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Hartmut Krauss
Staatliches Handeln und Religion/Islam:
Passiver Nachtwächterstaat, aktiver Garant demokratischer Grundrechte
oder postsäkularer „Geschäftspartner“?
Angesichts der globalen Reaktivierung des Religiösen, des Auftriebs
fundamentalistischer Strömungen in fast allen nennenswerten Religionen und
der Masseneinwanderung von Menschen mit einem prämodern-religiösen
(islamischen) Bewusstsein muss die Frage nach dem Verhältnis des
(spät-)modernen bürgerlichen Staates zur Religion auch aus
herrschaftskritisch-emanzipatorischer Perspektive neu gestellt werden. Dabei
darf man das Feld der Definitionsmacht nicht kampflos jenen
spätbürgerlich-konservativen und neoliberalen Kräften überlassen, die sich
längst von den Prinzipien und Grundorientierungen des Aufklärungshumanismus
losgesagt haben und bereits wieder einen herrschaftsstrategischen
Schulterschluss mit den religiösen Mächten eingegangen sind.
Betrachten wir zunächst eine definitorisch maßgebliche Bestimmung des
Verhältnisses des deutschen Gegenwartsstaates zur Religion bzw. zur Glaubens-
und Bekenntnisfreiheit, wie sie im GG (Art. 4 I, II) festgelegt ist:
„Geschützt von Art.4 I ist demnach nicht nur der gottverbundene
Glaube, sondern ebenso das Führwahrhalten aller anderen, nicht- oder sogar
antireligiösen Weltanschauungen (transzendente oder weltliche Sinndeutung von
Welt und Mensch; rationale oder irrationale Überzeugung davon, was als
absolut Gültiges hinter den Erscheinungen der Welt steht; Anderssein
einschließlich Atheismus). Die Glaubensfreiheit beinhaltet nicht nur das
forum internum (Freiheit des Denkens), sondern erstreckt sich auch auf die
Freiheit, das auszusprechen oder zu verschweigen, was man glaubt oder nicht,
für seinen Glauben zu werben oder sogar andere von einem fremden Glauben
abzuwerben. Überhaupt gehört zur Glaubensfreiheit das Recht des Einzelnen,
sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner
inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (positive und negative
Glaubensfreiheit; eine religiöse oder antireligiöse Überzeugung bilden,
haben, äußern und demgemäß handeln.)
Diese weite Auslegung des Leitbegriffs Glaube beruht darauf, dass von
einer echten Glaubensfreiheit eben erst gesprochen werden kann, wenn zur
Aktualisierung und Realisierung der inneren Überzeugung vor allem drei
Komponenten gegeben sind (Glaubensverwirklichungsfreiheit): (1) religiöse und
weltanschauliche Bekenntnisfreiheit, (2) ungestörte Religionsausübung und (3)
religiöse Vereinigungsfreiheit.
Das verbindliche Gebot der weltanschaulich-religiösen Neutralität verwehrt
es grundsätzlich dem Staat, bestimmte Bekenntnisse zu privilegieren oder den
Glauben oder Unglauben seiner Bürger zu bewerten.“ (A. Katz:
Staatsrecht. Heidelberg 2005, S. 352, 354)
Insbesondere mit dem letzten Satz wird hier ein passiv-hinnehmendes
Verhältnis des Staates zu religiösen Überzeugungen und Lebenspraktiken
dogmatisiert, ohne sich auf eine genauere Prüfung der Religionsinhalte
einzulassen. Der Verzicht auf eine philosophische (ideologiekritische)
und/oder theologische Bewertung des Glaubens oder Unglaubens der Staatsbürger
darf aber eben gerade nicht zu einem staatlichen Verzicht der juristischen
Bewertung existierender Widersprüche zwischen Glaubensinhalten und
verfassungsmäßig garantierten individuellen Grundrechten führen. Ganz in
diesem Sinne wird auch von Vertretern der europäischen Koexistenzform von
Staat und Kirche eine deutliche Grenzziehung gegenüber der
Betätigungsfreiheit des Religiösen gezogen, wobei der Staat in diesem
„asymmetrischen Koexistenzverhältnis“ die Grenzen der Autonomie
der Religion definiert und nicht etwa die Religion die Grenzen des modernen
Verfassungsstaates:
„Da der moderne Verfassungsstaat eine auf die Idee der
Menschenrechte gegründete Ordnung ist, kann er sich durch keine der
Freiheiten, die er garantiert, als Garanten der Menschenrechte selbst zur
Disposition stellen. Auch die Religionsfreiheit reicht in der
verfassungsstaatlichen Gewährleistung nur so weit, wie die Religion, die sie
in Anspruch nimmt, die Menschenrechte aller respektiert“ (Graf
Kielmannsegg 2007, S. 7).
Die weltanschaulich-religiöse Neutralität und das daraus willkürlich
abgeleitete absolute Bewertungsverbot sind deshalb keinesfalls als
verbindliche Norm zu charakterisieren, sondern als willkürliche Setzung mit
der verhängnisvollen Folge einer Selbstfesselung gegenüber religiösen,
tendenziell oder aktuell menschenrechtswidrigen Glaubenssystemen und den
daraus folgenden Handlungen.
Eine solche rechtsdogmatische Festlegung widerspricht aber einem
demokratisch-emanzipatorischem Verständnis des säkularen Verfassungsstaates,
der als aktiver Garant und Protektor der
‚modernen’ (posttraditionalen) Grund- und
Menschenrechte konzipiert ist (1). Als solcher kann er
sich nicht auf die Rolle eines passiv-hinnehmenden und inhaltlich
desinteressierten Beobachters beschränken. Täte er das, dann würde er seine
konstitutive Gründungseinsicht preisgeben, nämlich dass das Religiöse mit
seinem absolutistischen Deutungs- und Normierungsanspruch nicht nur die
Grundform des Ideologischen und der menschlichen Selbstentfremdung
verkörpert, sondern insbesondere auch die Grundmatrix einer prämodernen, d.
h. autoritär-antidemokratischen Gesellschaftsformierung darstellt..
Folgende Hauptaspekte dürften für diese im Zitat anklingende
staatsrechtliche Fehlnormierung verantwortlich sein:
1) Im formalistischen (undialektischen) Diskurs der Rechtswissenschaft
bleibt oftmals das Problem der substanziellen Konflikthaftigkeit
(potentiellen Widersprüchlichkeit) und dadurch notwendigen Hierarchisierung
der Grundrechte und Verfassungsprinzipien ausgeblendet. Was passiert
eigentlich, wenn religiöse Glaubensnormen mit der Wahrnehmung und Ausübung
von Grundrechten - den posttraditional kodifizierten und höherwertigen Normen
- kollidieren bzw. diese negieren? (Beispiele: Gleichberechtigung der
Geschlechter vs. religiös begründete männliche Vormachtstellung; freie Wahl
des Ehepartners vs. Zwangsheirat; Repressionsandrohung im Falle des
Religionsaustritts etc.)
2) Im positivistischen Rechtsdiskurs bleibt darüber hinaus der
kulturhistorische Entstehungsprozess der „modernen“ bürgerlichen
Gesellschaft als umwälzende Auflösung der „prämodernen“ feudalen
Gesellschaft ausgeblendet. Entsprechend wird auch die Dezentrierung des
Religiösen bzw. die Brechung der absoluten Deutungs- und
Normierungsmacht des Religiösen als Grundmerkmal der
‚Moderne ’ ignoriert. Innerhalb der modernen,
säkular-demokratischen Gesellschaft ist das Religiöse demnach nur
tolerierbar, insofern es seine neue „Platzanweisung“ akzeptiert,
d. h. (a) die Abtretung absoluter Deutungs- und Normierungsmacht akzeptiert,
(b) die Trennung von Religion, Staat, Recht und Privatsphäre hinnimmt und (c)
ein „fundamentalistisches“ Streben nach Wiedereinsetzung als
absolute/totalitäre Deutungs- und Normierungsmacht unterlässt.
3) Als aktiver Garant und Beschützer der Grund- und Menschenrechte gilt
für den säkular-demokratischen Rechtsstaat folglich die Prämisse, dass das
Religiöse/die religiösen Glaubenssysteme innerhalb der ‚Moderne’
nur in einer Form akzeptiert werden kann/können, in der die Grund- und
Menschenrechte nicht verletzt werden. Aus diesem Grunde ist eine kritische
Bewertung der rituellen und normativen Grundgehalte der jeweiligen Religion
unverzichtbar. Insofern rituelle und normative Religionsaspekte mit Grund-
und Menschenrechten kollidieren bzw. diese verletzten, muss das Recht auf
positive Religionsfreiheit im Sinne einer konsequenten Prioritätssetzung
eingeschränkt werden, d. h. der Grundsatz gelten:‚Grund- und
Menschenrechte vor positiver Religionsfreiheit’. Deshalb kann es auch
keine absolute bzw. unbeschränkte Glaubensfreiheit geben und etwa zugelassen
werden, das bestimmte Gruppen ihr gesamtes Verhalten an den Lehren eines
Glaubens ausrichten, der in wesentlichen Aussagen und Vorschriften
elementaren Grund- und Menschenrechten widerstrebt.
4) Im Verständnis des Grundgesetzes ist Religion implizit als
modernisierte Religion unterstellt, also als „Privatreligion“,
die ihre von der antifeudalen Revolution erteilte Lektion verstanden und ihre
Platzanweisung akzeptiert hat. Ein solches modernes, individualrechtliches
Religionsverständnis kann aber nicht unversehens auf den Islam übertragen
werden. Denn: „Den Religionswandel des Christentums in Richtung einer
Privatisierung der Religion als Folge der Moderne, d. h. die Säkularisierung,
lassen selbst liberale Muslime für den Islam nicht zu“ (Tibi 1996, S.
231). Entsprechend ist der Islam, der in
Abhängigkeit von konkreten Kräfteverhältnissen nach alleiniger Geltungsmacht
strebt, nicht einfach nur ein privates Glaubenssystem, sondern
eine umfassende Weltanschauung, politische Doktrin und
Herrschaftsideologie. Als solche ist er aber - wie jede nach
totalitärer Deutungs- und Normierungsmacht strebende Weltanschauung - nicht
durch Artikel 4 GG geschützt.
Der vorherrschende Diskurs, wie er im Eingangszitat von Katz zum Ausdruck
kommt, ist auch ein Produkt des ‚abgebrochenen‘ bzw. halbherzigen
Säkularisierungsprozesses, der aus Deutschlands gebücktem Gang in die
bürgerliche Moderne resultiert.(2) Während in Frankreich ein starkes
revolutionäres Bürgertum einen strikten Laizismus verwirklichte, ging die
politisch-ideologisch schwache wilhelminische Bourgeoisie einen Pakt mit Adel
und Klerus ein und fügte sich in diesem monarchistischen Rahmen auch der
Einführung eines konservativ-christlichen Schulsystems. In diesem
kulturhistorischen Kontext entwickelte sich dann die Vorherrschaft einer
rechtsformalistischen Staatssicht auf die Religion, die auf eine kritische
Inhaltsanalyse und Bewertung weitgehend verzichtet und damit im hohen Maße
anfällig ist für die missbräuchliche Instrumentalisierung durch
freiheitsfeindliche Glaubensgemeinschaften und Sekten. So gelang es zum
Beispiel der Islamischen Föderation Berlin - einem von Milli Görüs
beeinflussten Dachverband islamischer Vereine - in einem langjährigen
Gerichtsverfahren gegen das Land Berlin zunächst 1998 die Anerkennung als
Religionsgemeinschaft zu erstreiten und 2001 dann das Recht auf die Erteilung
eines staatlich unkontrollierten Islamunterrichts zu erlangen. Als
formaljuristische Legitimierungsgrundlage dieser Urteilspraxis erwies sich
letztlich der Umstand, dass in Berlin am 1. Januar 1949 Religion kein
ordentliches Lehrfach war und somit nicht Artikel 7 Absatz 3 sondern Artikel
141 des Grundgesetzes zum Tragen kam. Dort heißt es :„Soweit das
Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer, in Krankenhäusern,
Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstalten besteht, sind die
Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, wobei
jeder Zwang fernzuhalten ist.“ Demnach stand für das am 25. Oktober
2001 letzturteilende Berliner Verwaltungsgericht grundsätzlich fest,
„dass der Religionsunterricht (an Berliner Schulen, H. K.) inhaltlich
eine autonome, vom Staat grundsätzlich in keiner Weise zu beeinflussende
Angelegenheit ist.“(3). Vor diesem Hintergrund können die Islamisten in
Berlin Religionsunterricht in öffentlichen Schulen durchführen, wobei der
Staat Räume samt Licht und Heizung überlassen und die Lehrkräfte bezahlen
muss, während er keinen Einfluss auf Inhalt, Methode und Lehrerauswahl
ausüben darf.
Inwieweit die Urteilsbegründung des Berliner Verwaltungsgerichts zugleich
eine proislamistische Willkürentscheidung
darstellt, geht zum einen unmissverständlich daraus hervor, dass den
Islamlehrern explizit gestattet wird, „punktuell von der Verfassungs-
und Rechtslage abweichende Standpunkte zu vertreten“. Da eine gegebene
Rechts- und Verfassungslage nicht unabänderlich festgelegt sei, so das
Gericht, müssten auch religiös begründete Meinungen vertreten werden,
„die mit der vorgefundenen Rechts- und Verfassungslage nicht in
Einklang stehen. Ort einer solchen Diskussion kann auch ein
Religionsunterricht sein.“ Zeugt die Betrachtung der islamischen
Religionsunterweisung als ‚Diskussion‘ nur von grotesker
Ignoranz, so wird mit diesen Darlegungen dem Eintreten für eine religiös
begründete Veränderung der freiheitlich-demokratischen Verfassungs- und
Rechtslage in eine gottesherrschaftliche Richtung die richterliche Weihe
erteilt. „Viele Religionen, die die Autorität staatlicher Gesetze für
sich grundsätzlich anerkennen, machen gleichwohl einen Vorbehalt zu Gunsten
ihres Gewissens und ihrer aus dem Glauben begründeten Entscheidungen und
bestehen letztlich darauf, im Fall eines unausweichlichen Konflikts den
Glaubensgeboten mehr zu gehorchen als den weltlichen Geboten des
Rechts.“
Normative Grundlage für diese ungeschminkte Unterstützung islamischer
‚Kontererziehung‘ gegen die Prinzipien der kulturellen Moderne
ist die Verabsolutierung inhaltlich unbefragter Religionsfreiheit gegenüber
staatlich-demokratischer Kontrolle. „Die durch Art. 4 Abs. 2 GG
gewährleistete Bekenntnisfreiheit, die selbstverständlich auch das Lehren des
Bekenntnisses im Rahmen des Religionsunterrichts erfasst, verbietet aber eine
vorhergehende inhaltliche Festlegung des Unterrichts von Staatsseite.
Keinesfalls können deshalb von Seiten der Senatsverwaltung vorab
beispielsweise Bekenntnisse und Stellungnahmen der Antragstellerin aus
islamischer Sicht zur Stellung der Frau im Islam und im Grundgesetz bzw. zu
deren didaktischer Umsetzung gefordert werden. ... Ob und in welcher Form die
Antragstellerin die Stellung der Frau im Islam allgemein, in Ländern mit
anderer Koraninterpretation oder aber im Grundgesetz in ihrem Unterricht zu
thematisieren gedenkt, obliegt allein der Antragstellerin.“(4)
Im Artikel 4. Abs. 2 wird zwar - wohl mit Blick auf den Vollzug
gottesdienstlicher Rituale - die ungestörte Religionsausübung gewährleistet.
Darunter ist aber nicht ‚gesetzmäßig’ das Recht auf die Erteilung
von Religionsunterricht im staatlichen Schulsystem - noch dazu ohne Aufsicht
und Einwirkungsmöglichkeit des Staates auf dessen Inhalte - zu verstehen.
Vielmehr handelt es sich bei diesem Urteil und seiner Begründung um eine
richterliche Willkürentscheidung, die dem Geist der Verteidigung einer
menschenrechtlich-demokratischen Grundordnung widerspricht und faktisch ein
Sonderrecht des Islam auf Auslebung einer verfassungswidrigen
Glaubensüberzeugung präjudiziert.
„Du musst nicht verfassungstreu sein“
Die dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts innewohnende
Grundeinstellung, die auf eine Preisgabe der Verteidigung
säkular-demokratischer und emanzipatorischer Grundprinzipien zugunsten einer
sonderrechtlichen Privilegierung des Religiösen hinausläuft, ist kein
Einzelfall. Sie ist vielmehr Ausdruck einer „postmodernen“
Grundströmung innerhalb der „juristischen Klasse“, die auf eine
Revision moderner (säkular-humanistischer) Rechtstheorie, Rechtsauslegung und
Rechtspraxis hinausläuft. Als paradigmatisch kann hier ein ganzseitiger
Aufsatz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angesehen werden (Poscher
2007), in dem gar nicht mehr erst versucht wird, die Quadratur des Kreises
vorzunehmen und eine Vereinbarkeit von Islam und Grundgesetz zu behaupten.
Die Parole bzw. der neodogmatische Persilschein lautet nun: „Du musst
nicht verfassungstreu sein“.
Demnach darf ein religiöser Glaube sehr wohl verfassungsfeindliche Inhalte
haben und kann sich dennoch davon unbeschadet auf die grundrechtlich
geschützte Religionsfreiheit berufen. „Das Grundgesetz verlangt daher
von den Religionen auch keine Verfassungstreue, sondern Respekt vor dem
Vorrang der säkularen Rechtsordnung und den verfassungsrechtlich geschützten
Rechtsgütern Dritter“. Zum einen wird dadurch sowohl der
propagandistischen Predigt verfassungs- und menschenrechtsfeindlicher
(theokratischer) ‚Überzeugungen’ als auch der erzieherischen und
sozialisatorischen Heranzüchtung verfassungsfeindlicher (desintegrierter)
Subjektivität Tür und Tor geöffnet. Zum anderen wird mit dieser Vorgabe der
öffentlich hervorgekehrten Heuchelei von Rechts- und Verfassungskonformität
massiv Vorschub geleistet.
Der grundlegende Irrtum dieser rechtsdogmatischen Konstruktion besteht in
folgendem:
A) Der Religionsbegriff des Grundgesetzes unterstellt unter dem Eindruck
der kulturhistorischen Wirkung des Aufklärungshumanismus ein modernes
Religionsverständnis, wonach Religion gleich welcher Art keine absolute
Geltungsmacht mehr beanspruchen kann, sondern eine Trennung von Religion,
Staat, Recht und Privatsphäre vorausgesetzt ist. Genau diese Trennung hat der
Islam in Lehre und Praxis eben nicht vollzogen. Solange er aber die Trennung
von Staat und Moschee ablehnt, ist er primär als Ideologie zu betrachten und
nicht per se als Religion. Seine Ziele sind infolgedessen politisch - und
damit nicht so ohne weiteres unter ‚Religionsfreiheit’ zu
subsumieren. Zudem gewährt er keine Glaubensfreiheit und verknüpft
Gläubigkeit untrennbar mit der Einhaltung grundrechtswidriger Vorschriften.
Aus diesem Grund kann sich der säkular-demokratische Staat im Falle des Islam
auch nicht auf einen inhaltsabstrakten, die konkreten Glaubensvorschriften
ignorierenden, Neutralismus zurückziehen und darf auch nicht auf eine
„scharfe Befragung“ verzichten oder gar einen privilegierenden
Sonderstatus gewähren.
B) Da der Islam folglich in seiner vorherrschenden orthodoxen bzw.
identitären Form (Koran, Sunna, Scharia) massiv mit diversen Artikeln des
Grundgesetzes kollidiert, sich nicht auf die Ausübung seiner eigentümlichen
Rituale (Beten, Fasten, Pilgerreise, Feiertage) und spirituellen Belange
beschränken lässt und grundsätzlich einer säkular-demokratischen
Gesellschaftsordnung widerstrebt, kann er auch keinen vollen Schutz des
Grundgesetzes für sich in Anspruch nehmen. Generell muss deshalb die
Einhaltung und der Schutz grund- und menschenrechtlicher Regelungen Vorrang
haben vor dem Schutz eines religiösen Glaubens, der in wesentlichen Teilen
auf der Befolgung verfassungswidriger religiöser Vorschriften beruht. Die
rechtsdogmatisch konstruierte Unterscheidung zwischen
‚Überzeugung’ und ‚Handlung’ widerspricht nicht nur
aufgrund ihrer mechanistischen Aufspaltung der integralen Logik menschlicher
Lebenstätigkeit und ist mithin lebenswirklichkeitsfremd, sondern verkennt in
Gänze die Wesensspezifik des Islam als einer prämodernen
Vorschriftenreligion: Die Glaubensausübung der orthodox bzw. konsequent
gläubigen Muslime muss sich in der konkret-praktischen Befolgung von
alltagsbestimmenden Handlungsnormen realisieren und kann eben nicht auf das
bloße (passive) ‚Haben’ von ‚Überzeugungen’
beschränkt werden.
Sachverhaltsbezogene Unkenntnis und Ignoranz gegenüber dem Islam als einer
menschen- und grundrechtswidrigen Vorschriftenreligion führt in Verbindung
mit der sonderrechtlichen Privilegierung religiöser Glaubensüberzeugungen
sukzessive nicht nur zu einer Gefährdung der säkular-demokratischen
Lebensordnung und des in ihr ruhenden Bürgerfriedens. Sie schwächt auch
nachhaltig die demokratische Abwehrbereitschaft gegenüber religiösen
Überzeugungstätern auf strafrechtlichem Gebiet, ja impliziert geradezu deren
tendenzielle Generalamnestie. Während Poscher nur die Handlungen, nicht aber
die Überzeugungen juristisch bewertet wissen will („Du darfst dich nur
nicht erwischen lassen“), geht man im Strafrecht noch einen Schritt
weiter und argumentiert genau anders herum („Wenn du erwischt worden
bist, werden deine religiösen Handlungsmotive strafmildernd
anerkannt“).
Aufschlussreich ist in diesem Kontext der - offensichtlich
„nichtexotische“ - Begründungsdiskurs einer Staatsanwältin:
„Das Bundesverfassungsgericht hat … festgestellt, dass
Betätigungen und Verhaltungsweisen, die aus einer bestimmten Glaubenshaltung
fließen, nicht ohne weiteres den Sanktionen unterworfen werden können, die
der Staat für ein solches Verhalten - unabhängig von seiner glaubensmäßigen
Motivation - vorsieht. Die Ausstrahlungswirkung des Grundrechts aus Artikel 4
Abs. 1 GG kommt danach in solchen Fällen in der Weise zur Geltung, dass sie
Art und Maß der zulässigen staatlichen Sanktionen beeinflussen kann.“
Diese Geltendmachung einer „Ausstrahlungswirkung“ mit dem Effekt
einer abschwächenden Beeinflussung auf das staatliche Sanktionshandeln ist
schlicht ein willkürliches Konstrukt, um die Sonderstellung religiöser
Handlungsgründe bzw. das Abrücken von der vorgeblichen Neutralität zu
rechtfertigen. Weiter heißt es auf dieser Argumentationslinie:
„Wer sich in einer konkreten Situation durch seine
Glaubensüberzeugung zu einem Tun oder Unterlassen bestimmen lässt, kann mit
den in der Gesellschaft herrschenden sittlichen Anschauungen und den auf sie
gegründeten Rechtspflichten in Konflikt geraten. Verwirklicht er durch dieses
Verhalten nach herkömmlicher Auslegung einen Straftatbestand, so ist im
Lichte des Artikel 4 Abs. 1 GG zu fragen, ob unter den besonderen Umständen
des Falles eine Bestrafung den Sinn staatlichen Strafens überhaupt noch
erfüllen würde. Ein solcher Täter lehnt sich nicht aus mangelnder
Rechtsgesinnung gegen die staatliche Rechtsordnung auf. Er sieht sich
vielmehr in eine Grenzsituation gestellt, in der die allgemeine Rechtsordnung
mit dem persönlichen Glaubensgebot in Widerstreit tritt und er fühlt die
Verpflichtung, hier dem höheren Gebot des Glaubens zu folgen. Die sich aus
Artikel 4 Abs. 1 GG ergebende Pflicht aller öffentlichen Gewalt, die ernste
Glaubensüberzeugung in weitesten Grenzen zu respektieren, muss immer dann zu
einem Zurückweichen des Strafrechts führen, wenn der
konkrete Konflikt zwischen einer nach allgemeinen Anschauungen bestehenden
Rechtspflicht und einem Glaubensgebot den Täter in eine seelische Bedrängnis
bringt, der gegenüber sich die kriminelle Bestrafung als eine übermäßige und
daher seine Menschenwürde verletzende soziale Reaktion darstellen würde (vgl.
BverfG NJW 1972, 327 (328,329).“5) (Hervorhebung von mir, H. K.)
Damit wird ganz offensichtlich - und zwar in verallgemeinerter Diktion -
eine ‚überordnende’ bzw. exklusive Vorrangstellung der
Religionsausübungsfreiheit gegenüber a) anderen Grundrechten und b) anderen
nichtreligiösen Weltanschauungen eingeführt und daraus dann das Gebot bzw.
die „Pflicht“ zu einem „Zurückweichen des
Strafrechts“ abgeleitet.
Angesichts dieser völlig offenkundigen Privilegierung bzw.
sonderrechtlichen Besserstellung (6) religiöser Überzeugungen als
strafmildernd bzw. strafabwehrend kann es dann auch fast schon nicht mehr
verwundern, dass das Werben für Terror-Organisationen wie Al-Qaida, die
Rechtfertigung ihrer Ziele sowie die Verherrlichung von deren Straftaten
nicht mehr als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung geahndet wird
- ganz unabhängig davon, wie menschenverachtend die Werbung in ihrer
Ausgestaltung und wie nützlich sie in ihrer Wirkung für die
Terrororganisation auch sein mag. Der Grund für diese Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom Mai 2007 war in diesem Falle allerdings eine Folge von
sicherheitspolitisch fragwürdigen Strafrechtsänderungen des Gesetzgebers in
den Jahren 2002 und 2003. „Erklärtes Ziel dieser Änderung war es, eine
klarere Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals des Werbens zu erreichen und die
Strafbarkeit solcher Tätigkeit auf Fälle zu beschränken, in denen auch unter
Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit ein
unabweisbares Strafbarkeitsbedürfnis besteht, insbesondere sollte die so
genannte Sympathiewerbung von der Strafbarkeit ausgenommen werden.“ (7)
Die schizophrene Handlungsweise des Staates besteht hier ganz offenkundig
darin, einerseits eine agitatorische Werbung für islamische
Terrororganisationen und religiös motivierte Straftaten deutlich milder zu
beurteilen und damit ein entsprechendes (ermutigendes) Signal zu setzen,
während andererseits eine sicherheitspolitisch begründete
Freiheitsbeschränkung für alle Bürger zunächst propagandistisch und sodann
legislativ vorangetrieben wird.
Kulturrelativismus als parteiliche Rechtsprechungsideologie
Neben dieser strafrechtlichen Begünstigung und milderen Beurteilung
religiöser Überzeugungstäter und islamischer Terrorwerber gibt es eine lange
Liste kulturrelativistisch motivierter Rechtsurteile, die wiederum auf eine
das menschenrechtliche Gleichheitsprinzip verletzende
Gültigkeitseinschränkung der Gesetzesordnung für Zuwanderer insbesondere aus
dem islamischen Herrschaftsraum hinauslaufen. Der öffentlich zufällig
skandalisierte Fall einer Frankfurter Familienrichterin, die in einem
Scheidungsverfahren eheliche Gewalt nicht nach deutschem Recht beurteilte,
sondern aufgrund der Koransure 4,34 festlegen wollte, dass die Ausübung des
islamisch legitimierten Züchtigungsrechts des muslimischen Ehemannes keine
unzumutbare Härte gemäß Paragraph 1565 BGB darstelle, stellt hier nur die
Spitze eines Eisbergs dar. Dieselbe Geisteshaltung findet sich auch in einer
Stellungnahme des Bundesfamilienministeriums an den Petitionsausschuss des
deutschen Bundestages vom Oktober 2004:
„Das deutsche Recht steht einer mehrfachen Verheiratung von
Personen, deren Heimatrecht die Mehrehe erlaubt, nur entgegen, sofern die
neue Heirat in Deutschland erfolgen soll. Im übrigen sind polygame Ehen
anzuerkennen, wenn sie dem Heimatrecht der in Betracht kommenden Personen
entsprechen.“(zit. n. Maul 2006, S. 107)
Dementsprechend existiert in Deutschland eine sozial- und
unterhaltsrechtliche Ausnahmegenehmigung für Polygamie, insoweit es sich um
Zuwanderer handelt.
Auch in einer ganzen Reihe von Strafprozessen gegen zugewanderte
muslimische Mörder, Totschläger und Körperverletzer wurde immer wieder der
„kulturelle Hintergrund“ bzw. die „kulturelle
Herkunft“ der Täter von entsprechend ideologisierten Richtern und
Gutachtern als strafmildernd bzw. entlastend anerkannt. Ich verweise hier zur
Veranschaulichung auf jene Fälle, die Veit Medick (2007) (8) prägnant
beschrieben hat:
In einem Prozess in Essen aus dem Jahr 2002 ging es um folgenden Fall:
„Der Libanese Ahmed M. vergewaltigte seine Frau, würgte und prügelte
sie, schlug regelmäßig seine sieben Kinder und fand das alles ‚ganz
normal’, wie er während der Gerichtsverhandlung zu Protokoll gab. Das
Urteil des Landgerichts: ein Jahr Strafe wegen Körperverletzung und Nötigung,
ausgesetzt zur Bewährung. Der Richter betonte in der Begründung damals, man
müsse schließlich den ‚kulturellen Hintergrund’ strafmildernd
berücksichtigen.
Drei Jahre später sorgte in Wuppertal der Fall von Ziya D. für Aufruhr. Er
hatte nicht verkraftet, dass seine Frau vor seiner Gewalttätigkeit in ein
Frauenhaus geflüchtet war. In einem Anfall von Eifersucht hatte er sie mit
mehreren Pistolenschüssen getötet. Im anschließenden Prozess plädierte der
psychiatrische Sachverständige darauf, bei der Abwägung des Strafmaßes die
‚kulturbedingt niedrigere Hemmschwelle Frauen gegenüber als normale
Mitteleuropäer’ zu berücksichtigen. Hier nahm die Strafkammer die
Herkunft des Angeklagten zwar zur Kenntnis, ließ sie aber nicht strafmildernd
einfließen. Wegen Totschlags verhängte das Wuppertaler Gericht gegen Ziya D.
schließlich neun Jahre Haft.
Für Strafmaß-Verwirrung sorgte auch der Bunkermord-Prozess über eines der
spektakulärsten Bremer Verbrechen. Die Täter waren geständig, der Tathergang
unstrittig. Die drei Angeklagten aus dem PKK-Milieu hatten demnach 2003 eine
18-Jährige und ihren 23-jährigen Ehemann brutal getötet. Die Frau wurde im
Uferschlamm der Weser erstickt, dem im Rollstuhl sitzenden Mann wurde erst
der Schädel eingeschlagen, anschließend wurde er überfahren. Motiv der Tat
waren Beziehungsprobleme. Trotz der Bestialität wollte der Tatrichter aber
nicht von einer Tötung aus niedrigen Beweggründen sprechen, da vor dem
Hintergrund der Beziehungsprobleme ‚nach der archaischen Sitten- und
Wertvorstellungen aller beteiligten Personen eine Schlichtung nicht mehr
möglich’ war. Für die Angeklagten hätten ‚Fragen der Ehre und
Angst vor der sozialen Ausgrenzung im Vordergrund’ gestanden. Aufgrund
ihrer ‚stark verinnerlichten heimatlichen Wertvorstellungen’ sei
ihnen nicht bewusst gewesen, ‚dass ihre Beweggründe objektiv als
besonders verwerflich und sozialrücksichtslos anzusehen’ sind. Die zwei
Hauptangeklagten wurden schließlich zu 13 und 15 Jahren Gefängnis
verurteilt.
Im sogenannten ‚Enthauptungs-Prozess’ 2003 wurde ähnlich
argumentiert. Auch diesen Tathergang sah das Gericht als erwiesen an. Demnach
hatte der kurdische Angeklagte am 6. Mai 2003 seine Schwägerin zunächst
erstochen und ihr anschließend mit einem Küchenmesser den Kopf abgetrennt.
Unter Triumphgeschrei lief der Mann anschließend mit dem Kopf in der einen
und dem Messer in der anderen Hand durch die Fußgängerzone der Kleinstadt
Übach-Palenberg. Und doch verurteilte das Gericht den Mann nicht wegen Mordes
- schließlich könne seine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausgeschlossen
werden. Als strafmildernd werteten die Richter den ‚ethno-kulturellen
Hintergrund’ des Mannes. Seine Kriegserlebnisse als Rebell der
kosovarischen Befreiungsarmee UCK habe zu ‚anderen Moral- und
Wertvorstellungen’ geführt.“
Diese faktische Außerkraftsetzung der Rechtsgleichheit, die ein
wesentliches Grundprinzip der europäischen Moderne ist, lässt sich auch in
anderen Kernländern Europas feststellen. So gestattete unlängst ein Mailänder
Gericht einem eingewanderten Pakistaner die Heirat einer minderjährigen
Zweitfrau per Telefon.
Nun erteilte ein höheres italienisches Gericht einem Muslim das Recht,
„seine Tochter zu verprügeln, weil sie sich mitten in Europa nicht
gemäß den islamischen Sitten verhält, sondern
‚westlich-europäisch’ ist. Fatima R. aus Bologna war mit einem
Jungen spazieren gegangen. Darauf hin fesselte ihr Vater sie an einen Stuhl
und band sie nur dann los, wenn er oder seine Söhne Lust hatte, die Tochter
brutal zu verprügeln. Die Tochter zeigte ihren Vater an. Der wurde zunächst
dafür verurteilt und nun höchstrichterlich mit Berufung auf den Islam
freigesprochen. Die Richter befanden, die Familie habe das Recht, die Tochter
in ihren Kulturkreis hineinzuprügeln, wenn die Gefahr bestehe, daß das
Mädchen sich ansonsten aus Freiheitsdrang selbst töten werde. Das Urteil kann
nicht mehr angefochten werden. In Italien dürfen Muslime somit wohl von
sofort an ihre Frauen und Töchter mit höchstrichterlichem Segen aus
multikulturellen Gründen zusammenschlagen, wenn sie erklären, daß ihre
Töchter zu westlich werden und die Töchter vor dem Hintergrund des Drucks der
Familie mit Selbstmord drohen.“(9)
Diese Berücksichtigung „kultureller Differenz“ als
eigenmächtig-parteiliche Übernahme einer apologetischen Bewertungsideologie
gegenüber menschenrechtswidrig normierten religiösen
Zuwanderungsgemeinschaften (10) bedeutet eine Preisgabe unveräußerlicher
moderner Rechte und Urteilsmaßstäbe. Im Grunde wird damit seitens der
urteilende Instanzen ein Rückfall hinter den bürgerlichen Rechtshorizont der
formalen Gleichheit vollzogen und die faktische Wiedereinsetzung von
vormodernen Gruppenvorrechten bzw. soziokulturellen
„Standesprivilegien“ betrieben. Mit dieser kulturrelativistischen
Aufweichung der eigenen Rechtsordnung wird die Expansion islamischer
Herrschaftskultur nachhaltig begünstigt.
Denn aus der Bastion einer netzwerkartig verflochtenen, sich
stabilisierenden und ausweitenden muslimischen Gegengesellschaft heraus sind
die (verbands-)islamistischen Kräfte bestrebt, antiemanzipatorische und
grundrechtswidrige islamische Sitten und Normen in das hiesige
Gesellschaftssystem zu implementieren. Dabei geht es nicht nur um die
Durchsetzung des Rechts auf rituelles (tierschutzgesetzwidriges) Schlachten
(11), die Einrichtung islamischer Gebetsräume in öffentlichen Institutionen,
das Anlegen von islamischen Gräberfeldern etc., sondern um das Unterlaufen
der deutschen Rechtsordnung und die versuchte Einführung und Inanspruchnahme
von islamischen Sonderrechten. Als ein strategisch zentrales Feld dieser
schleichenden ‚Schariatisierung‘ dient hier das Schulsystem als
Kernbereich soziokultureller Reproduktion und Bewusstseinsbildung. So halten
muslimische Eltern ihre Kinder vom Schwimm- und Sportunterricht fern,
untersagen ihren Töchtern die Teilnahme an Klassenfahrten und widersetzen
sich dem Sexualkundeunterricht. Grundlage hierfür ist einmal mehr die zeit-
und raumlos gültige Weisung des Korans, wonach die Körperformen insbesondere
von Frauen und Mädchen nicht zu erkennen sein dürfen. Zudem ist es ihnen
nicht gestattet, eine weitere Reise ohne Begleitung von zumindest einem nahen
männlichen Familienangehörigen zu unternehmen. Um ihre Kinder dem Bildungs-
und Erziehungseinfluss bestimmter Unterrichtsfächer zu entziehen, erscheinen
dann viele Eltern z. B. mit Formbriefen, die man von islamischen Websites wie
dem „Muslim-Markt“ herunterladen kann: „Gemäß den
religiösen Geboten des Islam erreicht ein Mädchen spätestens mit 9 Mondjahren
die religiöse Reife. Zu ihren Pflichten gehört dann u. a., dass sie ihren
Körper (bis auf Gesicht und Hände) vor fremden Männern und Jugendlichen
verhüllt. Ausgehend von der oben beschriebenen Ausgangssituation beantragen
wir, dass unsere Tochter von dem bevorstehenden koedukativen
Schwimmunterricht befreit wird“ -, wobei die Eltern den Wortlaut häufig
nicht einmal verstehen. Diese desintegrative Praxis wird von der deutschen
Justiz in zahlreichen Fällen direkt unterstützt und ‚abgesegnet‘.
So ebnete das Bundesverwaltungsgericht in Berlin zahlreichen hiesigen
Türkinnen den Weg ins geistige Ghetto, als es im Fall von zwei türkischen
Teenagern entschied, dass es muslimischen Mädchen unzumutbar sei, am
koedukativen Sportunterricht teilzunehmen, auch wenn ihnen dort gestattet
würde, Kopftücher zu tragen. Denn die Mädchen müssten gleichwohl den Anblick
leicht bekleideter Jungen sowie flüchtige Berührungen ertragen. Dass ihre
Eltern sich entschlossen hätten, in Deutschland zu leben, rechtfertige nicht,
ihre Töchter in Glaubenskonflikte zu stürzen. Sie respektierten zwar die
deutsche Verfassung, hatte das eine Elternpaar erklärt, aber sie wünschten
auf keinen Fall eine „Sozialisation ihrer Tochter nach deutschen
Wertmaßstäben“.
Fairerweise ist festzustellen, dass nicht alle deutschen Gerichte, Richter
und Behörden sich wie strukturelle Komplizen des Islamismus verhalten. So
hatte das Hamburger Verwaltungsgericht im Januar 2004 den Antrag einer
muslimischen Mutter abgewiesen, die ihre zwei Töchter vom
Sexualkundeunterricht befreien lassen wollte. Anders als im Falle des
Berliner Verwaltungsgerichts wurden hier die Prinzipien von Aufklärung,
Freiheit und Eigenverantwortlichkeit dem fragwürdigen Recht auf die
Praktizierung einer importierten religiösen Herrschaftsideologie
übergeordnet. Demnach sei von allen zu befolgen, was im Schulgesetz
vorgegeben sei. Ein Sonderrecht könne nicht eingefordert erden. Konkret müsse
im vorliegenden Fall das Recht der Eltern auf Erziehung hinter der
Schulaufsicht des Staates zurücktreten. Zudem sei die Kenntnis der
menschlichen Sexualität Voraussetzung für ein verantwortungsbewusstes
Verhalten dem Partner, der Familie und sich selbst gegenüber. Damit wird die
sexuelle Aufklärung als zentrales Erziehungsziel und hoher Wert gesetzt, den
die Religion nicht missachten darf. Die Auffassung der Antragstellerin,
Geschlechtsverkehr gebe es im Islam nur in der Ehe, weshalb die Töchter erst
später das Nötige erfahren müssten, wird als „Erziehung zur
Unmündigkeit“ zurückgewiesen. Auch werde eine Erziehung der
Elternverantwortung nicht gerecht, die unter Berufung auf religiöse Dogmen
bereits bloßes Wissen vorenthalten will. Nicht zuletzt wird gerügt, dass ein
Fernbleiben vom Sexualkundeunterricht bei den Mädchen ein desintegratives
„Gefühl der Andersartigkeit“ hervorrufe. Der demokratische
Rechtsstaat habe aber ein berechtigtes Interesse, der Entstehung religiös
oder weltanschaulich motivierter Parallelgesellschaften entgegenzuwirken.
Auch das Bündnis Türkischer Einwanderer e. V. hatte das Urteil begrüßt und
sich gegen Versuche gewandt, die Grundwerte des liberalen Rechtsstaats außer
Kraft zu setzen. „Wir appellieren an die Richter, die Gefahren falsch
verstandener Toleranz nicht aus den Augen zu verlieren und weiterhin
konsequent allen Aktionen entgegenzutreten, die eine fundamentalistische
Parallelgesellschaft zum Ziel haben“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung
vom 22. Januar 2004, S. 4).
Zum grund- und menschenrechtswidrigen Charakter des Islam
Der Islam besitzt weder den Status einer Privatreligion im Sinne der
Verfasser des Grundgesetzes noch lässt er sich auf seine rituellen Aspekte
(fünf Grundsäulen) beschränken. Vielmehr verkörpert er eine ganzheitliche, d.
h. sämtliche Lebensbereiche umfassende Vorschriftenreligion, die in ihrem
normativen Gesamtgerüst eine vormodern-autoritäre Herrschaftsordnung
festlegt. Nur sträfliche Unkenntnis oder bewusste Ignoranz kann über diesen
Tatbestand hinweggehen. Im Einzelnen ergibt sich der grund- und
menschenrechtswidrige Charakter des Islam aus folgenden elementaren
Glaubensprinzipien:
1) Koran, Sunna (Vorbild des Propheten) und Scharia (hauptsächlich aus
Koran und Sunna gewonnenes islamisches Recht) werden als Kanon göttlich
bestimmter Lebensregeln aufgefasst, denen aufgrund dieses göttlichen
Charakters eine prinzipiell viel höhere und verbindlichere Geltungsmacht
zukommt als jedes von Menschen gemachte (säkulare) Recht. Insofern ist eine
innere Rechts- und Verfassungstreue orthodox gläubiger Muslime grundsätzlich
auszuschließen. Die Einhaltung säkularer Bestimmungen erfolgt - wenn
überhaupt - dann immer nur unter dem Vorbehalt einer als vorläufig
angesehenen Lage bzw. aus einer als vorübergehend betrachteten Position der
Schwäche/Minderheitsposition.
2) Gemäß der islamischen Weltanschauung ist der Mensch ganz auf die Rolle
eines gehorsampflichtigen Gottesdieners festgelegt. D. h: Der Mensch soll
sich in seiner Lebensführung ganz und gar auf die Hingabe an Allah
konzentrieren und sich dessen offenbarten Willen unterwerfen. Im Koran Sure
51, Vers 56 heißt es ausdrücklich: „Ich habe Dschinnen und die Menschen
nur geschaffen, damit sie mich verehren“ (Sure 51, Vers 56). Der ganze
und einzige Lebenssinn des Menschen ist folglich absolut gehorsamer
Gottesdienst bzw. Gottesverehrung, die sich fortlaufend in der alltäglichen
Befolgung von Vorschriften in allen Lebensbereichen erweisen und bewähren
muss. Diese Ineinssetzung von persönlichem Lebenssinn und unterwürfiger
Gottesverehrung schließt sowohl die Annahme einer autonomen Würde des
Menschen als auch deren Unantastbarkeit grundsätzlich aus. Desgleichen
suspendiert die islamisch festgelegte Gottesknechtschaft das Recht des
Einzelnen auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit bzw. auf
individuelle Selbstbestimmung. Folgerichtig kennt der Islam als vormoderne
Vorschriftenreligion keine Tradition individueller Rechte. Im Sinne eines
ausschließlich selbstbezüglichen Partikularismus ist der Islam auch nur
insoweit an Freiheit interessiert, wie es für die ungehinderte Realisierung
seiner gottesknechtschaftlichen Glaubenspraxis erforderlich ist.
3) In seiner Selbstbespiegelung setzt sich der Islam als
letztgültige und damit einzig wahre Religion. Demnach hat sich
Gott/Allah vermittels Mohammed im Koran abschließend und kategorisch
geoffenbart. Daraus wird dann der Geltungsanspruch des Islam als der
‚überlegenen’ und zur Herrschaft berechtigten Religion abgeleitet
und mit der religiösen Pflicht zur Islamisierung verbunden, also der
weltweiten missionarischen Verbreitung/Durchsetzung des Islam. Diese Idee des
‚Taghallub‘, die gleichermaßen Dominanz und Überlegenheit
bedeutet (12), bildet die zentrale Basis der islamischen Weltanschauung.
Folgerichtig akzeptiert das islamische Glaubensbekenntnis auch keine
interkulturelle Gleichberechtigung, sondern impliziert die Forderung nach
Unterordnung/Unterwerfung der Anders- und Nichtgläubigen. Entsprechend kann
der siegreiche Islam Minderheiten oder generell die Anderen nur im Zustand
des Erniedrigtseins und der Unterwürfigkeit dulden. Die Grundlage für diesen
Herrschaftsanspruch ist Sure 3, Vers 110 des Koran: „Ihr seid die beste
Gemeinde, die für die Menschen erstand. Ihr heißet, was Rechtens ist, und ihr
verbietet das Unrechte und glaubet an Allah“. Wenn die Realität nun
aber diesem Selbstanspruch widerspricht, resultiert aus dieser spezifischen
Kränkungserfahrung bei den orthodox gläubigen Muslimen das Gefühl, beständig
gedemütigt zu werden und sich dafür rächen zu müssen. Der Islam ist somit
grundsätzlich antipluralistisch und gegen das Prinzip der Gleichberechtigung
gerichtet.
4) Die klassische Weltsicht des Islam ist die herrschaftlich-moralistische
Unterscheidung zwischen dem „Reich des Islam“ (Dar-al-Islam) und
dem Reich des Krieges (Dar-al-Harb). Zum „Reich des Islam“
gehören demnach in erster Linie die Gemeinschaft aller rechtgläubigen Muslime
und in zweiter Linie diejenigen Juden oder Christen
(„Schriftbesitzer“), die sich der politisch-gesellschaftlichen
Herrschaft des Islam unterwerfen und gegen Zahlung einer Steuer den Status
eines Dhimmis, d. h. eines ‚geschützten‘ Bürgers zweiter Klasse,
erlangen. Die Gesamtheit des Kufr hingegen, all jene Elemente, welche die
Herrschaft des Islam ablehnen und sich damit der gottgewollten Ordnung
verweigern, bilden das „Reich des Krieges“. Dieses
Reich der Ungläubigen ist von den Muslimen als Feind anzusehen:
Es in Form des ‚kleinen Djihad‘ (13)
bzw. des „heiligen Krieges“ zu bekämpfen ist
göttliche Pflicht. Die Handlungslogik der frühmuslimischen
Beutezüge widerspiegelnd, wird die Verpflichtung zum heiligen Krieg im Koran
sowie in den Traditionen des Propheten (Hadith) immer wieder betont. Damit
wird deutlich, wie massiv der orthodoxe Kernbestand des Islam gegen die
Grundrechte der Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie gegen die
Gleichheit vor dem Gesetz verstößt.
5) Der Islam beinhaltet einen ausgeprägt repressiven
Patriarchalismus, der systematisch die Gleichberechtigung zwischen Männern
und Frauen außer Kraft setzt. Die Grundlage hierfür bietet die
folgende unmissverständliche Aussage des Korans (Sure 4, Vers 34):
„Die Männer sind den Frauen überlegen wegen dessen, was Allah den
einen vor den anderen gegeben hat, und weil sie von ihrem Vermögen (für die
Frauen) auslegen. Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam in der
Abwesenheit (ihrer Gatten), wie Allah für sie sorgte. Diejenigen aber, für
deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet - warnet sie, verbannt sie aus den
Schlafgemächern (14) und schlagt sie. Und so sie euch gehorchen, so suchet
keinen Weg wider sie; siehe Allah ist hoch und groß.“ Zur Bannung der
vom weiblichen Wesen ausgehenden Versuchung und zur Eindämmung der daraus
erwachsenden Gefährdungen schreibt die praktische Ethik des Gesetzes-Islam
eine Reihe von operativen Maßnahmen vor. Ihre wichtigsten sind: (a) eine
rigorose voreheliche Trennung der Geschlechter; (b) die weitgehende
Verbannung der Frauen aus dem öffentlichen Raum und (c) die Verschleierung
der Frauen in der Öffentlichkeit. Während dem Mann (a) das Recht der Mehrehe,
(b) das Recht auf Züchtigung der Frau und (c) das alleinige Recht auf
Scheidung zusteht, tauscht die Frau Unterwerfung unter die Autorität und
Kontrollherrschaft des Mannes gegen materielle Sicherheit und Schutz ein. Die
eheliche Herrschaftsstellung des Mannes konkretisiert sich schließlich in
seiner permanenten Verfügungsgewalt über den Körper der Frau, die ihm nicht
nur jederzeit als Sexobjekt zu dienen hat, sondern der er auch verbieten
kann, das Haus zu verlassen, einer Arbeit nachzugehen oder zu reisen. Hinzu
kommt eine gravierende Benachteiligung der Frauen insbesondere im Erb- und
Zeugenschaftsrecht. Hervorzuheben ist hier aber auch der innerhalb der
islamisch bestimmten Lebensordnung massenhaft ausübte Zwang junger Menschen -
zumeist Frauen - zur Heirat ungeliebter Ehepartner, der eine massive
Verletzung eines elementaren Aspekts persönlicher Freiheit darstellt.
6) Zu beachten ist des Weiteren der zentrale Tatbestand, dass es im Islam
keine Glaubensfreiheit gibt und somit entgegen wohlfeiler Ausreden sehr wohl
„Zwang in der Religion“ vorherrscht bzw. ein ausgeprägtes
Repressionsverhältnis innerhalb der islamischen Gemeinschaft vorliegt. So
darf das Individuum, das in eine islamisch bestimmte Sozialordnung
hineingeboren wird, seine Religion nicht etwa autonom auswählen.
Nichtanerkennung bzw. Distanzierung vom Islam wird als Abfall vom
‚rechten Glauben‘ gewertet und massiv bestraft. So ist ein
männlicher Apostat zum Tode zu verurteilen, wenn er nicht widerruft, eine
weibliche Abtrünnige hingegen soll so lange gefangen gehalten werden, bis sie
widerruft. Wenn auch die Todesstrafe für Glaubensabfall seit dem 19.
Jahrhundert mancherorts durch Gefängnisstrafe, Verbannung, Einziehung des
Vermögens und Annullierung der Ehe ersetzt worden ist, so ist doch der von
dieser Norm ausgehende massive, sozialisatorisch wirksame Unterwerfungs- und
Anpassungsdruck auf den Einzelnen erhalten geblieben. Es ist deshalb
begründet davon auszugehen, dass zahlreiche Menschen nicht aufgrund eines
autonomen Überzeugungsbildungsprozesses, sondern nur infolge dieser
sozialisatorisch-kulturellen Drucksituation und Alternativlosigkeit Muslime
(geblieben) sind.
Installierung eines proislamischen Kollaborationsstaates
Im Zusammenspiel zwischen der als Ermutigung ausgesprochenen Toleranz
gegenüber verfassungswidrigen Glaubensüberzeugungen , dem sonderrechtlichen
Schutz für religiös motivierte Straftäter sowie der kulturrelativistischen
Duldung/Anerkennung menschenrechtsfeindlicher Sozialmilieus arbeitet eine
breite Strömung innerhalb der „juristischen Klasse“ am Projekt
der Installierung eines ‚postsäkularen’ und
‚postdemokratischen’ Wettbewerbsstaates, der ganz auf die
Bedürfnisse der ‚Globalisierungselite’ abgestimmt ist. Die
Grundprinzipien der ‚kulturellen Moderne’, die Rekonstruktion und
der Ausbau einer aufklärungshumanistischen Leitkultur sowie ein gegenüber
multikulturell zusammengesetzten neototalitären Bewegungen wehrhaftes
Gemeinwesen sind für dieses „postmoderne“ Herrschaftssubjekt nur
hinderlich. Deshalb wird jetzt auf der Ebene der inneren Transformation des
„demokratischen Rechtsstaates“ nur das nachvollzogen, was auf dem
Feld der Außenpolitik und des Außenhandels schon längst gilt: Interkulturelle
Herrschaftssynthese, strategische Allianz und „good deal“
zwischen westlicher Machtelite und nichtwestlichen, insbesondere eben auch
islamischen Herrschaftsträgern. Man betrachte beispielsweise die
arabisch-islamische Kapitalbeteiligung bei deutschen Großunternehmen, die
eilfertige Schöpfung islamgerechter Finanzprodukte, die Waffengeschäfte mit
Saudi-Arabien und den übrigen Ölmonarchien, die deutschen
Wirtschaftbeziehungen mit der iranischen Gottesdiktatur oder den
französischen Tauschhandel mit den libyschen Staatsgeiselnehmern und nicht
zuletzt den geplanten EU-Beitritt der Türkei mit ihrem neuen, medial eigens
aufpolierten neoliberal-islamistischen Bürgertum unter Führung der AKP.
Ein ebenso anschauliches wie aktuelles Beispiel für diese Kollaboration
bietet der Einladungstext zu einem Seminar der Industrie- und Handelskammer
Darmstadt mit dem verheißungsvollen Titel „Iran - Marktchancen für
deutsche Exporteure“. Dass es sich hierbei nicht um eine marginale
Regionalveranstaltung handelt, geht schon daraus hervor, dass die im
Folgenden zitierte Einladung über das Bundeswirtschaftsministerium verbreitet
wird.
„Deutschland ist mit Abstand wichtigstes Lieferland für Iran.
Nachdem die deutschen Lieferungen in den vergangenen Jahren zweistellige
Zuwachsraten verzeichneten, 2005 mit einem Plus von 24 Prozent, entwickeln
sich diese seit Beginn des Jahres 2006 wieder rückläufig. Die EU-Länder
führten aus Iran zu über 80 Prozent Erdöl ein, bei den EU-Lieferungen
dominierten mit einem Anteil von zwei Dritteln Maschinen und Fahrzeuge,
gefolgt von Konsumgütern und Chemikalien mit jeweils zehn Prozent. Als Gründe
für die Rückläufigkeit der Exporte werden vor allem Exportbeschränkungen, das
internationale Umfeld sowie Kompetenzwirrwarr und schleppende Auftragsvergabe
im Iran genannt. Andererseits haben viele deutsche Unternehmen Erfahrungen
mit den Aufs und Abs im Irangeschäft und sehen dies derzeit noch unter dem
Motto ‚Iran ist Krisen gewohnt - irgendwie geht es immer weiter’.
Das wirtschaftliche Zukunftspotenzial Irans rechtfertigt diese positive
Sichtweise auf jeden Fall. Die Veranstaltung findet im Rahmen der
Veranstaltungsreihe ‚Hessen meets the Middle East and North
Africa’ der hessischen IHKs vom 17. - 28.09.2007 statt.“15
Welche Kräfte, wenn nicht diese, hätten ein ausgemachtes Interesse am
Aufbau und der Instandhaltung jener ideologisch-publizistischen Garküche, die
beständig darauf abzielt, säkular-demokratisch begründete Kritik an der
islamischen Herrschaftskultur als „islamophob“,
„rassistisch“ und „fremdenfeindlich“ zu diffamieren?
Die globale Expansion des ‚postfaschistischen’ und
‚postrealsozialistischen’ deutschen Großkapitals erfolgt längst
nicht mehr unter dem Banner nationalistisch-germanistischer und
herrenrassistischer Ideologie, sondern unter der Flagge
multikulturalistisch-reaktionärer Leitideen (kosmopolitische Kollaboration
mit menschenrechtswidrigen Herrschaftsträgern).
Zentraler Bestandteil dieser interkulturellen Herrschaftsverflechtung ist
natürlich auch ein ausgeprägter Verharmlosungsdiskurs bzgl. des totalitären
Charakters dieser neuen Bündnispartner. Entsprechend verhält sich das
postmoderne Kapital zunehmend nihilistisch gegenüber den Grundinhalten der
eigenen, westlich „gewachsenen“,
antifeudalen/antimittelalterlichen Leitkultur und bürdet den einheimischen
Bevölkerungen die sozialen Folgekosten dieser neuen globalen
Herrschaftsstrategie in Gestalt von Zuwanderungsghettos,
Parallelgesellschaften, Sozialdemontage, höheren Abgabelasten
(„Integrationssteuern“) etc. auf. Folgerichtig entschuldigten
sich deutsche Großkonzerne in arabischen Medien für die westliche
Pressefreiheit und verordneten einen Beschwichtigungskurs angesichts der
gezielten Aufwallungen anlässlich des „Karikaturenstreits“. Der
Erfüllungspolitiker Solana, seines Zeichens „Hoher Vertreter für die
gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“, eilte
sogleich nach Dschidda, um dort vor der OIC einen Kotau zu machen, sein
Verständnis für die beleidigten Gefühle der Muslime zu bekunden und folgende
Forderungen entgegenzunehmen:
- Die Europäische Union soll mit Hilfe des Europäischen Parlaments
juristische Maßnahmen gegen die „Islamophobie“ ergreifen.
- Die EU und die OIC sollen sich gemeinsam für das Verbot von
Beleidigungen aller religiösen Werte und Propheten gemäß dem Artikel
60/150 der Vereinten Nationen einsetzen.
- Die europäische Presse soll allgemeingültige ethische Werte anerkennen.
Diese ethischen Werte sollen die Sensibilitäten der Muslime respektieren.
Beleidigungen der religiösen Grundprinzipien und der Propheten müssen bei
der europäischen Presse als ein moralischer Angriff verurteilt
werden.
- Die UN soll im Hinblick auf die religiösen Symbole ein internationales
Ordnungssystem für das Informationsnetz und der Presse einrichten.
- In das neulich wieder aufgenommene Gerichtsurteil „Status der
Menschenrechtssitzung“ sollen Artikel über das Verbot von
Beleidigungen und Beschimpfungen religiöser Werte und Hetzungen auf
Heiligkeiten hinzugefügt werden.
D. h.: Die europäische Öffentlichkeit soll islamgerecht domestiziert
werden. Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund eine für den 11. September
2007 anberaumte Großkundgebung in Brüssel gegen die Islamisierung Europas vom
dortigen sozialistischen Bürgermeister Thielemanns verboten wurde. Erlaubt
wurde von Thielemanns hingegen eine für denselben Tag angemeldete
Demonstration von Verschwörungspropagandisten, die behaupten, die
US-Regierung und der Mossad steckten hinter den Anschlägen vom 11.9.2001.
Dabei sollte man auch den Umstand berücksichtigen, dass etwa die Hälfte der
Fraktionsmitglieder der Brüsseler Sozialisten von islamischer Herkunft
sind.
Im Rahmen dieses New Deal „Geschäftsinteresse gegen Akzeptanz
islamisch-totalitärer Herrschaftskultur“ benutzt die postmoderne Elite
das klassische Rechts-Links-Schema, um Verwirrung zu stiften und
praktisch-kritische Widerstandsimpulse zu ersticken. Wer sich der neuen
kapitalistischen Verbündungsstrategie mit nichtwestlich-despotischen
Herrschaftsträgern und deren religiösen „Leitkulturen“ widersetzt
und den wachsenden Migrationsimport zusätzlicher reaktionärer Denk- und
Verhaltensweisen kritisiert, wird als „rassistisch“,
„fremdenfeindlich“, „rechtslastig“,
„islamophob“ etc. gebrandmarkt. Wer demgegenüber als willfähriger
Unterstützer und Schönredner eingewanderter Repressionskulturen und deren
totalitären Ideologien fungiert, gilt - in moralischer Ausbeutung einer noch
nachwirkenden naiv-unkritischen Internationalismusideologie - als
„fortschrittlich“, „aufgeschlossen“ bzw. als
„toleranter Gutmensch“. Damit hat sich ein nicht unbeträchtlicher
Teil der verbliebenen Linken von Marx’ kategorischem Imperativ
verabschiedet, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein
erniedrigtes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“.
Fazit:
‚Recht’ ist letztendlich immer nur der gesetzlich fixierte
bzw. kodifizierte politische Handlungs- und Gestaltungswille
durchsetzungsfähiger Akteure/Subjekte. Verfehlt wäre deshalb ein politischer
Handlungsansatz, der sich darauf beschränken würde, mit Hilfe von Gutachten
die wohl unrettbar verbildete Heerschar von postmodernen Fachjuristen von der
Gefährlichkeit zu überzeugen, die von der remobilisierten religiösen
Herrschaftskultur, insbesondere in Gestalt des expansiven Gesetzesislam, für
die Grundlagen der ‚kulturellen Moderne’ ausgeht. Einzutreten
wäre deshalb vielmehr für die Herausbildung einer politischen Bewegung, die
sich die Verteidigung und den Ausbau einer an den Prinzipien von Aufklärung,
Humanismus und säkularer Demokratie ausgerichteten Gesellschaftsordnung zur
Aufgabe machte. Ein zentrales Ziel ihrer Gesamttätigkeit müsste die
Durchsetzung einer präzisierenden Ergänzung zum GG Artikel 4 mit folgendem
Sinngehalt sein: Der Islam ist in seinem bislang unrevidierten dogmatischen
Kernbestand keine (spirituelle Privat-)Religion im Sinne des GG Artikel 4 und
kann sich von daher in seinem Ausbreitungsbestreben auf deutschem
Staatsgebiet nicht auf diesen berufen.
Hartmut Krauss, Osnabrück 2007
Literatur:
Katz; A.: Staatsrecht. Heidelberg 2005.
Der Koran (herausgegeben von Kurt Rudolph und Ernst Werner), Leipzig 1984.
6. Auflage.
Graf Kielmannsegg, Peter: Vorbild Europa. In: Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 14. Mai 2007, S. 7.
Krauss, Hartmut: Anti-Empire. Die Dialektik der neuen Welt(un)ordnung und
die Beharrungskraft traditionaler Herrschaftskultur. Zur Kritik der
Einseitigkeit des (Anti-)Globalisierungsdiskurses. In: HINTERGRUND III-2002,
S. 11-45. Osnabrück 2002.
Krauss, Hartmut: Faschismus und Fundamentalismus. Varianten totalitärer
Bewegung im Spannungsfeld zwischen ‚prämoderner’
Herrschaftskultur und kapitalistischer ‚Moderne’. Osnabrück
2003.
Krauss, Hartmut: Globale Krisenverschärfung, interkulturelle
Herrschaftsdialektik und der zunehmende Verfall einer fortschrittlichen
Gegenbewegung. In: HINTERGRUND II-2005, S.32-47. Osnabrück 2005.
Maul, Thomas: Die Macht der Mullahs. Schmähreden gegen die islamische
Alltagskultur und den Aufklärungsverrat ihrer linken Verteidiger. Freiburg
2006.
Poscher, Ralf: Du musst nicht verfassungstreu sein. In: Frankfurter
Allgemeine Zeitung vom 28. Juni 2007, S. 7.
Schulin, Ernst: Die Französische Revolution. München 1988.
Spuler-Stegemann, Ursula: Muslime in Deutschland. Informationen und
Klärungen. Freiburg im Breisgau 2002.
Tibi, Bassam: Der wahre Imam. Der Islam von Mohammed bis zur Gegenwart.
München 1996.
Anmerkungen:
1 Im Artikel zwei der Menschenrechtserklärung der französischen Revolution
heißt es: „’Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die
Erhaltung der natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechte. Diese Rechte
sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen
Unterdrückung.’ Wie man sieht, ist hier der Staat nur Mittel zum Zweck
des Schutzes der Menschenrechte“ (Schulin 1988, S. 75), also insofern
nicht neutral, sondern durchaus parteilich.
2 Vgl. hierzu ausführlich: Krauss 2003.
3 Urteil der 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Oktober
2001 - VG 27 A 254.01.
http.//www.berlin.de/home/Land/RBm-Just/VG/Presse/
VG27A2541_UR/
4 Ganz in diesem Sinne fordert auch der Vorsitzende der vom
Verfassungsschutz beobachteten „Islamischen Religionsgemeinschaft
Hessen“, R. Kuruyüz: „ Die Ausbildung der Lehrkräfte muß im
Verantwortungsbereich der Muslime beziehungsweise einer islamischen
Religionsgemeinschaft bleiben, und auch die Inhalte müssen von den Muslimen
festgelegt werden ohne Einmischung des Staates“ (Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 7. Januar 2005, S. 4).
5 Quelle:
http://www.politicallyincorrect.de/2007/08/
staatsanwaltschaft-koran-ist-verfassungsgemaess
6 Diese Privilegierung bzw. sonderrechtliche Besserstellung erfolgt
hauptsächlich nicht auf der Grundlage eines ausdrücklichen demokratisch
legitimierten Gesetzgebungsaktes, sondern als Folge okkupierter Auslegungs-
und Urteilmacht durch bestimmte, soziologisch näher zu untersuchende
politisch-juristische Kartelle.
7 Quelle: http://www.ra-system.de/portal2004/go.php
8 Veit Medick: Skandalurteile. Kulturbonus bei Straftaten?
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ 0,1518,473404,00.html (22. März
2007)
9 Quelle: Il Messagero http://www.ilmessaggero.it/
articolo.php?id=6368&sez=HOME ] und Liberation
[http://www.liberation.fr/actualite/monde/271616.FR.php]).
10 Der Kulturrelativismus erweist sich in zweifach Hinsicht als eine
reaktionär-antiemanzipatorische Ideologie: Einerseits will er eine
herrschaftskritische Analyse und Bewertung anderer ‚Kulturen’
anhand universell gültiger (menschenrechtlicher) Kriterien verhindern.
Andererseits entsubjektiviert er die Angehörigen dieser anderen
‚Kulturen’, indem er ihnen die Möglichkeit der individuellen
Befreiung aus den kulturspezifischen Herrschafts- und
Vormundschaftsverhältnissen vorenthält und sie so in der vorgefundenen
traditionalen Lebensumwelt alternativlos einbetoniert. Damit agiert er im
Stil eines paternalistischen ‚Überlegenheitsrassismus’.
11 „Anders als die Schweden, die Schächten ohne Betäubung mit hohen
Strafen belegen, sind die Deutschen in dieser Frage sehr zögerlich. Also
werden ganz besonders am Feiertag des Opferfestes Tiere, den Kopf gen Mekka
gerichtet, in der Badewanne, im Keller, im Hinterhof, in der Scheune oder im
Wald unfachmännisch geschächtet“ (Spuler-Segemann 2002, S. 165).
12 Vgl Tibi 1996, S. 247.
13 Während der ‚große Djihad‘ den inneren (seelischen) Kampf
zur Überwindung der Begierden und zur Befolgung einer rechtgläubigen
Lebensweise bezeichnet, ist der ‚kleine Djihad‘ der nach außen
gerichtete Kampf gegen die Ungläubigen unter selbstverständlichem Einschluss
von Gewaltmitteln.
14 „D. h., brecht den Verkehr mit ihnen ab.“ Anmerkung des
Übersetzers in: Der Koran 1984, S. 102.
15 http://www.ixpos.de/Content/de/Termine/
Import/DIHK/12/125__93.html
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