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Beiträge zur Geschichte  









Hans Jürgen Schönamsguber

Die Wirtschaftspolitik im Nationalsozialismus

Die wirtschaftliche Situation am Ende der Weimarer Republik

Das Ende der Weimarer Republik war wirtschaftlich von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise geprägt, die am 29. Okt. 1929 (Schwarzer Freitag) mit dem Börsenkrach in den USA ihren Ausgangspunkt hatte. Sie erfaßte bald alle anderen Industriestaaten außer der Sowjetunion. In den USA sank die Produktion von 1929 bis 1932 um fast 50 %, und die Zahl der Arbeitslosen stieg 1932 auf 15 bis 17 Mill.

In Deutschland entwickelte sich die Krise schärfer als in den anderen Ländern, da die relative Stabilität bis 1929 hauptsächlich durch US-Kredite finanziert wurde, die jetzt kurzfristig zurückgezahlt werden mußten. Die Produktion ging bis 1932 um über 40 % zurück und die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 6 Mill. (44,4 %). Die sozialen Folgen waren verheerend. Der Nettowochenlohn der Industriearbeiter fiel von rd. 42 RM 1929 auf rd. 22 RM 1932, wobei das Existenzminimum 1932 bei rd. 39 RM pro Woche lag. Selbst 70 % der Ärzte verdienten 1932 weniger als 170 RM im Monat. In Preußen wurden von 22.000 Lehrerabsolventen nur 990 in den Schuldienst übernommen. Das sind gerade mal 4,5 % der Absolventen. Die Zahl der zwangsversteigerten Bauernhöfe stieg von 3.173 im Jahre 1929 auf 7.060 im Jahre 1932. Die Pleiten von Kleinbetrieben stieg auf über 40.000 pro Jahr. 1930 gingen selbst 1142 größere Betriebe in Konkurs.

In dieser Situation griffen die Regierungen Brüning, Papen und Schleicher zu einer Politik des Sparens und des Sozialabbaues, was die Krise und die sozialen Spannungen noch verschärfte. Die Beamtengehälter wurden gekürzt, die Arbeitslosenunterstützung wurde von 26 auf 6 Wochen begrenzt, die Renten wurden stark gemindert und die Leistungen der Krankenversicherung wurden abgebaut, um nur einige zu nennen.

Mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932 entwickelte sich für das deutsche Kleinbürgertum die drohende Gefahr, wirtschaftlich endgültig ruiniert und proletarisiert zu werden. Das Proletariat wurde auf einen Lebensstandard am Rande des Existenzminimums gezwungen. Das Bürgertum lebte in der Angst, die Situation könne außer Kontrolle geraten und revolutionäre Parteien könnten die Macht übernehmen.

Die wirtschaftspolitischen Forderungen der NSDAP

Die wirtschaftspolitischen Forderungen der NSDAP waren antimonopolistisch, antikapitalistisch und kleinbürgerlich. Sie forderten in ihrer Propaganda:

-Brechung der Zinsknechtschaft
-Abschaffung des raffenden Kapitals
-Schließung der Kaufhäuser
-Verstaatlichung der Trusts
-Enteignung der Kriegsgewinnler
-Gewinnbeteiligung in Betrieben
-Eine Bodenreform
-Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens
-Förderung des Mittelstandes
-Ausbau der Altersversorgung

Weitere Forderungen waren die Aufhebung des Versailler Vertrages, der Zusammenschluß aller Deutschen in Großdeutschland, die Rückgabe der ehemaligen deutschen Kolonien, die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für Juden sowie deren Ausweisung und den Ausbau der Volksbildung.

Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der NSDAP

1. Auflösung aller Arbeiter (2. Mai 1933)- und Unternehmerorganisationen, sowie deren Zusammenschluß in der Deutschen Arbeitsfront.

2. Neues Berufsbeamtengesetz zur Arisierung von Staat und Verwaltung.

3. Organisierung der "Selbsthilfe" gegen die Korruption. Sie diente hauptsächlich dazu, um Staatsaufträge an Nazi- oder ihnen nahestehenden Unternehmen zu vergeben. Es wurden "auf eigene Faust Boykott und Verhaftung von wirklichen und vermeintlichen Korruptionisten" vorgenommen.

4. Hugenberg, der sich der Nazifizierung der Wirtschaft widersetzte, wurde am 27. Juni 1933 zum Rücktritt gezwungen. Die DNVP löste sich auf. Anlaß für den Rücktritt Hugenbergs war dessen Auftreten auf der Londoner Weltwirtschaftskonferenz im Juni/Juli 1933 gewesen. Er hatte dort gefordert, dem "landlosen" deutschen Volk neuen Boden im Osten zur Verfügung zu stellen. Neuer Wirtschaftsminister wurde Kurt Schmitt von der Allianz- Versicherung, der das volle Vertrauen der Naziführung hatte.

5. Ein neues Kartellgesetz (15.7.33) förderte die weitere Konzentration in der Wirtschaft. Von 1933 bis 36 wurden über 1.600 Kartellverträge geschlossen und 120 Zwangskartelle errichtet.

6. Das "Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" (20.1.34) erklärte die Arbeitnehmer zur Gefolgschaft der Unternehmer und unterstellte sie deren Befehl (Durchsetzung des Führerprinzips im Betrieb). Die gesamte Organisation, Entlohnung und Bestrafung bestimmte allein der Unternehmer.

7. Das "Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft" organisierte die gesamte Wirtschaft in Reichsgruppen die in den Staatsapparat eingegliedert wurden und direkt dem Wirtschaftsminister unterstanden. Alle Unternehmen mußten ihnen beitreten. Entscheidenden Einfluß besaßen die Reichsgruppe Industrie und Banken.

8. Festlegung der Dividende auf 6 % (Ausnahme 8 %) zur Stärkung der Großaktionäre.

9. Das "Gesetz über den Aufbau des Reichsnährstandes" löste alle Genossenschaften und Handelsorganisationen für landwirtschaftliche Produkte auf. An ihre Stelle trat der Reichsnährstand, der die Preise und die Marktordnung festlegte. Das "Reichserbhofgesetz" vom 29.9.1933 legte fest, daß der Erbhof ungeteilt an den ältesten Sohn überging, sofern dieser seine "arische Reinrassigkeit" seit 1800 nachweisen konnte.

Die Phase der Rüstungskonjunktur 1933 bis 1939

Die Weltwirtschaftskrise hatte 1932 ihren Höhepunkt erreicht. 1933 entspannte sich die Lage bereits und die Konjunkturlage verbesserte sich weltweit. Während man in den USA auf eine "liberale" Wirtschaftspolitik setzte und zum ersten Mal eine antizyklische Konjukturpolitik (New Deal) praktizierte, setzte man in Deutschland auf totalen Dirigismus mit staatlich initiierter Geldschöpfung ohne Waren- oder Devisendeckung.

Der Schwerpunkt der Maßnahmen richtete sich in Deutschland ausschließlich auf die Aufrüstung. So entfielen im Staatshaushalt 1934 bereits 2,6 Mrd. RM auf Ausgaben für die Wehrmacht, während für die "zivilen" Investitionen nur 1 Mrd. RM zur Verfügung gestellt wurden. Dem Reichsarbeitsdienst, der im Rahmen der Arbeitsbeschaffung, die "zivilen" Arbeiten durchführte, wurde bereits 1934 untersagt, Projekte weiter zu führen, wenn ihre militärische Bedeutung nicht klar erwiesen war. Bis auf den Autobahnbau, der schon in der Weimarer Republik projektiert wurde, wurden alle anderen zivilen Arbeiten eingestellt. Dies beweist nur den strategischen Wert, den ihm die Nazis beigemessen haben.

Die Hauptfinanzierung der Rüstung lief nicht über Staatsaufträge und Staatsanleihen wie im ersten Weltkrieg, sondern konnte nur verschleiert durchgeführt werden, da das Reichsbankgesetz die Diskontierung langfristiger Investitionswechsel der Regierung über 400 Mill. RM Gesamtsumme untersagte. So bediente man sich eines von Schacht (Reichsbankpräsident, Wirtschaftsminister und Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft) ausgedachten besonderen "Tricks", indem man den Mefo-Wechsel erfand (Mefo = Metallurgische Forschungsgesellschaft m.b.H.). Alle Rüstungsaufträge wurden von der Mefo vergeben und mit kurzfristigen Wechseln (Laufzeit sechs Monate, die auf unbestimmte Zeit verlängert werden konnte) bezahlt. Abgelaufene Wechsel wurden mit neuen Wechseln beglichen. So schaffte man die Voraussetzung, langfristige in kurzfristige Wechsel zu verwandeln und damit entstand die Verpflichtung der Reichsbank, diese Wechsel in Zahlung zu nehmen. Von 1934 bis 1939 wurden Mefo-Wechsel in Höhe von 12 Mrd. RM ausgegeben. Die Mefo-Wechsel wurden vom Reich nie eingewechselt, sondern die Reichsbank erwarb sie als Treuhänder für das Reich und behielt sie als Belege für die Ausstellung von sogenannten Mefo-Wechsel-Bescheinigungen. Des weiteren hat die Regierung von 1933 bis 1935 statt langfristiger Schatzwechsel, "kurzfristige Arbeitsbeschaffungs-Wechsel" in Höhe von 3 Mrd. RM bei der Reichsbank in Zahlung gegeben.

Somit ist eine enorme Geldschöpfung betrieben worden, die unter normalen Bedingungen zu einer galoppierenden Inflation geführt hätte. Um dies zu verhindern, wurde am 26. November 1936 zu dem schon bestehenden Lohnstopp ein allgemeiner Preisstopp beschlossen.

Trotz dieser Manipulation funktionierte die Aufrüstung nicht so schnell wie dies von Hitler gewünscht wurde, da ein Mangel an vielen rüstungswichtigen Rohstoffen bestand, die aus Devisenmangel nicht importiert werden konnten, obwohl man die Zwangsbewirtschaftung der Importe (50 %) aus der Brüning-Zeit beibehalten hatte.

Der 1934 von Schacht entworfene "Neue Plan" sollte hier Abhilfe schaffen. Es wurde ein volles Moratorium auf alle auswärtigen Schulden erklärt. Jedes einzelne Außenhandelsgeschäft mußte von staatlichen Stellen genehmigt werden. Mit dieser hundertprozentigen Kontrolle des Außenhandels wurden die Nahrungsmittelimporte zu Gunsten von rüstungswichtigen Rohstoffenimporten gedrosselt. Des weiteren wurden mit den von Deutschland ökonomisch abhängigen Staaten (Türkei, Griechenland, Bulgarien, Rumänien und Ungarn) bilaterale Handelsverträge abgeschlossen, die einen devisenlosen Zahlungsverkehr beinhalteten. An die Stelle der Bezahlung für deutsche Importe trat eine Gegenleistung in Ware - mit Verechnungseinheiten als Preismaßstab. Um devisenbringende Exporte nach anderen Ländern zu steigern, wurde zur Dumpingpolitik gegriffen. Die von 1933 bis 1935 entstandenen Außenhandelsverluste in Höhe von 5 Mrd. RM wurden den Unternehmen aus den Exportausgleichskassen ersetzt, in die alle Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz ihres Umsatzes einbezahlen mußten.

Der "Neue Plan" zeigte zunächst gewisse Erfolge. Das Außenhandelsvolumen stieg beispielsweise um 19 %. Bereits Anfang 1936 zeigten sich erneut erhebliche Engpässe. Die Importmenge ging um 12 % zurück, die Reserve an Arbeitskräften war erschöpft und die Produktionskapazitäten der Industrie reichten nicht mehr aus, um das gewünschte Tempo der Aufrüstung zu gewährleisten.

In dieser Situation verfaßte Hitler im August 1936 eine geheime Denkschrift für einen "Vierjahresplan", die im wesentlichen auf den Ausarbeitungen des IG-Farben-Direktors Carl Krauch beruhte, der eine Politik der wirtschaftlichen Autarkie vertrat. Ohne Rücksicht auf die Kosten sollte die Selbstversorgung mit synthetischem Treibstoff, Gummi und Erzen für den Kriegsfall sichergestellt werden. Hitler faßte die Ziele dieser Autarkiepolitik in zwei Punkten zusammen:

1. Die deutsche Armee muß in vier Jahren einsatzfähig sein.
2. Die deutsche Wirtschaft muß in vier Jahren kriegsfähig sein.

Göring, der Vertauensmann von IG-Farben, trug die Denkschrift in einer Kabinettssitzung am 4. September 1936 vor. Er erörterte die Pläne mit den Worten: "Sie geht von dem Grundgedanken aus, daß die Auseinandersetzung mit Rußland unvermeidbar ist." Er schloß die Kabinettssitzung mit dem Hinweis: "Alle Maßnahmen haben so zu erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr uns befänden."

Am 28. Oktober 1936 offerierte Göring im Berliner Sportpalast den "Vierjahresplan" als eine Konzeption zur Sicherung der Ernährung des Volkes. Unter der Parole "Kanonen statt Butter" verkündete er lautstark: "Erst schafft eine starke Nation. Zuviel Fett - zu dicke Bäuche. Ich habe selbst weniger Butter gegessen und habe zwanzig Pfund abgenommen."

Göring wurde zum "Beauftragten für den Vierjahresplan" ernannt und zog immer mehr Kompetenzen des Wirtschaftsministers Schacht an sich. Er schuf ein neues System der Lenkung der Wirtschaft in Gestalt weitverzweigter "Vierjahresplan"-Behörden. Für Devisenvergehen wurde am 1. Dezember 1936 die Todesstrafe verfügt. Der Investitionsbedarf zur Realisierung des "Vierjahresplanes" wurde auf 8,6 Mrd. RM veranschlagt, wobei die Industrie lediglich 2,7 Mrd. RM selbst aufbringen sollte und der Staat 5,9 Mrd. RM aus dem Staashaushalt bereitstellte. Zusätzlich wurden 2,3 Mrd. RM für besonders kostspielige Projekte als "verlorene Zuschüsse" bewilligt. Im Rahmen des "Vierjahresplanes" wurden die Aktien, die der Staat während der Weltwirtschaftskrise übernommen hatte, zu günstigen Bedingungen reprivatisiert. Um den Konzentrationsprozeß noch zu beschleunigen, wurde am 30. Januar 1937 ein neues Aktiengesetz verkündet. Alle Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital unter 100.000 RM mußten aufgelöst werden. Neugründungen wurden nur mit einem Grundkapital über 500.000 RM zugelassen. Zugleich erhöhte das Gesetz die Vollmachten der Vorstände gegenüber der Aktionärsversammlung (Führerprinzip).

Um die unrentable Erzförderung zu betreiben, wurde von der Nazi- Regierung die AG "Reichswerke Hermann Göring" gegründet, die den Anteil der in Deutschland geförderten Erze von 12,5 auf 50 % steigerte. Die Rohstoffe wurden der Industrie zu günstigen Preisen zur Verfügung gestellt. Die Verluste trug die Staatskasse.

Bereits am Ende 1937 waren sämtliche Rohstoffvorräte aufgebraucht und die gesamten Gold- und Devisenreserven des Reiches betrugen nur noch 74 Mill. RM - eine Summe die kaum ausreichte, die Tagesausgaben zu decken. Anfang 1938 war die Handelsbilanz wieder negativ und erreichte im Laufe des Jahres ein Defizit von 132 Mill. RM. Die Industrieproduktion ging drastisch zurück.

Die Gruppe um Schacht schlug vor, dem Export zeitweilig den Vorrang zu lassen, eine enge Zusammenarbeit mit den Westmächten anzustreben, um über eine Anleihe und die Rückgabe der Kolonien zu verhandeln.

Die IG-Farben-Gruppen setzte alles auf die Karte "Rüstung" und verlangte den Vierjahresplan-Kurs auf Biegen und Brechen fortzuführen und sofort mit der Ausführung des Eroberungsprogramms zu beginnen - auch gegen die Westmächte.

Am 5. November 1937 fand in der Reichskanzlei eine Besprechung (siehe "Hoßbach-Protokoll") statt, in deren Verlauf Hitler eingestehen mußte, daß die Vierjahresplan-Politik fehlgeschlagen war. Er erklärte, daß die ersten Schritte die Niederwerfung der Tschechoslowakei und Österreichs seien und spätestens 1943/45 sei die Raumfrage zu lösen.

Am 15. März 1938 erfolgte der "Anschluß" Österreichs. Bereits elf Tage später war das ganze Bankwesen Österreichs unter der Kontrolle der Deutschen- und Dresdener Bank. Die gesamte Schwerindustrie wurde den Reichswerken "Hermann Göring" einverleibt.

Obwohl Deutschland die gesamte Finanz- und Wirtschaftskraft Österreichs absorbierte, traten bereits im Sommer 1938 noch größere Rohstoff- und Finanzprobleme als 1937 auf. Diese veranlaßten den Finanzminister, am 1. September 1938 Hitler mitzuteilen, daß die Maßnahmen "die Kassenbestände vollkommen aufzehren". Göring verordnete bereits am 22. Juni 1938 die "Dienstplicht zur Überwindung des Mangels an Arbeitskräften". Doch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten ließen sich nicht mehr überwinden, somit kam zum politischen Willen Krieg führen zu wollen, die ökonomische Notwendigkeit und damit wurde der Krieg unausweichlich.

Die Kriegswirtschaft 1939 bis 1945

Am Anfang des Krieges standen vorwiegend organisatorische Maßnahmen. Am 17. März 1940 wurde das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition unter Todt gebildet, das der Ausgangspunkt für die weitgehende Zentralisierung der Wirtschaft wurde. Bereits am 27. August 1939 wurde mit Wirkung vom nächsten Tag die Rationierung von Lebensmitteln, Kleidung, Energie und Grundstoffen angeordnet. Aufgrund der Erfahrungen aus dem I. Weltkrieg wurde diese Maßnahme seit 1934 systematisch vorbereitet und bis 1944 auf dem festgelegten Niveau durchgehalten. Dies war nur möglich, da die Nahrungsmittel der besetzten Länder rigoros dem deutschen Markt zugeführt wurden. Nur 1942 gab es eine Kürzung bei wichtigen Grundnahrungsmitteln, die dann ab 1945 in zunehmendem Maße durch Ersatzstoffe ersetzt wurden.

Auf industriellem Gebiet konnte der Ausstoß an Kriegsmaterial in etwa gehalten werden, obwohl in Deutschland die Investitionen laufend zurück gingen und 1944 nur noch 40 % des Standes von 1938 erreichten. Die Differenz mußten die besetzten Länder liefern.

Um den enormen Finanzbedarf zu sichern, wurden seit Kriegsbeginn die Steuern laufend erhöht. Das Steueraufkommen stieg bis 1943 an, um dann bis Kriegsende stark abzusinken. Durch Steuern wurden während des Krieges etwa 190 Mrd. RM für die Kriegsausgaben aufgebracht. Doch diese Summe reichte bei weitem nicht aus. Deshalb wurde bereits vor Kriegsbeginn am 15. Juni 1939 das Reichsbankgesetz geändert, das nun den Schatzwechsel wie 1914 als Mittel zur Deckung der Währung wieder zuließ (letzter Anlaß für das "Zerwürfnis" mit Schacht). Nur so ist es möglich gewesen, daß Deutschland im Laufe des Krieges 830 bis 850 Mrd. RM ausgeben konnte. Von diesen Staatsschulden stellten die Privatbanken und Sparkassen 164 Mrd. RM zur Verfügung.

Die Auslandsschulden erhöhten sich von 1,8 Mrd. RM im Jahre 1940 auf 31,5 Mrd. RM im Jahre 1944.

Noch weitere Geldquellen erschlossen sich die Nazis in den besetzten Ländern. Sie mußten Besatzungskosten bezahlen, die sich zwischen 1940 und 1944 auf 84 Mrd. RM beliefen. Die einfallsreichste Geldbeschaffung war das Ausstellen von Kreditkassenscheinen, die von der Wehrmacht und anderen Nazi- Organisationen als Zahlungsmittel ausgestellt wurden. Sie stellten eine fiktive Anweisung auf das Guthaben des besetzten Landes dar, die nach dem Krieg eingelöst werden sollte. Mit Hilfe dieser Methoden gelang es den Nazis bis 1944 insgesamt 124,6 Mrd. RM aus diesen Ländern herauszupressen.

Der totale Krieg

Die Politik des "totalen Krieges" nach der verlorenen Schlacht bei Stalingrad (Juli 1942 bis Jan. 1943), am 18. Februar 1943 von Goebbels verkündet, wurde auch auf wirtschaftlichem Gebiet praktiziert. Die gesamte Rüstungsindustrie wurde in dem Speer- Ministerium zentralisiert. Sauckel, Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz und der SS-Konzern H. Himmler erhielten weitreichende Vollmachten für die Bereitstellung von Arbeitskräften. Während die SS unter dem Motto "Vernichtung durch Arbeit" sich auf die Organisierung der Sklavenarbeit von Juden, Kommunisten, Zigeuner, Schwulen, Krimminellen usw. spezialisierte, kümmerte sich Sauckel um die Zwangsverpflichtung von Fremdarbeitern, Kriegsgefangen und Frauen, auf die er nun in allen besetzten Gebieten eine regelrechte Jagd veranstaltete. Auf die Verweigerung der Arbeitspflicht wurde die Todesstrafe eingeführt. Die Bilanz dieser Terrormaßnahmen waren über 6 Mill. Tote durch die Aktionen der SS und von den über 10 Mill. Zwangsarbeitern überlebten nur etwa 7 Mill. das Ende des Krieges.

Schlußbetrachtung

Die wirtschaftspolitischen Forderungen der Nationalsozialisten waren von Anfang an ein grandioser demagogischer Bluff. Es wurde nicht einmal der leiseste Versuch unternommen, auch nur eine Forderung zu realisieren, sondern es wurden nur Ablenkungsmanöver veranstaltet (Winterhilfswerk, Kraft durch Freude usw.).

Die eigentliche Wirtschaftspolitik bestand schlicht und ergreifend in der Kriegsproduktion mit ungedeckten Wechseln.

Diese Art der Wirtschafts- und Währungspolitik, Binnenwährung mit unkontrollierter Geldschöpfung, war einer der Hauptgründe für die USA, die nationalen Währungen der Aufsicht des IWF zu unterstellen. Um damit die internationale Zahlungsfähigkeit dieser Länder zu erzwingen, was als unabdingbare Voraussetzung für einen offenen Welthandel angesehen wurde.


© Hans Jürgen Schönamsgruber








 

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