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Inhalt: 1991-06-17

Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit

Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen - IN DEM BESTREBEN, die leidvollen Kapitel der Vergangenheit abzuschließen, und entschlossen, an die guten Traditionen und das freundschaftliche Zusammenleben in der jahrhundertelangen Geschichte Deutschlands und Polen anzuknüpfen,

ANGESICHTS der historischen Veränderungen in Europa, insbesondre der Herstellung der Einheit Deutschlands und des tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels in Polen,

ÜBERZEUGT von der Notwendigkeit, die Trennung Europas endgültig zu überwinden und eine gerechte und dauerhafte europäische Friedensordnung zu schaffen.

IM BEWUßTSEIN ihrer gemeinsamen Interessen und ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Aufbau eines neuen, durch Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vereinten und freien Europa,

IN DER FESTEN ÜBERZEUGUNG, daß sie durch die Verwirklichung des lang gehegten Wunsches ihrer beiden Völker nach Verständigung und Versöhnung einen gewichtigen Beitrag für die Erhaltung des Friedens in Europa leisten,

IN DER ERKENNTNIS, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit ein notwendiges Element der Entwicklung umfassender beiderseitiger Beziehungen auf einer stabilen und festen Grundlage sowie beim Abbau des Entwicklungsgefälles und bei der Stärkung des Vertrauens zwischen beiden Ländern und ihren Völkern ist, sowie in dem Wunsch, diese Zusammenarbeit in der Zukunft wesentlich auszubauen und zu vertiefen,

IM BEWUßTSEIN der Bedeutung, welche die Mitgliedschft der Bundesrepublik Deutschland in der Europäischen Gemeinschaft und die politische und wirtschaftliche Heranführung der Republik Polen an die Europäische Gemeinschaft für die künftigen Beziehungen der beiden Staaten haben,

EINGEDENK des unverwechselbaren Beitrags des deutschen und des polnischen Volkes zum gemeinsamen kulturellen Erbe Eruopas und der jahrhundertelangen gegenseitigen Bereicherung der Kulturen beider Völker sowie der Bedeutung des Kulturaustauschs für das gegenseitige Verständnis und für die Aussöhnung der Völker,

ÜBERZEUGT, daß der jungen Generation bei der Neugestaltung des Verhältnisses beider Länder und Völker und der Vertrauensbildung zwischen ihnen eine besondere Rolle zukommt,

IN WÜRDIGUNG des Vertrags vom 14. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze - SIND wie folgt übereingekommen:

ARTIKEL 1

(1) Die Vertragsparteien werden ihre Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft gestalten. Sie streben eine enge friedliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit auf allen Gebieten an. In europäischer Verantwortung werden sie ihre Kräfte dafür einsetzen, den Wunsch ihrer beiden Völker nach dauerhafter Verständigung und Versöhnung in die Tat umzusetzen.

(2) Die Vertragsparteien streben die Schaffung eines Europa an, in dem die Menschenrechte und Grundfreiheiten geachtet weden und die Grenzen ihren trennenden Charakter auch dadurch verlieren, daß wirtschaftliche und soziale Unterschiede überwunden werden.

ARTIKEL 2

Die Vertragsparteien bekennen sich bei der Gestaltung ihrer Beziehungen und in Fragen des Friedens, der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und in der Welt insbesondere zu folgenden Grundsätzen: Oberstes Ziel ihrer Politik ist es, den Frieden zu wahren und zu festigen und jede Art von Krieg zuverlässig zu verhindern. Sie handeln in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, sowie mit der Schlußakte von Helsinki vom 1. August 1975, der Charta von Paris für ein neues Europa vom 21. November 1990 sowie der Dukumente der KSZE-Folgetreffen. Sie achten gegenseitig ihre souveräne Gleichheit, ihre territoriale Integrität, die Unantastbarkeit ihrer Grenzen, ihre politische Unabhängigkeit sowie den Grundsatz des Verbots der Drohung mit oder Anwendung von Gewalt.

Sie bekräftigen das Recht aller Völker und Staaten, ihr Schicksal frei und ohne äußere Einmischung zu bestimmen und ihre politische wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung nach eigenen Wünschen zu gestalten.

Sie stellen den Menschen mit seiner Würde und mit seinen Rechten, die Sorge für das Überleben der Menschheit und die Erhaltung der natürlichen Umwelt in den Mittelpunkt ihrer Politik.

Sie verurteilen klar und unmißverständlich Totalitarismus, Rassenhaß und Haß zwischen Volksgruppen, Antisemitismus, Fremdenhaß und Diskriminierung irgendeines Menschen sowie die Verfolgung aus religiösen und ideologischen Gründen.

Sie betrachten Minderheiten und gleichgestellte Gruppen als natürliche Brücken zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk und sind zuversichtlich, daß diese Minderheiten und Gruppen einen wertvollen Beitrag zum Leben ihrer Gesellschaften leisten.

Sie bekräftigen die unmittelbare Geltung der allgmeinen Regeln des Völkerrechts im innerstaatlichen Recht und in den internationalen Beziehungen und sind entschlossen, ihre vertraglichen Verpflichtungen gewissenhaft zu erfüllen. Sie werden die Schlußakte von Helsinki, die Charta von Paris für ein neues Europa und die anderen KSZE-Dokumente in allen Bereichen verwirklichen.

ARTIKEL 3

(1) Die Vertragsparteien werden regelmäßige Konsultationen abhalten, um eine Weiterentwicklung und Vertiefung der bilateralen Beziehungen sicherzustellen und ihre Haltung zu internationalen Fragen abzustimmen.

(2) Konsultationen auf der Ebene der Regierungschefs finden so oft wie erforderlich, mindestens einmal jährlich statt.

(3) Die Außenminister tragen für die Durchführung dieses Vertrags in seiner Gesamtheit Sorge. Sie werden mindestens einmal jährlich zu Konsultationen zusammentreffen. Leitende Beamte der beiden Außenministerien, denen politische, wirtschaftliche und kulturelle Angelegenheiten obliegen, treffen regelmäßig, mindestens einmal jährlich, zu Konsultationen zusammen.

(4) Die Minister anderer Ressorts, darunter die Verteidigungsminister, werden regelmäßig miteinander in Kontakt treten. Das gleiche gilt für die leitenden Beamten dieser Ressorts.

(5) Die bereits bestehenden gemeinsamen Kommissionen werden ihre Arbeit nach Möglichkeit intensivieren. Neue gemischte Kommissionen werden bei Bedarf nach gegenseitiger Absprache gebildet.

ARTIKEL 4

Die Vertragsparteien unterstützen die Kontakte und den Erfahrungsaustausch zwischen den Parlamenten zur Förderung der bilateralen Beziehungen und im Hinblick auf die internationale parlamentarische Zusammenarbeit.

ARTIKEL 5

(1) Die Vertragsparteien bekräftigen, daß sie sich der Drohung mit oder Anwendung von Gewalt enthalten werden, die gegen die territoriale Integrität oder die politische Unabhängigkeit der jeweils anderen Vertragspartei gerichtet oder auf irgendeine andere Art und Weise mit den Zielen und Prinzpien der Charta der Vereinten Nationen oder mit der Schlußakte von Helsinki unvereinbar ist.

(2) Die Vertragsparteien werden ihre Streitigkeiten ausschließlich mit friedlichen Mitteln lösen und keine ihrer Waffen jemals anwenden, es sei denn zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung. Sie werden niemals und unter keinen Umständen als erste Steitkräfte gegeneinander setzen.

(3) Die Vertragsparteien werden den Frieden durch Aufbau kooperativer Strukturen der Sicherheit für ganz Europa festigen. Sie werden dementsprechend in voller Verwirklichung der Schlußakte von Helsinki, der Charta von Paris für ein neues Europa sowie der anderen KSZE- Dokumente den Prozeß der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa nach Kräften unterstützen und unter Mitwirkung aller Teilnehmerstaaten der KSZE weiter stärken und entwickeln.

ARTIKEL 6

(1) Die Vertragsparteien haben in einem sich wandelnden politischen und miliärischen Umfeld in Europa das gemeinsame Ziel, auf eine Sträkung der Stabilität und Erhöhung der Sicherheit hinzuwirken. Sie werden insbesondere zusammenarbeiten, um die sich ergebenden neuen Möglichkeiten gmeinsamer Anstrengungen im Bereich der Sicherheit zu nutzen.

(2) Die Vertragsparteien treten dafür ein, daß Streitkräfte und Rüstungen durch verbindliche und wirksam überprüfbare Vereinbarungen auf ein möglichst niedriges Niveau reduziert werden, daß zur Verteidigung ausreicht, aber nicht zum Angriff befähigt.

(3) Die Vertragsparteien werden sich, auch gemeinsam, für den multilateralen und bilateralen Ausbau vertrauensbildender und stabilisierender sowie anderer rüstungskontrollpolitischer Maßnahmen einsetzen, die Stabilität und Vertrauen stärken und zu größerer Offenheit führen.

ARTIKEL 7

Falls eine Situation entsteht, die nach Meinung einer Vertragspartei eine Bedrohung für den Frieden oder eine Verletzung des Friedens darstellt oder gefährliche internationale Verwicklungen hervorrufen kann, so werden beide Vertragsparteien unverzüglich miteinander Verbindung aufnehmen und bemüht sein, ihre Positionen abzustimmen und Einverständnis über Maßnahmen zu erzielen, die geeignet sind, die Lage zu verbessern oder zu bewältigen.

ARTIKEL 8

(1) Die Vertragsparteien messen dem Ziel der Europäischen Einheit auf der Grundlage der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit höchste Bedeutung bei und werden sich für die Erreichung dieser Einheit einsetzen.

(2) Mit dem Abschluß eines Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und der Republik Polen legen die Europäischen Gemeinschaften, ihre Mitgliedstaaten und die Republik Polen die Grundlage für eine politische und wirtschaftliche Heranführung der Republik Polen an die Europäische Gemeinschaft. Die Heranführung wird von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Kräften gefördert.

(3) Die Bundesrepublik Deutschland steht positiv zur Perspektive eines Beitritts der Republik Polen zur Europäische Gemeinschaft, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

ARTIKEL 9

(1) Die Vertragsparteien werden sich für die Ausweitung und Diversifizierung ihrer wirtschaftlichen Beziehungen in allen Bereichen einsetzen. Sie werden im Rahmen ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung und ihrer Verpflichtungen aus internationalen Verträgen, darunter den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft, die günstigsten Rahmenbedingungen, insbesondere auf wirtschaftlichem, rechtlichem und organisatorischem Gebiet, für natürliche und juristische Personen für wirtschaftliche, darunter unternehmerische Tätigkeiten schaffen.

(2) Die Vertragsparteien sind sich einig darüber, daß der in der Republik Polen eingeleitete wirtschaftliche Umgestaltungsprozeß durch internationale Zusammenarbeit gefördert weden soll. Die Bundesrepublik Deutschland ist bereit, sowohl bilatieral wie auch multilaterial auf die Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung Polens im Rahmen einer voll entwickelten sozialen Marktwirtschaft hinzuwirken. Damit sollen auch die Bedingungen für eine wesentliche Verringerung der Entwicklungsunterschiede geschaffen wrden.

(3) Die Vertragsparteien werden insbesondere die Entwicklung der Zusammenarbeit in den Bereichen Investitionen und Kapitalanlagen sowie industrieller Kooperationen zwischen deutschen und polnischen Unternehmen unter voller Ausnutzung aller verfügbaren Förderungsinstrumente unterstützen. Dabei wird der Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Firmen und Betrieben besondere Aufmerksamkeit gelten.

(4) Die Vertragsparteien messen der Zusammenarbeit in der Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften der Wirtschaft eine wichtige Bedeutung für die Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen bei und sind bereit, sie wesentlich auszubauen und zu vertiefen.

ARTIKEL 10

(1) Die Vertragsparteien erkennen die Bedeutung normaler Finanz- und Kreditbeziehungen als einen Faktor für den Prozeß der wirtschftlichen Umgestaltung in der Republik Polen sowie für die Festigung und Belebung ihrer Gesamtbeziehungen an. Sie werden im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus internationalen Übereinkünften und im Rahmen ihrer innerstaatlichen Regeln ihre Anstrengungen fortsetzen, um günstige Voraussetzungen für die weitere Entwicklung ihrer finanziellen Zusammenarbeit zu schaffen. In diesem Zusammenhang sind sie sich der Bedeutung bewußt, die den Exportkreditgewährleistungen für die Stärkung ihrer Wirschaftsbeziehungen zukommt.

(2) Die Vertragsparteien bestätigen ihre Bereitschaft, unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und der beiderseits bestehenden Zusammenarbeit mit anderen Ländern, im Rahmen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie anderer multilateraler Finanzinstitutionen, insbesondre des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, zusammenzuarbeiten.

(3) Die Vertragsparteien sind der Auffassung, daß die Lösung des Problems der polnische Verschuldung eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg in der Republik Polen eingeleiteten Wirtschaftsreformen ist. Dementsprechend werden sie in diesem Bereich weiter zusammenarbeiten.

ARTIKEL 11

Die Vertragsparteien sind sich einig über die besondre Bedeutung ihrer Zusammenarbeit bei der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse, bei deren Verarbeitung, Transport und Lagerung sowie der Schaffung und Förderung moderner, hochleitstungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe, die Kooperationsbeziehungen mit der Nahrungsmittel- und Verarbeitungsindustrie sowie dem Handel unterhalten.

ARTIKEL 12

(1) Die Vertragsparteien messen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Regionen, Städten, Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften, insbesondere im grenznahen Bereich, hohe Bedeutung bei.

(2) Die Vertragsparteien werden diese Zusammenarbeit, insbesondere die Tätigkeit der Regierungskommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit, auf allen Gebieten erleichtern und fördern.

(3) Die Vertragsparteien lassen sich in der regionalen und grenznahen Zusammenarbeit insbesondere von den entsprechenden Konventionen des Europarats leiten. Sie streben die Einbeziehung dieser Zusammenarbeit in die Tätigkeit der entsprechenden europäischen Gremien an.

ARTIKEL 13

Die Vertragsparteien stimmen darin überein, daß einem zusammenwachsenden Europa die Abstimmung der Raumordnungspolitik der einzelnen Staaten, insbesondere zwischen unmittelbaren Nachbarstaaten, notwendig ist. Sie werden deshalb in der Raumordnung und der räumlichen Planung auf allen Ebenen grenzüberschreitend zusammenarbeiten.

ARTIKEL 14

(1) Die Vertragsparteien werden auf der Grundlage ihrer Übereinkünfte im Bereich der sozialen Sicherung und der arbeits- und sozialpolitischen Zusammenarbeit ihre Beziehungen ausbauen und vertiefen.

(2) Die Bundesrepublik Deutschland wird der Republik Polen und der Umgestaltung der Systeme der sozialen Sicherung, der Arbeitsförderung und der Arbeitsbeziehungen beratende Hilfestellung leisten.

ARTIKEL 15

(1) Die Vertragsparteien werden die wissenschftliche und technische Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten nach den Prinzipien der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Nutzens unter Berücksichtigung der Möglichkeiten moderner Wissenschaft und Technologie zum Wohl der Menschen, zu friedlichen Zwecken und zur Mehrung des Wohlstands entwickeln und erleichtern.

(2) Die Vertragsaprteien werden auf der Grundlage bestehender Übereinkünfte die Zusammenarbeit auf diesen Gebieten erweitern und ihre Ergebnisse in gemeinsamen Vorhaben umsetzen.

(3) Die Vertragsparteien werden Initiativen von Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen unterstützen, die auf eine dynamische, harmonische und umfassende Entwicklung dieser Zusammenarbeit gerichtet sind.

(4) Die Vertragsparteien werden den intensiven Austausch von Informationen und wissenschaftlich-technischer Dokumentation unterstützen und den Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsinstituten, Archiven, Bibliotheken und ähnlichen Einrichtungen erleichtern.

ARTIKEL 16

(1) Die Vertragsparteien messen der Abwehr drohender Gefahren für die Umwelt und der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen auch im Interesse künftiger Generationen große Bedeutung bei. Sie bekräftigen ihre Entschlossenheit, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes auf der Grundlage bestehender Übereinkünfte fortzusetzen und auch vertraglich weiter auszubauen.

(2) Im Vordergrund der Zusammenarbeit soll die Erfassung und Beseitigung von Umweltbelastungn in der Grenzregion, insbesondere im Einzugsgebiet der Oder, stehen.

(3) Die Vertragsparteien werden sich darüber hinaus für die Entwicklung abgestimmter Strategien für eine regionale und internationale Umweltpolitik einsetzen, mit dem Ziel einer dauerhaften und umweltverträglichen Entwicklung in Europa.

ARTIKEL 17

Die Vertragsparteien werden zusammenwirken, um sich gegenseitig bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen Hilfe zu leisten.

ARTIKEL 18

(1) Die Vertragsparteien streben eine Erweiterung der Transportverbindungen im Luft-, Eisenbahn- und Straßenvekehr sowie in der See- und Binnenschiffahrt unter Nutzung modernster Technologien an.

(2) Die Vertragsparteien bemühen sich günstige Rahmenbedingungen für die Nutzung ihrer Verkehrswege bei Beförderungen zwischen ihren Hoheitsgebieten und im Durchgangsvekehr zu schaffen.

(3) Die Verlagsparteien streben eine Erweiterung, Verbesserung und Harmonisierung der Kommunikationsverbindungen unter Berücksichtigung der europäischen und internationalen Entwicklung in Normung und Technologie an. Das gilt insbesondere für Telefon-, Telex- und Datenverbindungen.

ARTIKEL 19

(1) Die Vertragsparteien werden alle geeigneten Maßnahmen treffen, um den Reise- und Fremdenverkehr zu fördern und zu erleichtern.

(2) Die Vertragsparteien werden sich bemühen, die Zoll- und Grenzabfertigung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu verbessern und zu beschleunigen sowie die Zusammenarbeit der jeweiligen Verwaltungen weiter zu entwickeln.

(3) Die Vertragsparteien beabsichtigen, bestehende Grenzübergänge entsprechend dem Verkehrsaufkommen auszubauen und zu modernisieren sowie neue erforderliche Grenzübergänge einzurichten.

ARTIKEL 20

(1) Die Angehörigen der deutschen Minderheit in der Republik Polen, das heißt Personen polnischer Staatsangehörigkeit, die deutscher Abstammung sind oder die sich zur deutschen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen, sowie Personen deutscher Staatsangehörigkeit in der Bundesrepublik Deutschland, die polnischer Abstammung sind oder die sich zur polnischen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen, haben das Recht, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mitgliedern ihrer Gruppe ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln; frei von jeglichen Versuchen, gegen ihren Willen assimiliert zu werden. Sie haben das Recht, ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne jegliche Diskriminierung und in voller Gleichheit vor dem Gesetz voll und wirksam auszuüben.

(2) Die Vertragsparteien verwirklichen die Rechte und Verpflichtungen des internationalen Standards für Minderheiten, insbesondere gemäß der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948, der Europäischen Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, des internationalen Übereinkommens vom 7. März 1966 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, des internationalen Pakts vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte, der Schlußakte von Helsinki vom 1. August 1975, des Dokuments der Kopenhagener Treffens über menschliche Dimension der KSZE vom 29. Juni 1990 sowie der Charta von Paris für ein neues Europa vom 21. November 1990.

(3) Die Vertragsparteien erklären, daß die in Absatz 1 genannten Personen insbesondere das Recht haben, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mitgliedern ihrer Gruppe
- sich privat und in der Öffentlichkeit ihrer Muttersprache frei zu bedienen, in ihr Informationen zu verbreiten und auszutauschen und dazu Zugang zu haben,
- ihre eigenen Bildungs-, Kultur- und Religionseinrichtungen, -organisationen oder -vereinigungen zu gründen und zu unterhalten, die um freiwillige Beiträge finanzieller und anderer Art sowie öffentliche Unterstützung im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften ersuchen können und gleichberechtigten Zugang zu Medien ihrer Region haben,
- sich zu ihrer Religion zu bekennen und diese auszuüben, einschließlich des Erwerbs und Besitzes sowie der Verwendung religiösen Materials, und den Religionsunterricht in ihrer Muttersprache abzuhalten,
- untereinander ungehinderte Kontakte innerhalb des Landes sowie Kontakte über Grenzen hinweg mit Bürgern anderer Staaten herzustellen und zu pflegen, mit denen sie eine gemeinsame ethnische und nationale Herkunft, ein gemeinsames kulturelles Erbe oder religiöses Bekenntnis teilen,
- ihre Vor- und Familiennamen in der Form der Muttersprache zu führen,
- Organisationen und Vereinigungen in ihrem Land einzurichten und zu unterhalten und in internationalen nichtstaatlichen Organisationen mitzuwirken.
- sich wie jedermann wirksamer Rechtsmittel zur Verwirklichung ihrer Rechte im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften zu bedienen.

(4) Die Vertragsparteien bekräftigen, daß die Zugehörigkeit zu den in Absatz 1 genannten Gruppen Angelegenheit der persönlichen Entscheidung eines Menschen ist, die für ihn keinen Nachteil mit sich bringen darf.

ARTIKEL 21

(1) Die Vertragsparteien werden die ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität der in Artiekl 20 Absatz 1 genannten Gruppen auf ihrem Hoheitsgebiet schützen und Bedingungen für die Förderung dieser Identität schaffen. Sie erkennen die besondere Bedeutung einer verstärkten konstruktiven Zusammenarbeit in diesem Bereich an. Diese soll das friedliche Zusammenleben und die gute Nachbarschaft des deutschen und des polnischen Volkes verstärken und zur Verständigung und Versöhnung zwischen ihnen beitragen.

(2) Die Vertragsparteien werden insbesondere im Rahmen der geltenden Gesetze einander Förderungsmaßnahmen zugunsten der Angehörigen der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Gruppen oder ihrer Organisationen ermöglichen und erleichtern,

- sich bemühen, den Angehörigen der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Gruppen, ungeachtet der Notwendigkeit, die offizielle Sprache des betreffenden Staates zu erlernen, in Einklang mit den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Möglichkeiten für den Unterricht ihrer Muttersprache oder in ihrer Muttersprache in öffentlichen Bildungseinrichtungen sowie, wo immer dies möglich und notwendig ist, für deren Gebrauch bei Behörden zu gewährleisten,
- im Zusammenhang mit dem Unterricht von Geschichte und Kultur in Bildungseinrichtungen die Geschichte und Kultur der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Gruppen berücksichtigen,
- das Recht der Angehörigen der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Gruppen achten, wirksam an öffentlichen Angelegenheiten teilzunehmen, einschließlich der Mitwirkung in Angelegenheiten betreffend den Schutz und die Förderung ihrer Identität,
- diesbezüglich die notwendigen Maßnahmen ergreifen, und zwar nach entsprechenden Konsultationen im Einklang mit den Entscheidungsverfahren des jeweiligen Staates, wobei diese Konsultationen Kontakte mit Organisationen oder Vereinigungen der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Gruppen einschließen.

(3) Die Vertragsparteien werden im Hinblick auf die in diesem Artikel und in den Artikeln 20 und 22 angesprochenen Fragen die Bestimmungen von Artikel 3 anwenden.

ARTIKEL 22

(1) Keine der Verpflichtungen aus den Artikeln 20 und 21 darf so ausgelegt werden, daß sie das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die in Widersprüche zu den Zielen und Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen, andern völkerrechtlichen Verpflichtungen oder den Bestimmungen der Schlußakte von Helsinki einschließlich des Prinzips der territorialen Integrität der Staaten steht.

(2) Jeder Angehörige der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Gruppen in der Repbulik Polen beziehungsweise in der Bundesrepbulik Deutschland ist nach Maßgabe vorstehender Bestimmungen gehalten, sich wie jeder Staatsbürger loyal gegenüber dem jeweiligen Staat zu verhalten, indem er sich nach den Verpflichtungen richtet, die sich auf Grund der Gesetze dieses Staates ergeben.

ARTIKEL 23

(1) Die Vertragsparteien werden auf der Grundlage der zwischen ihnen bestehenden Abkommen und Programme den Kulturaustausch in allen Bereichen und auf allen Ebenen intensivieren und ausbauen und damit zur europäischen kulturellen Identität beitragen. Sie werden insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Vereinigungen von Künstlern, kulturellen Institutionen und Organisationen unterstützen sowie die direkten Kontakte zwischen deutschen und polnischen Künstlern fördern.

(2) Die bestehende Gemischte Kommission wird mindestens einmal jährlich zusammentreten, um den Stand des Kulturaustauschs in allen Bereichen zu prüfen und Vereinbarungen über die nächsten Vorhaben zu treffen.

ARTIKEL 24

Die Vertragsparteien werden das Abkommen über die Errichtung und die Tätigkeit von Kulturinstituten mit Leben erfüllen und voll auschöpfen.

ARTIKEL 25

(1) Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Bereitschaft, allen interessierten Personen umfassenden Zugang zur Sprache und Kultur des anderen Landes zu ermöglichen, und sie unterstützen entsprechende staatliche und private Initiativen und Institutionen.

(2) Die Vertragsparteien werden die Verbreitung von klassischer und zeitgenössischer Literatur des anderen Landes in Originalsprache und Übersetzung verstärkt fördern.

(3) Die Vertragsparteien setzen sich nachdrücklich dafür ein, die Möglichkeiten auszubauen, in Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen die Sprache des anderen Landes zu erlernen. Dabei wird auch die Gründung von Schulen angestrebt, in denen in beiden Sprachen unterrichtet wird. Weiterhin werden sie sich bemühen, die Möglichkeiten des Studiums der Germanistik und Polonistik zu den Hochschulen des anderen Landes auszuweiten.

(4) Die Vertragsparteien werden bei der Entsendung von Lehrern, der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften sowie der Entwicklung und Bereitstellung von Lehrmaterial, einschließlich des Einsatzes von Fernsehen, Hörfunk, Audio-, Video und Computertechnik zusammenarbeiten.

(5) Die Arbeit der unabhängigen deutsch-polnischen Schulbuchkommission wird weiterhin gefördert.

ARTIKEL 26

(1) Die Vertragsparteien unterstreichen die Notwendigkeit einer erheblichen Erweiterung der wissenschaftlichen und schulischen Zusammenarbeit. Sie werden insbesondere die direkte Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Schulen, Hochschulen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen fördern und weiter ausbauen, und zwar sowohl durch den Austasuch von Schülern, Studenten, Lehrern und wissenschaftlichen Lehrkräften als auch durch gemeinsame Vorhaben.

(2) Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Absicht, die Möglichkeiten gegenseitiger Anerkennung von Studienzeiten und Hochschulabschlüssen zu prüfen.

ARTIKEL 27

Die Vertragsparteien messen der Zusamenarbeit in der beruflichen Bildung große Bedeutung bei und werden sie durch entsprechende Vereinbarungen wesentlich ausbauen und vertiefen.

ARTIKEL 28

(1) Die Vertragsparteien werden bei der Erhaltung und Pflege des europäischen kulturellen Erbes zusammenarbeiten. Sie werden sich für die Denkmalpflege einsetzen.

(2) Die Vertragsparteien werden sich der auf ihrem Gebiet befindlichen Orte und Kulturgüter, die von geschichtlichen Ereignissen sowie kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen und Traditionen der anderen Seite zeugen, besonders annehmen und zu ihnen freien und ungehinderten Zugang gewährleisten beziehungsweise sich für einen solchen Zugang einsetzen, soweit dieser nicht in staatlicher Zuständigkeit geregelt werden kann. Die genannten Orte und Kulturgüter stehen unter dem Schutz der Gesetze der jeweiligen Vertragsparteien. Die Vertragsparteien werden gemeinsame Initiativen in diesem Bereich im Geiste der Verständigung und der Versöhnung verwirklichen

(3) Im gleichen Geiste sind die Vertragsparteien bestrebt, die Probleme in Zusammenhang mit Kulturgütern und Archivalien, beginnend mit Einzelfällen zu lösen.

ARTIKEL 29

(1) Die Vertragsparteien werden in der Überzeugung, daß die Entwicklung zwischenmenschlicher Kontakte eine unerläßliche Voraussetzung für die Verständigung und Versöhnung beider Völker ist, umfassende persönliche Begegnungen zwischen ihren Bürgern fördern.

(2) Die Vertragsparteien unterstützen eine engere Zusammenarbeit zwischen den Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Glaubensgemeinschaften, Sportorganisationen, Stiftungen sowie anderen gesellschaftlichen Organisationen und Verbänden.

(3) Die Vertragsparteien unterstützen die Tätigkeit des Deutsch- Polnischen Forums. Die begrüßen seine Bemühungen, unter Einbeziehung aller repräsentativen politischen und gesellschaftlichen Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen, Konzeptionen für die Weiterentwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen zu entwerfen und entsprechende Initiativen zu ergreifen.

ARTIKEL 30

(1) Die Vertragsparteien sind davon überzeugt, daß das gegenseitige Kennenlernen und das gegenseitige Verstehen der jungen Generation und grundlegender Bedeutung ist, um der Verständigung und Versöhnung zwischen dem deutschen und polnischen Volk einen dauerhaften Charakter zu verleihen. Sie legen deshalb besonders großes Gewicht auf möglichst umfassende Kontakte und ein enges Zusammenwirken der deutschen und der polnischen Jugend. Die Vertragsparteien werden deshalb im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten die Begegnung und den Austausch von Jugendlichen in jeder Weise fördern. Allen Jugendlichen und Jugendorganisationen in beiden Ländern steht die Teilnahme an Begegnungen und gemeinsamen Vorhaben offen.

(2) Die Vertragsparteien errichten ein Deutsch-Polnisches Jugendwerk. Über seine Rechtsform, Aufgaben und Finanzierung schließen sie ein gesonderes Abkommen.

ARTIKEL 31

(1) Die Vertragsparteien setzen sich für die Zusammenarbeit der Medien, insbesondere von Fernsehen, Hörfunk und gedruckten Medien, ein. Diese Zusammenarbeit soll vor allem der Verständigung und der Versöhnung zwischen Deutschen und Polen dienen.

(2) Die Vertragsparteien kommen überein, daß Publikationen sowie Beilagen zu Tages- und Wochenzeitungen in der Sprache des anderen Landes frei hergestellt, vertreiben und gelesen werden können. Publikationen des anderen Landes können in Übereinstimmung mit den Artikeln 19 und 20 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte ungehindert eingeführt und vertreiben werden. Dies gilt auch für Geschenkabonnements und für Veröffentlichungen, die über ihre Auslandsvertretungen verteilt werden.

ARTIKEL 32

(1) Die Bundesrepublik Deutschland erklärt, daß polnische Gräber in der Bundesrepublik Deutschland geachtet werden und ihre Pflege ermöglicht wird. Die Gräber polnischer Opfer der Kriege und der Gewaltherrschaft, die sich in der Bundesrepublik Deutschland befinden, stehen unter dem Schutz der deutschen Gesetze und werden erhalten und gepflegt.

(2) Die Republik Polen erklärt, daß deutsche Gräber in der Republik Polen geachtet werden und ihre Pflege ermöglicht wird. Die Gräber deutscher Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft, die sich in der Republik Polen befinden, stehen unter dem Schutz der polinischen Gesetze und werden erhalten und gepflegt.

(3) Die Vertragsparteien unterstützen die Zusammenarbeit der Organisationen und Institutionen, die auf beiden Seiten für die Gräber von Opfern der Kriege und der Gewaltherrschaft zuständig sind. Sie ermöglichen insbesondere diesen Organisationen und Insitutionen die Erfassung, Instandsetzung und Pflege solcher Gräber.

ARTIKEL 33

(1) Die Vertragsparteien werden die konsularischen und Rechtsbeziehungen, darunter den Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, Strafsachen sowie in Sozial- und Verwaltungsangelegenheiten unter Berücksichtigung ihrer Rechtsordnungen sowie bestehender mulitlaterialer und bilateraler Übereinkünfte, insbesondere der Konventionen des Europarats, weiterentwickeln, intensivieren und zum Nutzen ihrer Bürger vereinfachen.

(2) Die Vertragsparteien werden zusammenwirken bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Terrorismus, der Wirtschaftskriminalität, der Rauschgiftkriminalität, des strafbaren Handelns mit Kunstwerken, der rechtswidrigen Eingriffe in die Zivilluftfahrt und in die Seeschiffahrt sowie der Herstellung und Verbreitung von Falschgeld. Verfahren und Bedingungen für diese Zusammenarbeit werden gesondert vereinbart.

ARTIKEL 34

(1) Die Vertragsparteien fördern eine umfassende Zusammenarbeit auf bestimmten Gebieten der Gesundheitsvorsorge und bei der gemeinsamen Bekämpfung von Seuchen sowie Krankheiten, wie zum Beispiel Herz-, Kreislauf- und Krebserkrankungen und Aids.

(2) Die Bundesrepublik Deutschland wird der Republik Polen Hilfestellung bei der Umstellung des staatlichen Gesundheitssystems auf ein Krankenversicherungssystem leisten.

ARTIKEL 35

Die Vertragsparteien stiften einen gemeinsamen Preis für besondere Verdienste um die Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen. Der Preis wird alljährlich von einem Komitee verliehen, über dessen Statut eine gesonderte Vereinbarung geschlossen wird.

ARTIKEL 36

Die Vertragsparteien werden ihre Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Organisationen, insbesondere europäischer Organisationen, verstärken. Sie werden einander behilflich sein, die Zusammenarbeit mit internationalen, insbesondere europäischen Organisationen und Institutionen, denen eine Vertragspartei als Mitglied angehört, zu entwickeln, falls die andere Vertragspartei ein entsprechendes Interesse bekundet.

ARTIKEL 37

Dieser Vertrag richtet sich gegen niemanden. Er berührt nicht die Rechte und Verpflichtungen aus geltenden zweiseitigen und mehrseitigen Übereinkünften, die von den Vertragsparteien mit anderen Staaten geschlossen wurden.

ARTIKEL 38

(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Warschau ausgetauscht.

(2) Dieser Vertrag gilt für die Dauer von zehn Jahren. Danach verlängert er sich stillschweigend um jeweils weitere fünf Jahre, sofern nicht eine der Vertragsparteien den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer schriftlich kündigt.

ZU URKUND DESSEN haben die Vertreter der Vertragsparteien diesen Vertrag unterzeichnet und mit Siegeln versehen.

GESCHEHEN zu Bonn am 17. Juni 1991

in zwei Urschriften, jede in deutscher und polnischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Für die Bundesrepublik Deutschland
Helmut Kohl
Hans-Dietrich Genscher

Für die Republik Polen
Jans Krzysztof Bielecki
Krzysztof Skubiszewski



(Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesrepublik, Nr. 68, 18.6.1991)




Briefwechsel

Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit am 17. Juni 1991 in Bonn haben der Bundesminister des Auswärtigen der Bundesrepublik Deutschland und der Minister für Auswärtige Angelegnheiten der Republik Polen gleichlautende Briefe ausgetauscht.

Der deutsche Brief hat folgenden Wortlaut:



Bonn, den 17. Juni 1991

Seine Exzellenz dem Minister für
Auswärtige Angelegnheiten der Republik Polen
Herrn Prof. Dr. Krzyztof Skubiszewski

Sehr geehrter Herr Minister,

im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit möchte ich in Erinnerung rufen, daß während der Verhandlungen nachfolgende Erklärungen abgegeben wurden:

    1. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt, daß sie sich bemüht, die Möglichkeit zu schaffen, damit auch die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Personen, die polnischer Abstammung sind oder die sich zur polnischen Sprache, Kultur und Tradition bekennen und die durch die Bestimmungen des Artikels 20 Absatz 1 nicht erfaßt werden, weitgehend in den Genuß der in Artikel 20 genannten Rechte und der in Artikel 21 genannten Möglichkeiten kommen können.
    2. Die Regierung der Republik Polen erklärt, daß die in Artikel 8 Absatz 3 erwähnte Perspektive eines Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Gemeinschaft zunehmend Möglichkeiten schaffen wird, auch deutschen Bürgern eine Niederlassung in der Republik Polen zu erleichtern.
    3. Der Leiter der polnischen Delegation erklärt: Der Ministerrat der Republik Polen hat im Hinblick auf die Verwirklichung der Rechte der Polnischen Bürger, die Angehörige nationaler Minderheiten sind, darunter auch der deutschen Minderheit, durch Beschluß Nr. 142 vom 7. September 1990 eine Kommission für nationale Minderheiten eingesetzt. Die Kommission beruft einen aus Vertretern der nationalen Minderheiten bestehenden Beirat.
    Zu den Hauptaufgaben der Kommmission gehören

    - die Erarbeitung von Stellungnahmen und Vorschlägen zur Verwirklichung der Rechte und zur Befriedigung der Bedürfnisse der Angehörigen der Minderheiten.
    - Maßnahmen zum Schutz vor Verletzungen dieser Rechte.
    - Unterrichtung der polnischen Öffentlichkeit über die Probleme der nationalen Minderheiten,
    - Erarbeitung eines Regierungsprogramms für Maßnahmen in diesem Bereich.
    In den Woiwodschaften mit nationalen Minderheiten wurde die Stelle eines Minderheitenbeauftragten eingerichtet. Minderheitenfragen sind auch Gegenstand des ständigen Interesses der Sejm-Kommission für Fragen der nationalen und ethnischen Minderheiten.
    4. Die Regierung der Republik Polen erklärt, daß sie derzeit keine Möglichkeit der Zulassung offizieller topographischer Beziehungen in traditionellen Siedlungsgebieten der deutschen Minderheit in der Republik Polen auch in deutscher Sprache sieht. Unter Berücksichtigung des Interesses der Regierung der Bundesrepublik Deutschland an der Frage dieser topographischen Bezeichnungen ist die Regierung der Republik Polen bereit, diese Frage zu gegebener Zeit zu prüfen.
    5. Beide Seiten erklären übereinstimmend:
    Dieser Vertrag befaßt sich nicht mit Fragen der Staatsangehörigkeit und nicht mit Vermögensfragen.

Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung

Hans-Dietrich Genscher



(Quelle: Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Nr. 68, 18.6.1991)




Notenwechsel

über die Einrichtung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit

Bonn, den 17. Juni 1991

Seiner Exzellenz dem Minister für
Auswärtige Angelegenheiten der Republik Polen
Herrn Prof. Dr. Krzysztof Skubiszewski

Herr Minister,

ich beehre mich, Ihnen im Namen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland - in dem Bestreben, die Rechtsgrundlagen für eine freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen unseren Staaten und Völkern weiter auszubauen und unter Bezugnahme für die vor kurzem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen geschlossenen Verträge und Abkommen, insbesondere den Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit - folgende Vereinbarung über regionale und grenznahe Zuammenarbeit vorzuschlagen:

    1. Es wird eine Deutsch-Polnische Regierungskommission für regionale und grenznahme Zuammenarbeit gebildet. Sie hat folgende Aufgaben:
    a) die Erleichterung der Prüfung und Lösung von Fragen im grenznahen Bereich und die Förderung der Kontakte und der Verständigung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen im Gebiet beiderseits der deutsch-polnischen Grenze;
    b) die Förderung der Kontakte und der Zusammenarbeit regionaler, kommunaler und sonstiger Institutionen, Vereinigungen und Einrichtungen beider Staaten über den Grenzbereich hinaus (interregionale Fragen).
    2. Demgemäß werden ein Ausschuß für Fragen im grenznahmen Bereich und ein Ausschuß für interregionale Fragen eingestzt.
    3. Die Regierungskommission besteht aus einer deutschen und einer polnischen Delegation, deren Mitglieder von den jeweiligen Regierungen genannt werden.
    4. Die deutsche Seite kann einen Vertreter der Kommission der Europäischen Gemeinschaft als Mitglied ihrer Delegation benennen.
    5. Jeder Delegation gehören in der Regel 20 Mitglieder an.
    6. Die Regierungskommission tritt in der Regel einmal jährlich abwechselnd in einem der beiden Staaten zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung.
    7. Die Regierungskommission und ihre Ausschüsse können weitere Ausschüsse beziehungsweise Unterausschüsse und Arbeitsgruppen einsetzen sowie Sachverständige, Beobachter und Gäste einladen.
    8. Die Regierungskommission und die Ausschüsse können sich mit Empfehlungen oder der Bitte um Unterrichtung unmittelbar an die jeweils zuständigen Stellen wenden. Die Regierungskommisison kann diesen Stellen Entwürfe von Übereinkünften unterbeiten.
    9. Die Ausschüsse treten in der Regel zweimal jährlich zusammen. Sie unterrichten die Regierungskommission regelmäßig, spätestens einen Monat vor ihrem Zusammentreten über ihre Arbeiten, insbesondere über Entscheidungen staatlicher Stellen zu ihren Empfehlungen.
    10. Die Regierungskommission kann die Ausschüsse beauftragen, ihre Empfehlungen und Entwürfe für Vereinbarungen vorzulegen.
    11. Staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen sowie Personen können der Regierungskomission und ihren Ausschüssen Fragen von regionalem Interesse und Anregungen unterbreiten.
    12. Sowohl die Regierungskommision als auch ihre Ausschüsse verständigen sich jeweils einvernehmlich auf die zu behandelnden Fragen, darunter insbesondere folgende Gebiete, soweit sie regionalen Bezug haben; Arbeit und Soziales, Grenzpendler, Energie, Raumordnung, Wirtschafts- und Handelspolitik, Fremdenverkehr, Umweltschutz, Wasserwirtschaft, Verkehrs- und Nachrichtenwesen, Angelegenheit der Grenzübergänge und der Grenzabfertigung, Infrastruktur, Seeverkehr, Erleichterung der wirtschaftlichen Tätigkeit industrieller und landwirtschaftlicher Betriebe, Förderung von Investitionen, Aus- und Fortbildung von Fach- und Führungskräften der Wirtschaft, Städtebau und Siedlungswesen, Wohnungsbau, Bodenpolitik, Forschung, Hochschul- und Unterrichtswesen, Berufsausbildung, Gesundheitswesen, Denkmalpflege, Kultur, Sprachen, Schüler- und Jugendaustausch, Freizeit, Sport, Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen, Katastrophenhilfe, Zusammenarbeit örtlicher Polizeistellen und Rettungsdienste. Die Regierungskommission und ihre Ausschüsse unterstützen auch Kontakte privater Stellen und Vereinigungen.
    13. Durch diese Vereinbarung wird nicht berührt die sonstige bilaterale Zusammenarbeit staatlicher Stellen der Vertragsparteien sowie die Tätigkeit von zwei- und mehrseitigen Gremien, die auf Grund internationaler Übereinkünfte gebildet werden.
    14. Die Vertragsparteien benennen die Stelle bzw. Stellen, die die Sekretariatsaufgaben für die Regierungskommission und ihre Ausschüsse wahrnehmen.

Falls sich die Regierung der Republik Polen mit den unter den Nummern 1 bis 14 gemachten Verschlägen einverstanden erklärt, werden diese Note und die das Einverständnis Ihrer Regierung zum Ausdruck bringende Antwortnote Eurer Exzellenz eine Vereinbarung zwischen unseren beiden Regierungen bilden, die mit dem Datum Ihrer Antwortnote in Kraft tritt und auf unbegrenzte Zeit in Kraft bleibt, sofern sie nicht von einer Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftliche gekündigt wird.

Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Hans-Dietrich Genscher



(Quelle: Presse und Informationsamt der Bundesregierung, Nr. 68, 18. Juni 1991)


 




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