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Beiträge zur Politik  








Wie sich die bürgerliche Mitte gegen den Islam wehren will

Bericht über das 1. Deutsche Islamkritikertreffen

Auf Einladung von Willi Schwend vom Vorstand des Bundesverbandes der Bürgerbewegungen zur Bewahrung von Demokratie, Heimat und Menschenrechten (BDB) fand am 2. Juni in Wertheim das 1. Deutsche Islamkritikertreffen statt. Ort der Veranstaltung war eine Tanzfabrik, die sich in unmittelbarer Nähe zu einem massiv vergitterten Gebäude der „Türkisch-Islamischen Gemeinde“ befand.

Gekommen waren laut Veranstalter 95 Personen, überwiegend Mitglieder des BDB, aber auch eine Reihe von Moscheebaugegnern aus Berlin, München und Köln, eine Delegation der Freien Wählergemeinschaft Recklinghausen, Blogger (Politically Incorrect, Grüne Pest), ein Berliner CDU-Abgeordneter, zwei Vertreter einer wertekonservativen Splitterpartei und diverse Interessenten. Später sollte noch - gewissermaßen als „Special Guest“ - der parteigründungswillige Udo Ulfkotte die bereitete Bühne betreten.

Auf dem Infotisch fand man - neben Materialien des BDB - Bücher von Hiltrud Schröter, eine Schrift der Hans Seidel Stiftung, bemerkenswerter Weise keine Bücher von Hans-Peter Raddatz, dafür aber das Islamismus-Sonderheft der Zeitschrift „Aufklärung und Kritik“. Ausgelegt war auch die Stellungnahme von Ralph Giordano aus dem Kölner Stadtanzeiger vom 1. Juni.

Laut Einladung war das Ziel der Veranstaltung, „die aus den unterschiedlichsten Beweggründen motivierten Islamkritiker/innen zusammenzubringen, um sich über alles Trennende hinweg auf eine Art ‚Regenbogenkoalition der Islamkritik’ zu verständigen“ und am Ende ein „Wertheimer Manifest“ zu beschließen. Wohlwollend ist davon auszugehen, dass diese Namensgebung keine bewusst kalkulierte Absicht ist, sondern ein Zufall bzw. eine Panne. Denn unabhängig vom Inhalt werden hier bei Sachkundigen sofort Assoziationen zum „Wertheimer Manifest“ der NPD von 1970 geweckt. Die Aufrechterhaltung dieses Titels dürfte den Initiatoren deshalb nicht gut bekommen.

Den tragenden Grundkonsens der Veranstaltung bildete die gemeinsame Überzeugung vom grundgesetzwidrigen Charakter elementarer Aussagen und Grundvorschriften des Islam. Dass das versammelte Spektrum für die Bildung einer „Regenbogenkoalition“ wohl ein bisschen schmal sein dürfte und zum Beispiel der Zentralrat der Ex-Muslime sowie „neoatheistische“ Islamkritiker wichtige Ansprechpartner sein könnten, ist den Veranstaltern wohl noch nicht in den Sinn gekommen bzw. nicht so recht geheuer. Dabei dürfte es sich doch zum Beispiel bei den Berliner Moscheebaugegnern überwiegend um ostdeutsche „Heiden“ handeln.

Nach der Vorstellung von islamkritischen Publikationen, darunter der „Minority-Report“, und der Vorstellung des Projekts eines islamkritischen Verlages umriss Rolf Stolz, wie sich die Veranstalter Reichweite und Grenzen einer „Regenbogenkoalition“ vorstellen. Von vornherein auszuschließen seien zum einen Positionen, die den Islam in seiner Grundgestalt bejahen und nur leichte Korrekturmaßnahmen vornehmen wollten oder zum anderen lediglich den Islamismus kritisieren, diesen aber als eine Verfälschung des Islam betrachten und Letzteren aus der Kritik entlassen. Die Spannweite könnte von denen reichen, die den Islam als Ganzes überwinden wollten bis zu jenen, die eine grundlegende historische Reform anstrebten - also ein Bündnis zwischen „Überwindern“ und „Eindämmern“. Auch sei eine Zusammenarbeit zwischen christlichen und atheistischen Islamkritikern möglich. Ebenso müssten die Unterschiede ausgehalten werden zwischen jenen, die den Islam der Mehrheitsgesellschaft unterordnen und denjenigen, die dem Islam eine subordinierte „Selbstverwaltung nach innen“ zugestehen wollen. Schließlich sei eine Kooperation zwischen denen möglich, die einen Wandel durch Annäherung als Folge eines kritischen Dialogs für möglich halten und jenen, die einen solchen Veränderungsprozess ausschließen. Kritisch anzumerken wäre hier, dass die Duldung einer „Selbstverwaltung nach innen“ schlicht auf die Akzeptanz einer grundrechtsfreien (autoritär-antidemokratischen) Parallelgesellschaft hinauslaufen würde. Entscheidend dürfte aus integrationspolitischer Perspektive vielmehr die systematische Förderung soziokultureller Modernisierungs- und Säkularisierungsprozesse bei gleichzeitiger strikter mehrheitsgesellschaftlicher Frustration der Islamisierungsstrategie sein. Konkret: Moscheebaustopp, kein Islamunterricht, Kopftuchverbot für Schülerinnen, Schächtungsverbot, Zurückweisung von schulischen Sondergenehmigungen etc. Zudem fehlte bei Stolz die klare Benennung der eigentlichen Kooperationsbasis einer islamkritischen „Regenbogenkoalition“: Die Grund- und Menschenrechte als zentrale kritische Bewertungsgrundlage und programmatisches Handlungsprinzip. Betrachtet man aber den Gesamtverlauf der Tagungsdiskussion, dann dürfte diese Orientierung weitestgehend unstrittig sein.

Danach kam Udo Ulfkotte an die Reihe. Ganz darauf bedacht, die Veranstaltung als Probebühne zu nutzen, um sich in seiner Rolle als neuer neokonservativer Konkurrent mit Gysi und Lafontaine um die deutsche Krone des Königs der Populisten zu streiten, machte er gleich klar, dass es ihm nicht darum geht, die aufklärungshumanistische Leitkultur des säkularisierten Kerneuropas gegenüber dem Vormarsch der islamischen Religionsdiktatur zu verteidigen, sondern den christlich-konservativen Werteverfall zu überwinden. Der Islam wird auf dieser Grundlage weniger als Bedrohung einer freiheitlich-demokratischen Lebensordnung begriffen, sondern vorrangig als religiös-kultureller Konkurrent im Kampf um den „richtigen“ Konservatismus bzw. um die probate normativ-religiöse Software für die Gestaltung einer autoritär-hierarchischen Gesellschaft gesehen. Angeblich würde der Verein Pax Europa von Mitgliedsanträgen förmlich überschüttet, so dass man quasi zur Parteigründung gezwungen sei. Um aber nicht gleich von Neofaschisten und Linksextremisten „gehi-jacked“ zu werden, wolle man zunächst einen Förderverein gründen, um in dieser Phase der „Vormitgliedschaft“ die Spreu vom Weizen zu trennen. Angeblich gebe es zahlreiche klammheimliche Sympathisanten in den Reihen der CDU, auch mit den Bremer „Bürgern in Wut“ stehe man in enger Verbindung. Mehr wolle er wegen der Anwesenheit von zwei Journalisten nicht verraten. Immer wieder bat Ulfkotte um Verständnis für seine vorsichtige Geheimhaltungsstrategie und machte die Presseleute dafür verantwortlich, die nichts unversucht ließen, sein Projekt in die rechte Ecke zu drängen. Abschließend fabulierte er über ein angeblich großes russisches Unterstützungspotential für deutsche Islamkritiker. Dass dieses Potential sich zunächst einmal gegen die atomare Zuarbeit Russlands gegenüber dem iranischen Gottesstaat entfalten sollte, ließ Ulfkotte leider außer Betracht. Rührselig dann der Abgang: Ganz der politische Tierschützer, ließ Ulfkotte die Anwesenden ungefragt wissen, dass sein frühzeitiger Aufbruch vor Ende der Veranstaltung dem Umstand geschuldet sei, dass er an der Einschläferung und Beerdigung eines nahe stehenden Hundes der Familie teilnehmen wolle.

Während der anwesende Berliner CDU-Politiker sich mit Ulfkottes Anliegen solidarisierte, wandten sich andere Diskutanten gegen die Parteigründung und kritisierten Ulfkottes programmatische Engführung auf christlich-jüdische Werte. Den Versammelten wäre wohlwollend zu raten, ihr Anliegen durch undistanzierte Nähe zu Ulfkotte nicht zu gefährden. Man sollte nicht den Schwanz abgeben, mit dem der wertekonservative Tierschützer Ulfkotte wackelt. Traditionslinken Kritikern ist wiederum entgegenzuhalten, dass die offizialpolitische Tabuisierung und Unterdrückung von Islamkritik in Deutschland bzw. die proislamische Kumpanei erst den Nährboden bildet, auf dem dann Leute wie Ulfkotte zu grasen beginnen.

In der abschließenden Diskussion um den Wortlaut des „Wertheimer Appells“, die in ihren Einzelheiten hier nicht mehr näher beschrieben werden kann, traten eine Reihe von Widersprüchen und unterschiedlichen Akzentsetzungen zwischen den Versammelten zutage, ohne aber den benannten Grundkonsens zu unterminieren. Die Engführung auf christlich-jüdische Werte wurde durch die Aufnahme des humanistischen Sozialerbes überwunden und die grobe Fehlorientierung auf einen pauschalen Zuwanderungsstopp für Migranten aus muslimischen Ländern gestrichen.

Bleibt abschließend noch zu bemerken, dass die auf dieser Veranstaltung artikulierte Islamkritik der bürgerlichen Mitte im Endeffekt nicht als rassistisch oder fremdenfeindlich etikettiert werden kann. Andererseits fehlt ihr noch gänzlich die staats- und justizkritische Perspektive. Mit Festschriften von Juraprofessoren wird man die analytisch begründete Bewertung des Islam als grundgesetzwidrige Vorschriftenreligion nicht durchsetzen können. Dafür bedarf es der langwierigen Erkämpfung von politischer Geltungs- und Gesetzgebungskraft. Darüber wäre in einer zukünftig vielleicht verbreiterten „Regenbogenkoalition der Islamkritik“ weiter zu verhandeln.

Hartmut Krauss, Osnabrück, Juni 2007










 

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