweilen Einzelheiten
einiger EU-Richtlinien zu aendern vermoegen, hat es der ERT
oftmals geschafft, die politische Tagesordnung und den Inhalt von
EG/EU-Vorschlaegen zu bestimmen. Der ERT wahrt staendigen Kontakt
zur Kommission. Er trifft sich regelmaessig mit dem Praesidenten
der Kommission Jacques Delors (Kontakte zu dessen Nachfolger
Santer bestehen bereits). Alle sechs Monate trifft sich eine
Delegation des ERT mit den SpitzenpolitikerInnen der
europaeischen Regierung, die jeweils die Praesidentschaft der EU
inne hat. Dieser Zugang ist das Erfolgsrezept des ERT.
,Zugang bedeutet, die Moeglichkeit zu haben, Helmut Kohl
anzurufen und ihm eine ERT-Broschuere zu empfehlen, oder dass
John Major anruft und sich beim ERT fuer dessen Ansichten bedankt
...", so Keith Richardson, Generalsekretaer des ERTs.
Die ERT-Mitglieder repraesentieren die groessten Konzerne in
Europa. Sie haben einflussreiche persoenliche Kontakte in jedem
Land und sie sind in zahlreichen einflussreichen Ausschuessen
vertreten.
Diese Beziehungen erklaeren zum Teil, warum ein privater
Lobbyverband wie der ERT so erfolgreich sein und eine so
maechtige Position erringen konnte. Dennoch ist der Kern des
Problems nicht so sehr der ERT, sondern die Tatsache, dass die EU
immer noch hoechst undemokratisch ist. Diese Situation wird
dadurch noch dringlicher, dass die EU mit der Ratifizierung des
Maastrichter Vertrages neue Verantwortlichkeiten hinzugewonnen
hat.
Waehrend der Lobbyismus in den USA staendigen Kontrollen
unterzogen wird (wie der Registrierung von LobbyistInnen und
oeffentliche Aufsicht ueber Kampagnenspenden), existieren in der
EU keine entsprechenden Regulierungen oder Kontrollen. Fuer
Nicht-Regierungsorganisationen sind die Arbeitsbedingungen auf
EU-Ebene eher schlecht.
Es besteht ein grosser Mangel an Offenheit, was den Erhalt
notwendiger Informationen schwierig macht. Der ERT hat sich diese
Situation in effizientester Weise zunutze gemacht. Im Verlaufe
dieses Berichts werden die Konsequenzen beschrieben.
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