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Beiträge zur Geschichte  









Manfred Behrend

"Der Wandschirm, hinter dem nichts geschieht"

Bildung, Tätigkeit und Ende der ersten deutschen Sozialisierungskommission (1)

Zwölf Tage nach dem Ausbruch der Novemberrevolution in Berlin schrieb Karl Liebknecht in der "Roten Fahne": "Zwischen der bisherigen politischen Form und dem bisherigen sozialen Inhalt der deutschen Revolution klafft ein Widerspruch, der Lösung heischt und in dessen Lösung sich die weitere Entwicklung der Revolution vollziehen wird. Ihre politische Form ist die einer proletarischen Aktion, ihr sozialer Inhalt der einer bürgerlichen Reform... Die heutige 'sozialistische' Regierung möchte jenen Widerspruch lösen durch Zurückschrauben der proletarischen Form auf den bürgerlichen Inhalt; Aufgabe des sozialistischen Proletariats ist, den rückständigen Inhalt auf die höhere Stufe der fortgeschritteneren Form zu heben, die Revolution zur sozialen Revolution zu steigern."(2)

Eine der wichtigsten hierzu notwendigen Umwälzungen wäre die Vergesellschaftung der Hauptproduktionsmittel gewesen. Sie herbeizuführen schien auf den ersten Blick relativ leicht zu sein. Die herrschenden Klassen, Bourgeoisie und Junkertum, waren durch die Kriegsniederlage geschwächt und verfügten zeitweise nur über Rudimente eines Repressionsapparats. Die Exekutivgewalt lag formell in den Händen der Arbeiter- und Soldatenräte. Vertreter beider sozialdemokratischer Parteien, von SPD und USPD, bildeten die Spitze einer Regierung, die sich nach revolutionärem russischem Vorbild "Rat der Volksbeauftragten" (RVB) nannte. Beide Parteien waren auf sozialistische Ziele eingeschworen, die sich bei den Massen großer Popularität erfreuten. Der RVB versprach, sie anzusteuern.(3) Zwar war ein großer Teil der Produktionsmittel wegen des Krieges arg verschlissen; andere hingegen befanden sich, besonders in Chemie und Rüstungsindustrie, in gutem Zustand. Das von führenden Monopolherren und dem Staat seit 1914 geschaffene Kriegswirtschaftssystem bot Ansatzpunkte zur Sozialisierung.

Die kurzzeitig tonangebenden sozialdemokratischen Parteien bezogen sich gleichermaßen auf das Erfurter Programm, das 1891 Karl Kautsky und Eduard Bernstein erarbeitet hatten. Darin hieß es im grundsätzlichen Teil: "Nur die Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an Produktionsmitteln - Grund und Boden, Gruben und Bergwerke, Rohstoffe, Werkzeuge, Maschinen, Verkehrsmittel - in gesellschaftliches Eigentum und die Umwandlung der Warenproduktion in sozialistische, für und durch die Gesellschaft betriebene Produktion kann es bewirken, daß der Großbetrieb und die stets wachsende Ertragsfähigkeit der gesellschaftlichen Arbeit für die bisher ausgebeuteten Klassen aus einer Quelle des Elends und der Unterdrückung zu einer Quelle der höchsten Wohlfahrt und allseitiger, harmonischer Vervollkommnung werde."(4) Kautsky unterstrich 1918, daß dies nicht durch Unterstützung der Kapitalistenklasse und ihres Staates, sondern allein durch die "Macht und Reife des Proletariats" erreicht werden kann.(5)

Die Vorstellungen des Spartakusbundes, der späteren KPD, stimmten hiermit überein. In dem von Rosa Luxemburg verfaßten Programm wurde zugleich größter Wert auf Massenaktionen gelegt, die bei Kautsky nur in abstrakter Form vorkamen. "Auch die wirtschaftliche Umwälzung", so das KPD-Programm, "kann sich nur als ein von der proletarischen Massenaktion getragener Prozeß vollziehen. Die nackten Dekrete oberster Revolutionsbehörden über die Sozialisierung sind allein ein leeres Wort. Nur die Arbeiterschaft kann das Wort durch eigene Tat zum Fleische machen. In zähem Ringen mit dem Kapital, Brust an Brust in jedem Betriebe, durch unmittelbaren Druck der Massen, durch Streiks, durch Schaffung ihrer ständigen Vertretungsorgane können die Arbeiter die Kontrolle über die Produktion und schließlich die tatsächliche Leitung an sich bringen."(6)

Führende Sozialdemokraten beider Richtungen waren in der Novemberrevolution bemüht, Massenbewegungen für ihre Parteizwecke zu nutzen, sie aber gleichzeitig einzudämmen und ihre Träger "zu beruhigen", was der Erhaltung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zugute kam. Programmatisch schlug sich ihr Bestreben in den "Richtlinien für ein sozialistisches Aktionsprogramm" nieder, deren Autor wiederum Kautsky (damals USPD) war. Als verbindlich auch für die SPD wurden sie am 2.2.1919 im "Vorwärts" veröffentlicht, danach als Sonderdruck verteilt. Ihr Verfasser plädierte für "rascheste Anwendung" des Erfurter Programms, beschränkte das jedoch vorab auf bürgerlich-demokratische Punkte. Übereinstimmend mit allen sozialdemokratischen Führern außer wenigen USPD-Linken erklärte er das Wiederaufleben der Produktion für wichtiger als Fragen der Produktionsweise, d. h. es sollte mit der Sozialisierung gewartet werden, bis das Kapital neuerlich stärker geworden war. Zudem könne erst verstaatlicht werden, wenn Frieden geschlossen und Klarheit darüber geschaffen sei, "wie weit das deutsche Volk über sein Staats- und Reichseigentum eigentlich zu verfügen hat". Den Streik erachtete Kautsky als zerstörendes Mittel, das jetzt, da "die politische Gewalt in den Händen der Arbeiter" sei, durch Methoden ersetzt werden müsse, die die Produktion weniger hemmten.

Agitatorisch gipfelte die Kampagne gegen Massenaktionen und schnelle, "wilde" Sozialisierungen in folgenden Äußerungen: "In Bausch und Bogen alles für nationalisiert erklären und hinterdrein dran gehen, die Bedingungen dafür zu schaffen, heißt das Pferd beim Schwanze aufzäumen... Eine solche Art Sozialisierung gerade jetzt, im Moment der Demobilisation durchführen oder auch nur fordern, hieße Deutschland in ein Tollhaus verwandeln."(7) "Heute, unter einer sozialistischen Regierung, ...muß an die Stelle des Streiks der Ausgleich treten... Arbeiter, die streiken, ohne ihre Beschwerden Schiedsgerichten zu unterwerfen und ihre Klagen dem Urteil der Öffentlichkeit zu unterbreiten, sind keine Sozialisten."(8) "Der Streik, im kapitalistischen Betrieb eine Kampfmaßnahme, wird im vergesellschafteten Betriebe zum Verbrechen."(9)

Ähnlich den späteren "Realsozialisten", die insofern in ihre Fußstapfen traten, gaben die sozialdemokratischen Herren vor, daß eine sozialistische Regierung und vergesellschaftete Betriebe vorhanden seien, obwohl weder das eine noch das andere der Fall war. Betriebe wie Regierung dienten vielmehr, wenn auch zeitweise unter roten Fahnen und revolutionär erscheinenden Sprüchen, nach wie vor den Interessen der Bourgeoisie. Auf die Autorität ihrer Parteien gestützt gelang es den Herren, große Teile der Arbeiterklasse und des Volkes über diesen Umstand hinwegzutäuschen. Eben das half die Schaffung sozialistischer Zustände im Land verhindern.

Zustandekommen, Zusammensetzung und Arbeitsprogramm der SK

Auch die Sozialisierungskommission (SK), die am 18.11.1918 auf Antrag des USPD-Führers Hugo Haase vom Rat der Volksbeauftragten beschlossen wurde und am 5.12.1918 erstmals in der Berliner Bunsenstraße zusammentrat, diente der Täuschung, mindestens aber dem Aufschub von Maßnahmen zur Vergesellschaftung der Wirtschaft. Die "rein sozialistische" Regierungsspitze hätte Verfügungen mit Gesetzeskraft erlassen können, um mit Unterstützung der Arbeiter- und Soldatenräte den Sozialisierungsprozeß anzuschieben, tat aber nichts dergleichen. In ihrem am 18.11. abgefaßten Proklamationsentwurf "in Sachen der Sozialisierung und Steuerpolitik" versprach sie zwar "die sichtbare Tat"; doch sollte diese auf eine Berufung hervorragender Nationalökonomen beschränkt sein, "damit sie in Gemeinschaft mit Arbeitern und Unternehmern, den Praktikern des wirtschaftlichen Lebens, feststellen, welche Industriezweige nach ihrer Entwicklung zur Vergesellschaftung reif sind, und unter welchen Bedingungen dies geschehen kann".(10)

Auf gründliche deutsche Art sollte so geprüft werden, was der Sozialdemokratie spätestens seit Erfurt 1891 geläufig war - der Zustand der wichtigsten, inzwischen weitgehend monopolisierten Wirtschaftszweige. Immerhin sagte der RVB in dem Entwurf zu: "Die Vorschläge, die diese Beratungen (der SK) ergeben, werden die Volksbeauftragten rasch in die Tat umsetzen."(11) Dies führte aber in der Kabinettssitzung vom 19.11.1918 zu schwerwiegenden Einwänden des bürgerlichen Staatssekretärs Eugen Schiffer. Sein sozialdemokratischer Amtskollege Gustav Bauer machte vollends deutlich, worin die Gefahr solcher Zusagen bestand: "Die Schwätzerei von der sofortigen Vergesellschaftung muß sofort aufhören, sonst bekommen wir russische Zustände." Schiffer wurde zu einem eigenen, "entschärften" Proklamationsentwurf verpflichtet. Da er keinen vorlegte, unterblieb die Proklamation.(12)

Unmittelbare Folge waren unterschiedliche Angaben in der Öffentlichkeit über das Tätigkeitsfeld der Sozialisierungskommission. Die Zeitung der USPD und Haase sprachen von ganzen Industriezweigen, deren Vergesellschaftung sie vorschlagen solle.(13) Dem "Vorwärts" und der "Deutschen Allgemeinen Zeitung" zufolge hatte sie nur ein Gutachten zu erstatten, "welche Betriebe sofort vergesellschaftet werden sollen". Gleichzeitig verlautbarten SPD-Volksbeauftragter Friedrich Ebert im Kabinett und das sozialdemokratische Parteiorgan, daß die SK, auch wegen ihrer teilweise bürgerlichen Zusammensetzung, auf die Wirtschaft beruhigend wirken werde.(14)

Die Zusammensetzung war dazu geeignet. Zwar kam es durch ein Veto der USPD nicht, wie von SPD-Seite geplant, zur Berufung eines führenden Monopolherrn, des Präsidenten der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, Inhabers von rund 100 Verwaltungsratssitzen und mehrjährigen Leiters der Kriegsrohstoffabteilung beim Preußischen Kriegsministerium, Walter Rathenau, in die Kommission. Doch gehörten ihr mit Dr. Theodor M. Vogelstein von der Auer-Gesellschaft, vorher Direktor der Kriegsmetall AG und später Bankier, mit den Kathedersozialisten Professor Ernst Francke und Privatdozent Dr. Emil Lederer, dem Herausgeber der sozialdemokratischen Theoriezeitschrift "Die Neue Zeit", Heinrich Cunow, und dem Vorsitzenden des Bergarbeiterverbandes, Otto Hué, ebenfalls Sozialisierungsgegner an, die zugleich das auf Klassenversöhnung und Rettung bürgerlicher Herrschaft gerichtete Arbeitsgemeinschaftsabkommen der Unternehmerverbände und Gewerkschaften vom 15.11.1918 verfochten. Der - wenn man will - linke Flügel der Kommission bestand aus den Professoren Carl Ballod und Robert Wilbrandt, den USPD-Ideologen Karl Kautsky und Rudolf Hilferding, Chefredakteur der "Freiheit". Vor allem Wilbrandt betätigte sich unermüdlich als Publizist und Agitator, um antikapitalistisch gesinnte Arbeiter von Aktionen abzubringen. Die sich zwischen einst und jetzt wandelnde Einstellung Kautskys ist schon gekennzeichnet worden. Hilferding hatte sich 1910 mit seinem Buch "Das Finanzkapital" als hervorragender marxistischer Theoretiker erwiesen. Acht Jahre später verabschiedete er sich von der darin enthaltenen These, wegen ihrer beherrschenden Rolle in der Wirtschaft müßten die Banken als erste enteignet werden, und zwar mit der Begründung, es würden Kredite für den Wiederaufbau der Industrie gebraucht.(15) Derart berücksichtigte Hilferding eine Drohung des Direktors Paul Mankiewicz von der Deutschen Bank, die dieser am 21.11.1918 Vogelstein und Francke übermittelt hatte: Sollte in irgendeiner Form an die Sozialisierung der Banken gedacht werden, ende deren Kreditfähigkeit.(16) Alle SK-Mitglieder waren gegen Räteherrschaft und für die bürgerliche Nationalversammlung. Die spätere Berufung des österreichischen Nationalökonomen Professor Josef Schumpeter sowie Paul Umbreits von der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands in die SK ließ deren Grundlinie unverändert.(17)

Am 5., 9., 12. und 14.12.1918 befaßte die SK sich mit ihrer Stellung zu den Reichsbehörden sowie ihrem Arbeitsplan. Sie wählte Kautsky und Francke zu Vorsitzenden, Vogelstein zum Schriftführer, lehnte eine Eingliederung in den Behördenapparat ab und erklärte, ihre Arbeiten eigenverantwortlich erledigen zu wollen. Da sich das Reichswirtschafts-, das Reichsschatzamt und z. T. auch das Demobilmachungsamt mit einschlägigen Vorhaben beschäftigten, wollte sie mit ihnen Kontakt halten. Doch sollte der vor allem in der Materialbeschaffung und Beantwortung ihrer Fragen durch die Ämter bestehen.(18)

Anders als der Tenor dieser Beschlüsse fiel das Arbeitsprogramm der Kommission aus, das sie am 11.12.1918 im "Deutschen Reichs- und Preußischen Staatsanzeiger" und in der "Freiheit" veröffentlichte. Im Grunde betonte sie darin ihre Harmlosigkeit gegenüber dem Großkapital. "Erste Voraussetzung aller wirtschaftlichen Reorganisation bildet die Wiederbelebung der Produktion", hieß es eingangs. In Exportindustrie, Außenhandel und Kreditbanken dürfe gegenwärtig nicht eingegriffen werden. Die Produktivität der bäuerlichen Landwirtschaft sei zu heben. Hingegen kämen "jene Gebiete der Volkswirtschaft, in denen sich kapitalistisch-monopolistische Herrschaftsverhältnisse herausgebildet haben", besonders die Produktion von Rohstoffen, vorrangig für die Sozialisierung in Betracht. Welche anderen Zweige für eine Überführung in Gemeinwirtschaft oder Kommunalisierung geeignet seien, solle untersucht werden. Die bisherigen Inhaber seien durch Ablösungsrenten zu entschädigen. Über eine allgemeine Heranziehung der besitzenden Klassen durch Vermögensabgabe und Besitzsteuer müsse politisch entschieden werden.(19)

An eine radikale "Expropriation der Expropriateure" war nicht gedacht. Doch beabsichtigte die SK, Änderungen in der Ökonomik anzuregen. Sie wollte hierzu Einrichtungen der Kriegswirtschaft nutzen, erfuhr aber in den Sitzungen vom 12. und 30.12.1918, daß sich die Zwangssyndikate in Auflösung befanden. Unternehmer der Konsumtions-, aber auch solche der Produktionsmittelindustrie wie Hugo Stinnes drangen auf "freie Wirtschaft". Die Kommission beantragte am 1.1.1919 beim RVB: "Die im Kriege geschaffenen Zwangsorganisationen und angeordneten Stillegungen sind beizubehalten und nur in Übereinstimmung mit der Sozialisierungskommission abzuändern."(20)

In letztgenannter, vergeblicher Bestrebung und im Drängen nach Veränderungen zu Lasten der Montanindustrie stimmte die Kommission mit dem neuen Unterstaatssekretär im Reichswirtschaftsamt (RWA), Professor Wichard von Moellendorff, überein. Allerdings war dessen Zielsetzung anders. Moellendorf, wie sein Freund und früherer Chef Rathenau ein Organisator der Kriegswirtschaft, hatte bereits 1916 auf gründliche Umgestaltungen gedrängt, um die kapitalistische Konkurrenz mit staatlichen Mitteln zu beenden. "Wirtschaft, die dem Gemeinwohl nicht nützt oder gar schadet, ist auszutilgen", forderte er. "Was übrig bleibt, bedarf nicht nur der Duldung, sondern auch der Pflege."(21) Der Leiter des RWA als Verantwortlicher solle alle privatwirtschaftlichen Einrichtungen zu Gruppen, diese zu einem Wirtschaftsrat zusammenschließen. Ein Zustand müsse herrschen, worin "jeder sich gütlich selbst mit einem Bruchstück seines Wesens verbeamtet".(22)

Nach der Novemberrevolution propagierte Moellendorff Selbstverwaltungsformen der Wirtschaft mit verantwortlicher Stellung der Wirtschaftsführer und unter Beteiligung der Arbeiter, ferner die Eindämmung der Arbeitslosigkeit durch staatliche Aufträge.(23) 1919 trat er dafür ein, die Aufspaltung wirtschaftlicher Kompetenzen auf mehrere Ministerien zu stoppen. Zugleich sollten fachliche Wirtschaftsgruppen aus Unternehmern, Arbeitern, Kaufleuten und Verbrauchern als Selbstverwaltungskörper unter einem Reichswirtschaftsrat eingerichtet werden.(24)

Parteigänger für diese Vorstellungen, die mit denen Rathenaus konvergierten, hatte Moellendorff im rechtssozialdemokratischen RWA-Staatssekretär August Müller und vor allem in dessen Amtsnachfolger, Reichswirtschaftsminister Rudolf Wissell. Die Vorstellungen standen mit solchen rechter Gewerkschaftsführer und eines Teils der Großbourgeoisie im Einklang. Sie befanden sich im Gegensatz sowohl zu Bestrebungen, das "freie Spiel der Kräfte" voll auszukosten, als auch mit dem sozialistischen Ziel, den Kapitalismus zu stürzen.

SK-Konflikte mit Reichsbürokratie und Regierungsinstanzen

Unterdessen hatten schwere Konflikte zwischen Arbeit und Kapital, revolutionär gesinnten Proletariern und der sozialdemokratisch geführten Regierung begonnen. Ausgehend vom Ruhrgebiet, überzogen ab Dezember 1918 Streikwellen das Land. Daran beteiligt waren u. a. Berliner Arbeiter, vor allem aber zahlreiche Bergleute. Nach kriegsbedingt niedrig gehaltenen Löhnen und rücksichtsloser Auspowerung der Arbeitskraft verlangten die Kumpel kürzere Arbeitszeiten und mehr Geld - Ziele, die z. T. erreicht wurden. Darüber hinaus forderten sie Arbeiterkontrolle über die Produktion und die Sozialisierung des Bergbaus. Die Bewegung gedieh am weitesten im Ruhrrevier. Eine paritätisch aus Vertretern aller Arbeiterparteien - KPD, USPD und zeitweilig auch SPD - zusammengesetzte Neunerkommission suchte dort die Vergesellschaftung vorzubereiten. Als ihr Berater fungierte unter dem Pseudonym Julius Karski der polnische Marxist Julian Marchlewski. Er ging an die Problematik realistisch im Sinne des KPD-Programms heran.

Instanzen der Sozialdemokratie waren bemüht, abzuwiegeln und die proletarische Bewegung zu spalten. Hierzu dienten partielle Zugeständnisse und Propagandamanöver. Gleichzeitig begannen rechte Regierungsmitglieder ab Weihnachten 1918 einen Vernichtungsfeldzug mit reaktionären Truppen gegen die am weitesten linksstehenden Kräfte, der bis zum Meuchelmord an deren Führern ging. Höhepunkte waren die Januar- und Märzkämpfe 1919 in Berlin und die Niederschlagung der Münchner Räterepublik. Durch Abspringen der SPD-Vertreter, Sperrung von Lebensmittellieferungen an Streikende, Sonderzulagen für Streikbrecher und mit Waffengewalt wurde auch die Bewegung an der Ruhr liquidiert.

Führende USPD-Mitglieder hatten im Dezember 1918 versucht, sie mit einer Proklamation über die Sozialisierung unter Kontrolle zu bringen. Dabei tat sich der zum Bramarbasieren neigende Volksbeauftragte Emil Barth hervor. Beim ersten Reichskongreß der Arbeiter- und Soldatenräte verlangte er am 20.12., unverzüglich die Sozialisierung des Bergbaus zu verkünden; dann könne er sofort jeden Streik beenden.(25) Barth versprach zur selben Zeit dem Hamborner Streikkomitee, mit der Sozialisierung werde noch vor Weihnachten begonnen. Sonst würde er zurücktreten und zum Generalstreik in ganz Deutschland aufrufen.(26) Der Reichsrätekongreß beschloß beinahe einstimmig, die Regierung möge "mit der Sozialisierung aller hierzu reifen Industrien, insbesondere des Bergbaues, ...beginnen".(27) Friedrich Ebert ließ indes die Hamborner telegraphisch wissen, Barth sei zu seiner Äußerung nicht bevollmächtigt gewesen. "Die Reichsregierung erklärt sie für unverbindlich."(28)

In der zweiten Sitzung der SK über den Kohlenbergbau, am 20.12.1918, hatten sich unterdessen die dem USPD-Lager zugehörigen Mitglieder der Sache angenommen. Hilferding beantragte, "der politischen Situation Rechnung zu tragen... und die Regierung dahin zu unterstützen, daß man seitens der Sozialisierungskommission erkläre, die mineralischen Bodenschätze seien Staatseigentum und ungeritzte Felder Privater würden in Staatseigentum übergehen. Auch würde man den Kohlenhandel zu verstaatlichen suchen." Von Volksbeauftragten wisse er, sie warteten auf solche Initiative. Kautsky und Wilbrandt unterstützten den Vorstoß. Erstgenannter behauptete, "die Regierung sei eine Arbeiterregierung, sie, die Kommission, sei ihr politisches Instrument und habe jetzt die Aufgabe, zur Beruhigung der Arbeiter beizutragen, die darauf warten, nicht mehr Objekte kapitalistischer Ausbeuter zu sein". Besonders Vogelstein, aber auch Cunow legten Widerspruch ein.(29) Sie erreichten, daß die Angelegenheit vertagt und erst am 4.1.1919 mit einem Verkündigungsentwurf über die Nationalisierung der Bodenschätze abgeschlossen wurde. Danach sollten zwar die Nationalisierung erklärt, aber nur die Absatzorganisation, Preisbildung und Entscheidungen über neue Schächte und Bergwerke geregelt und beaufsichtigt werden - nicht von den Arbeitern, sondern vom Staat. In den Betrieben seien "Grundsätze der sozialen Demokratie" einzuführen, die Mitbestimmung bei Löhnen, Arbeitszeit und Sicherheitsmaßnahmen. Doch solle auch ein Einblick in die Geschäftsführung gesichert sein.(30)

Obwohl die Vorlage nicht auf Vergesellschaftung und nur am Rande auf Verstaatlichung gerichtet war, ging sie der Regierung zu weit. Alle Versuche der SK, diese zur Annahme zu bewegen, schlugen fehl. Das politische Kräfteverhältnis hatte sich inzwischen dadurch verändert, daß nach dem Zentralrat der Arbeiter- und Soldatenräte auch der Rat der Volksbeauftragten durch USPD-Austritt zu einem rein rechtssozialdemokratischen Gremium geworden war. Neben Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Otto Landsberg gehörten dem RVB nun Gustav Noske und Rudolf Wissell an, zuständig für Militär- bzw. Wirtschaftsfragen. Der Ruck nach rechts und die Konsolidierung der Bourgeoisieherrschaft wurden dadurch komplettiert, daß die Wahl zur Nationalversammlung am 19.1.1919 eine nichtsozialistische Mehrheit ergab und eine Koalition aus SPD, Zentrum und Deutschen Demokraten zustandekam.

Auf die SK wirkten sich die neuen Verhältnisse negativ aus. Die Reichsbehörden verschärften ihren Strangulierungskurs gegen sie. Sie erhielt weder hinreichend Schreibmaterial und technische Hilfskräfte, noch geheizte Räume; das Gehalt für SK-Generalsekretär Dr. Eduard Heimann (SPD) wurde ratenweise und verspätet gezahlt. Assistent Karl Korsch mußte vollends aus der eigenen Tasche wirtschaften. Die Reichsämter hielten Projekte zur Wirtschaftsregulierung der Kommission gegenüber geheim. Andererseits saßen Kommissare des Reichswirtschaftsamtes in deren vertraulichen Sitzungen, protokollierten und gaben ihre Erkenntnisse nach oben weiter. Professor Werner Bruck, der forscheste unter den Kommissaren, bestritt der SK jede über gutachterliche Vorschläge hinausgehende Kompetenz. Die Kommission warf ihn und die anderen unerwünschten Beobachter hinaus und erwog eine Beschwerde bei deren Auftraggeber, RWA-Staatssekretär Dr. August Müller (SPD).(31) Daß hieß den Bock zum Gärtner machen.

Eine ursprünglich von dem Deutsche-Bank-Direktor Mankiewicz geäußerte "Warnung" aufgreifend, die Siegermächte würden Reichseigentum als Unterpfand für Reparationen beanspruchen, hatte Müller bereits Ende Dezember 1918, mit Blick auch auf die Sozialisierungskommission, "eine Verstaatlichung der Kohlenbergwerke im jetzigen Augenblick" für verbrecherisch erklärt.(32) In einer RVB-Sitzung mit dem Preußenministerium und Kautsky am 10.1.1919 griff er die SK unmittelbar an. Er bezichtigte sie, die Querelen mit den Reichsämtern verschuldet zu haben.(33) Am 24.1. vervollständigte er die Attacke auf einer Pressekonferenz durch den Anwurf, "daß die Einsetzung der Sozialisierungskommission ein unglücklicher Beschluß gewesen sei, und daß diese Institution mit den zu weitgehenden Erwartungen, die sich daran knüpften, viel dazu beigetragen habe, eine Sozialisierungswut zu schaffen, der das Wort 'Sozialisierung' nichts weiter sei als eine neue Formel für sonst nicht gerechtfertigte Lohnforderungen".(34)

Derart wurde die SK verdächtigt, Streiks und Sozialisierungsbestrebungen anzustacheln statt zu dämpfen. Entrüstet legte sie beim RVB Beschwerde ein. Gleichzeitig klagte sie beim Zentralrat der ASR über die Mißachtung der Ämter und die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen, kritische Fragen mit der Regierung zu erörtern.(35) Den Einfluß der SK maßlos übertreibend, aber doch mit einem Korn Wahrheit darin gab Lederer zu bedenken: "Nur die Hoffnung auf die Arbeiten der Kommission verhüte an vielen Stellen, was an einigen immerhin schon geschehen sei: Selbsthilfe der Arbeiterschaft."(36) Er spielte hier auf das allgemeine Anwachsen der Sozialisierungsbewegung von unten an, das u. a. dazu führte, daß damals in Braunschweig, Stuttgart, München und Dresden regionale Institutionen nach dem Muster der SK aktiv wurden.(37)

Der Zentralrat war sich der prekären Lage bewußt. Er forderte einstimmig vom RVB, sofort alles zu tun, "um der Kommission ein unabhängiges Arbeiten zu ermöglichen".(38) Die Nerven der Volksbeauftragten waren weniger empfindlich. Zwar ließ Wissell die SK wissen, die Regierung erachte Müllers Äußerung für "die private Meinung eines Einzelnen". Er billigte aber weder den Etatentwurf der Kommission zur Deckung dringender Kosten, noch ihre Beschwerden über die Schwierigkeiten mit den Reichsämtern. Die erwünschte baldige Aussprache mit der Regierung sei unmöglich, weil diese jetzt viel mit den Vorbereitungen zur Nationalversammlung zu tun habe.(39)

Am 3.2.1919 entschloß sich die SK zu einem Rücktrittsgesuch. Sie begründete es mit den Sabotageakten der Ämter, der Mißachtung ihrer Anträge zur Bergbaufrage durch die Regierung und dem Faktum, daß ihr Vorhaben, "eine große Sozialisierungsaktion zu entwerfen", keine Unterstützung fand. Daher habe sich "in der Öffentlichkeit ein Zweifel an dem Ernst der Sozialisierungsabsichten der Regierung und den Leistungen der Kommission bemerkbar gemacht, eine Situation, die wir nicht verantworten konnten mit unseren Namen zu decken".(40)

Eine so begründete Demission hätte zur Aufklärung der Massen über den mangelnden Willen der Regierung beitragen können, ihren Forderungen nachzukommen. Die SK nahm aber die Demissionsankündigung nicht ganz ernst. Bekanntgeben wollte sie sie erst, wenn laufende Arbeiten über Kohlenbergbau, Kommunalisierung, Hochseefischerei und Versicherungswesen beendet wären.(41)

Noch ein anderes Moment trug dazu bei, den Rücktritt zu verzögern. Der bedrohlich anwachsenden Massenbewegung halber entschloß sich am 4.2.1919 die Regierung, der Sozialisierungskommission zwei lange gehegte Wünsche zu erfüllen. Ebert und Scheidemann unterzeichneten eine Bestallungsurkunde, wonach die SK rückwirkend ab 4.12.1918 "als eine freie wissenschaftliche Vereinigung zur Vorbereitung von Fragen der Sozialisierung" berufen sei, und gaben ihr so Rückhalt gegenüber den Reichsbehörden. Sie billigten ihr zweitens - wenngleich mit Einschränkungen - das Recht zu, "Auskunft über wirtschaftliche Verhältnisse" bei den Ämtern einzuholen. Als Pferdefuß sollte sich die Festlegung erweisen, der ganze Gang der Kommissionsverhandlungen sei "jedermann gegenüber als streng vertraulich zu betrachten und unbedingt geheim zu halten".(42)

Das Demissionsgesuch aus Berlin einerseits, die Regierungsdokumente aus Weimar andererseits müssen einander postalisch gekreuzt haben. Die Dokumente waren ein Beitrag dazu, die z. T. schon totgesagte SK beieinanderzuhalten, zumal Reichswirtschaftsminister Wissell am 9.2.1919 zu bedenken gab: "Ob nicht die Rückwirkung auf die Öffentlichkeit, die der Rücktritt der Sozialisierungskommission zur Folge haben wird, es angebracht erscheinen läßt, die Entschließung der Kommission noch zu ändern, bittet die Reichsregierung zu erwägen."(43)

Innerhalb der SK brachen nach Eingang seines Schreibens Konflikte aus, über die ein undatiertes Elaborat von Generalsekretär Heimann und dessen Brief vom 18.2.1919 an die Professoren Lederer und Schumpeter Auskunft geben. In Erstgenanntem räumte der Verfasser ein, der Demissionswunsch mancher Kommissionsmitglieder sei "überaus begreiflich", der Zweifel an Einsicht und Kraft der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder legitim. "Die Gefahr ist zweifellos sehr groß, daß, wie es kürzlich ausgedrückt wurde, die Kommission als der Wandschirm benutzt wird, hinter welchem nichts geschieht." Heimann empfahl, die Arbeit "in ihrer grundsätzlichen Bedeutung" zu erfassen. Möglichkeiten und Fähigkeit der Kommission enorm übertreibend argumentierte er, man könne "einen konkreten Plan des Sozialismus entwerfen", wodurch dieser erstmals den Schritt von der Wissenschaft zur Praxis vollziehen würde. "Hier könnte ein Werk geschaffen werden, an dem, falls die Entwicklung jetzt ungünstig verläuft, alle künftige Aufklärungsarbeit wie an einem Fanal orientiert sein würde. Die Aufgabe, die den Kommissionsmitgliedern erwächst, ist unter solchen Umständen weit erhaben über alle noch so bedeutsamen Erwägungen der praktischen Politik", weshalb sie auf solche verzichten sollten. Im Brief an die Professoren schob Heimann das Argument nach, nicht SK-Mitglieder seien unaufrichtig bzw. wirkten für oder gegen die Regierung, "sondern umgekehrt: Die Regierung wird sich pro und contra erklären müssen, die Regierung wird sich aufrichtig oder unaufrichtig zeigen!"(44)

Die Überredungsversuche konnten nicht verhindern, daß die SK auseinanderzubröckeln begann. Lederer und Schumpeter erklärten, nur bei prinzipieller Änderung der Lage der Kommission die Arbeit wieder aufnehmen zu wollen. Francke reichte schon zum zweitenmal ein Demissionsgesuch ein.(45)

Die Antwort auf Wissells Schreiben wurde von der Kommission aufgeschoben, bis ihr erster Vorsitzender, Kautsky, aus dem Ausland zurück sei.

Auf ihrem Fachgebiet war die SK fieberhaft tätig. Sie erarbeitete den (inhaltlich noch zu skizzierenden) Kohlenbericht, beschäftigte sich mit Fragen der Kommunalisierung in den Städten und empfahl die Übernahme während des Krieges von der Marine gepachteter Kutter durch das Reich, um eine staatliche Fischfangflotte zu schaffen. Zudem unterstützte sie bei der Nationalversammlung den Vorschlag Professor Gustav Radbruchs, in die künftige Verfassung einen Artikel aufzunehmen, wonach die Vergesellschaftung von Naturschätzen, Wirtschaftsbetrieben und Grundbesitz, die Bildung von Zwangsverbänden und Regelung des Einflusses der Arbeiter, der Verbraucher und des Gemeinwesens in den Betrieben Sache des Volkes sei.(46)

Als folgenschwer sollte sich der Kommissionsbeschluß vom 14.2.1919 erweisen, wonach die Mitglieder sich nicht nur über grundsätzliche Seiten der Sozialisierung öffentlich äußern dürften, sondern auch über alle in Vorschlägen und Gutachten der SK enthaltenen Probleme dann, wenn diese der Regierung vorgelegt würden und gleichzeitig um Drucklegung ersucht werde.(47) Gemessen am Ebert-Scheidemann-Entscheid vom 4.2. über absolute Vertraulichkeit der Verhandlungen mußte das als Mißtrauensvotum, wenn nicht als vorweggenommene Kriegserklärung wirken.

Vom Sozialisierungsschwindel im März 1919 zum Ende der SK

Ende Februar, Anfang März 1919 spitzten sich die Gegensätze zwischen Arbeitern, Kapital und sozialdemokratisch geführter Koalitionsregierung in einem für die Regierung gefährlichen Maße zu. Generalstreiks und bewaffnete Zusammenstöße standen auf der Tagesordnung. Unwille über die Regierungspolitik erfaßte auch die SPD. Das Gros der USPD bekannte sich beim Außerordentlichen Parteitag in Berlin entgegen Kautsky zur Diktatur des Proletariats. Noske und die Freikorps gingen in dieser Situation weiter ihrem Schlächterhandwerk nach, um die unkoordinierten Linkskräfte einzeln zu vernichten. Andere Vertreter der Exekutive, darunter Wissell, sannen auf zusätzliche Mittel zur Überwindung drohender Gefahr. Nachdem bereits im Januar SK-Mitglied Wilbrandt bei seinem Aufenthalt im Ruhrgebiet geglaubt hatte, den "Massenwahnsinn nur durch die brutalste, dem Instinkt der Masse entgegenkommende Demagogie eines syndikalistischen (doch den Staat nicht vergessenden!) Schlagworts kurieren zu können",(48) setzten nunmehr sie mit hohem Propagandaaufwand den Sozialisierungsschwindel in Szene.

Am 1.3.1919 erklärte Reichsarbeitsminister Gustav Bauer (SPD), eigentlich könne gar nicht sozialisiert werden, doch werde der Nationalversammlung in kürzester Frist eine Vorlage zugehen, in der als erstes die Übernahme des Kohlensyndikats durch das Reich vorgesehen sei.(49) Am Nachmittag desselben Tages tauchten im Lande Flugblätter mit dem Titel "Die Sozialisierung marschiert!" auf. Diesmal hatte sie es erstaunlich eilig. Schon am 2.3. morgens tat das Reichsministerium kund: "Die Sozialisierung ist da!... Das Reich wird dafür sorgen, daß überall nach den Forderungen des Gemeininteresses gewirtschaftet wird. Und das ist Sozialismus!"(50) Am 3.3. lag, eilends und ohne Konsultation mit der SK zusammengeschrieben, der Entwurf eines Sozialisierungsgesetzes vor, in dem gleichzeitig ein Gesetz über die Regelung der Kohlenwirtschaft angekündigt wurde. Am selben Tage brachte der "Vorwärts" einen Aufruf "Gegen die Tyrannei", der Streiks für überflüssig erklärte, da die SPD-Fraktion der Nationalversammlung alles richten werde: "Sie ist Fleisch vom Fleisch der deutschen Arbeiter und kennt keine andere Aufgabe, als den Willen der Genossen und Genossinnen in die politische und gesetzgeberische Tat umzuwandeln." Am 4.3. versprachen zudem die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder einer Abordnung ihrer Genossen Arbeiterräte aus Berlin, die Räte würden "in der Verfassung verankert"; sie sollten als wirtschaftliche, nicht aber politische Interessenvertretung tätig sein und u. a. "zur Kontrolle sozialisierter Betriebe und Gewerbezweige" herangezogen werden.(51)

Gründe für die fieberhafte Aktivität nannte Wissell in einem Ausschuß, in dem er mit Vertretern der deutschen Einzelstaaten beisammen war. "Das Volk verlange in stürmischer Weise nach neuen Wirtschaftsformen", erklärte er. "Aus einer großen Zahl von... Städten und ganzen Gebieten lägen Nachrichten und Schilderungen vor, die es nötig machten, nicht bloß Gewalt anzuwenden, sondern auch für den Kampf der Ideen etwas Positives zu leisten. Deshalb habe sich die Reichsregierung zur Vorlage eines Sozialisierungsgesetzes entschlossen." Der preußische Minister Wolfgang Heine (SPD) und andere warnten davor, aus "Angst vor einer aufgehetzten Masse" wieder einmal "durch unklare Formulierungen Hoffnungen zu erwecken, die nicht erfüllt werden könnten". Wissell wischte das mit dem Bemerken weg, daß es um Sein oder Nichtsein gehe und "sich die Vorredner über die Schwere der Lage noch nicht klar seien. Wir wüßten nicht, was die nächsten acht Tage bringen würden. Es handle sich auch keineswegs darum, die aufgehetzten Massen zu beschwichtigen. Militärische Mittel würden die äußere Ordnung schon wieder herstellen können. Aber auch der Teil der Arbeiterschaft, welcher Gewaltmaßnahmen verabscheue, sei unsicher geworden... Es gelte, den Arbeitern, die ruhig bleiben und zur Regierung halten wollten, ein Panier aufzurichten, sonst könne alles verloren sein."(52)

Nach außen leugneten Wissell und andere SPD-Vertreter, so Otto Hué, entschieden, unter dem "Druck der Straße" zu handeln. Beispielsweise in den Debatten der Nationalversammlung am 7. und 8.3.1919 über das Sozialisierungs- und das Kohlenwirtschaftsgesetz. Sie wollten vielmehr, äußerten sinngemäß die Redner, von sich aus den Arbeitern Gutes tun. Bürgerliche Koalierte und die rechte Opposition fanden trotz gewollter Unverbindlichkeit und Harmlosigkeit der Vorlagen Haare darin. Der Deutschnationale Alfred Hugenberg wandte sich strikt gegen eine Neuauflage der "Rathenauschen Kriegswirtschaft".(53)

In den Kommissionsberatungen ab 9.3. gaben vorwiegend bürgerliche Abgeordnete den Ton an. Gegen den z. T. verzweifelten Widerspruch selbst der SPD sorgten sie dafür, daß das Rahmengesetz zur Sozialisierung u. a. durch folgende Klauseln "verschönt" und verwässert wurde: Wollte im Entwurf § 1 "die Arbeitskraft als höchstes wirtschaftliches Gut der Nation" unter den Schutz des Reiches stellen, hieß es später im Gesetz, jeder Deutsche habe "unbeschadet seiner persönlichen Freiheit die sittliche Pflicht", seine geistigen und körperlichen Kräfte zum Wohl der Gesamtheit zu betätigen. In § 2 wurde das Reich zwar befugt, wirtschaftliche Unternehmungen in "Gemeinwirtschaft" zu überführen, aber nur "für eine Vergesellschaftung geeignete" und einzig "im Wege der Gesetzgebung gegen angemessene Entschädigung". Das Reich sollte die Herstellung und Verteilung von Gütern regeln dürfen, jedoch allein "im Falle dringenden Bedürfnisses". Hatte die Regierung in § 3 vom Staat beaufsichtigte, nicht näher definierte "wirtschaftliche Selbstverwaltungskörper" zu Leitern der "deutschen Gemeinwirtschaft" deklariert, erweiterte die Parlamentsmehrheit den Kreis der Leiter um Reich, Gliedstaaten, Gemeinden und Gemeindeverbände.(54) Walter Rathenau, der eifrige Verfechter zwangsvereinigter Selbstverwaltungskörper der Wirtschaft, fand das von der Nationalversammlung präsentierte Ergebnis so miserabel, daß er in einem Offenen Brief Wissell vorwarf: "Ein Unglück ist ihr leeres Rahmengesetz zur vorgeblichen Sozialisierung."(55)

Das gleichzeitig mit diesem am 13.3.1919 verabschiedete Gesetz über die Regelung der Kohlenwirtschaft sah den Zusammenschluß der Kohleproduzenten bis 30.6. zu Bezirksverbänden und dieser zu einem Gesamtverband vor. Das Reich sollte die Preisfestsetzung regeln, die Verbände Förderung, Eigenverbrauch und Absatz. Sie würden unter Aufsicht eines aus Regierungs-, Unternehmer-, Arbeiter- und Konsumentenvertretern sowie Sachverständigen zu bildenden Reichskohlenrates stehen. Vorschriften und Strafbestimmungen habe die Regierung zu erlassen, wobei das Parlament ihr zustimmen müsse.(56) Auch dieses Gesetz sah keinerlei Art Vergesellschaftung vor. Zusammen mit dem Rahmen- und einem danach noch verabschiedeten Gesetz über die Kaliwirtschaft war es dennoch die ganze pralle Frucht des Weimarer Sozialisierungsschwindels. Einigermaßen treffend urteilte die in Bonn erscheinende Zeitschrift "Das Parlament" Nr. 48/49-1997: "Die von den Mehrheitssozialisten als 'Grundstein zum Aufbau eines sozialistischen Staates' gepriesene Sozialisierungsgesetzgebung... diente lediglich dazu, das Politikmachen von der Straße ins Parlament zu verlegen und die letzten Revolutionäre (?! M. B.) davon zu überzeugen, daß ihre Forderungen nun auch von der Regierung vertreten werden. Eine tatsächliche Entmachtung der Monopole strebte die Sozialdemokratie zu dieser Zeit ohnehin nicht mehr an."

Von Bedeutung für die SK war, daß sie nicht nur am Gesetzgebungsprozeß nicht teilnehmen durfte, sondern daß auch die Veröffentlichung ihres eigenen "Vorläufigen Berichts über die Frage der Sozialisierung des Kohlenbergbaues" vom 15.2.1919 so lange hinausgezögert wurde, bis es für die Weimarer Debatte mit Sicherheit zu spät war. In der Öffentlichkeit fand der Bericht relativ großen Anklang.(57)

Die aus Ballod, Cunow, Hilferding, Lederer, Schumpeter, Umbreit und Wilbrandt bestehende Mehrheit - Hué und Kautsky waren bei den Schlußberatungen nicht in Berlin - vertrat darin die Ansicht, die Rückkehr zur kapitalistischen Produktionsweise sei ebenso wie eine zwangsweise Kartellierung unter weitgehender Kontrolle und Beteiligung des Staates aus politisch-psychologischen Gründen unmöglich. Einzige Lösung bleibe "eine straffe Sozialisierung". Sie solle dadurch geschehen, daß alle privaten und staatlichen Bergwerksbetriebe zugunsten eines einzigen Wirtschaftskörpers, der Deutschen Kohlengemeinschaft, enteignet würden. Dem Reich stünden nur die Tarifhoheit, die Entscheidung über dauernde Belastungen und das Recht auf die erzielten Überschüsse zu. Das oberste Gemeinschaftsorgan, der Kohlenrat, sollte aus je 25 Vertretern der Arbeiter, Betriebsleiter, Konsumenten und des Reiches bestehen und als Exekutive ein fünfköpfiges Kohlendirektorium mit großer Verfügungsgewalt bestimmen. Nach seinen Vorschlägen würden 20-25 Bezirke mit je einem Generaldirektor errichtet werden. Das Tätigkeitsgebiet der Kohlengemeinschaft solle die Verkokung und die Gewinnung der Nebenprodukte daraus, nicht die chemische Weiterverarbeitung mit umfassen; es sollte auch auf den Kohlenhandel ausgedehnt werden. Sofern die Sozialisierung des Kohlenbergbaus isoliert erfolge, müßten die bisherigen Eigentümer entschädigt werden.

Die aus Francke und Vogelstein bestehende Minderheit wollte das Privatkapital in seiner Funktion erhalten, dessen Betriebe aber wie die staatlichen vom Kohlenrat regulieren lassen. Die sogenannte Differenzialrente, die Bergwerke in günstigen natürlichen Verhältnissen zusätzlich beziehen, sei wegzusteuern.

Während der Minderheitsvorschlag etwa den Regierungsvorstellungen entsprach, mit dem Steuerprojekt allerdings darüber hinausging, hatte der Mehrheitsvorschlag eine andere Wirtschaftsform zum Ziel. Sie wäre unter bürgerlichen Gegebenheiten notwendigerweise staatskapitalistisch und nicht sozialistisch gewesen. Dank der bis heute verbreiteten Unkenntnis darüber, was Letzteres sei, konnten mit Hilfe des Projekts Illusionen gehegt und bestärkt werden.

Die Kommissionsmitglieder stimmten darin überein, innerhalb der Deutschen Kohlengemeinschaft Betriebsdemokratie einzuführen. Die zu wählenden Steigerrevier- und Zechenräte sollten aber nur an Entscheidungen mitwirken, die nicht "von prinzipieller Wichtigkeit" wären. Über die wichtigen habe allein der Kohlenrat zu befinden.

Nach geglücktem Sozialisierungsschwindel war die SK für Regierung und Behörden überflüssig, wenn nicht durch eigenwillige Vorschläge hinderlich geworden. Schon am 1.3.1919 begann ein regierungsamtliches und offiziöses Kesseltreiben gegen sie. Justizminister Otto Landsberg warf ihr vor, wenig und nur zu demonstrativen Zwecken tätig gewesen zu sein.(58) In der "Deutschen Allgemeinen Zeitung" zog am 12.3. Redakteur Dr. Otto Jöhlinger gegen sie zu Felde. Er verlangte, sie entweder aufzulösen oder durch Aufnahme weiterer bürgerlicher Nationalökonomen und von Kapitalherren umzugestalten. Die Redaktion weigerte sich, eine Entgegnung der SK hierauf abzudrucken.

Die Kommission zog durch einen Brief Kautskys an Wissell am 15.3.1919 ihr Rücktrittsgesuch endgültig zurück.(59) Sie stellte sich auf die Hinterbeine und spielte mit dem Gedanken, durch die Aufnahme neuer Mitglieder stärker zu werden. Dabei war auch an "Marchlewski-Karski, der vor Neunerkommission sehr guten Vortrag gehalten", gedacht.(60) Zudem erwog die SK eine gemeinsame Konferenz aller Sozialisierungskommissionen in Berlin, Dresden, München, Stuttgart und Wien. Denn: "Kohlenbericht scheint glänzende Presse zu finden, obgleich Regierung... ausdrücklich vom Kommissionsbericht abrückt. Angelegenheit daher wahrscheinlich noch nicht erledigt."(61)

Am 18.3.1919 lieferte die SK einen Gesetzentwurf zur Kommunalisierung von Wirtschaftsbetrieben beim Reichswirtschaftsministerium ab. Er fand bei vielen Stadt- und Gemeindevertretern Anklang, waren diese doch schon aus fiskalischen Gründen an der Überführung lokaler Betriebe in Gemeindeeigentum interessiert. Wirtschaftliche Krise und Arbeitslosigkeit, die sich während der Demobilmachung ausbreiteten, bürdeten den Kommunen große finanzielle Lasten auf. Um die Ausgaben bestreiten zu können, mußten sie rasch ihre Einkünfte erhöhen, was am besten durch Produktion und Absatz auf eigene Rechnung geschah. Die SK schlug vor, Städte und Gemeinden sollten befähigt werden, Verkehrsunternehmen, die Wasser-, Licht- und Kraftversorgung, die Erzeugung, Beschaffung, Lagerung und Verarbeitung sowie den Vertrieb von Nahrungs- und Genußmitteln, die Herstellung von Kleinwohnungen, das Anschlagwesen, die gewerbsmäßige Stellenvermittlung, die Apotheken und das Bestattungswesen sowie andere, vorwiegend für lokale Zwecke arbeitende Privatunternehmen zu übernehmen, zu betreiben oder betreiben zu lassen. Städte und Gemeinden könnten hierzu auch Verbände bilden. Sie sollten das Recht zu Enteignungen gegen Entschädigung erhalten.(62)

Als die Reichsregierung damals überstürzt das Wirtschaftsministerium mit der Ausarbeitung eines Entwurfs über die Sozialisierung von Gas, Wasser, Elektrizität und Straßenbahn beauftragte, gab die Kommission ihr Schaffensprodukt auf eigene Faust heraus. Sozialdemokratische Stadtverordnete und -väter gingen daran, den SK-Vorschlägen entsprechende Pläne für ihren Bericht zu erarbeiten.

Der Kommunalisierungsentwurf der Kommission gab letztlich auch den Anstoß zu ihrem Fall. Zwar rügte Minister Wissell am 20.3. die Veröffentlichung des Papiers nur milde.(63) Unterstaatssekretär von Moellendorff aber goß sechs Tage später Öl aufs Feuer. Provokatorisch fragte er an, ob ihm die Kommission nicht rasch ein Gutachten über die Sozialisierung der Hypothekenbanken schreiben könne, allerdings unter der Voraussetzung, daß sie nicht öffentlich zu dieser Frage Stellung nehme. Überdies sei das Problem längst von seinem Ministerium geprüft und entschieden worden. Irgendeinen Einfluß würde die Auffassung der Kommission nicht haben.(64) Intern vermerkte Vogelstein, die Vorlage sei gefährlich: "... auf diese Weise kann man uns mit der Zeit Veröffentlichungen auf allen Gebieten dadurch verwehren, daß man uns einmal anfragt."(65) Kautsky schrieb am 2.4.1919 Wissell: "Wir sind nicht dazu da, um bloßes schätzbares Material für die Reichsbürokratie zu liefern."(66)

Ihre Erwiderung auf die Ministerrüge vom 20. sandte die SK am 29.3. ab. Sie erkannte Wissells Standpunkt, wonach ihre Arbeiten einer Behördenzensur unterlägen, nicht an, habe sie doch ihre Stellung von Anfang an "als die einer freien wissenschaftlichen Kommission im Sinne einer englischen royal commission" betrachtet, die sich jederzeit frei äußern kann. Auch habe der Rat der Volksbeauftragten diesen Standpunkt ausdrücklich anerkannt. Nachdem die Regierung den Bergbaubericht fast drei Wochen lang der Öffentlichkeit vorenthalten habe, sehe sie sich um so mehr veranlaßt, "Gutachten stets sofort nach ihrer Fertigstellung zu publizieren".(67)

Die Folge war am 2.4.1919 ein Schreiben des Ministers, "darauf angelegt, der Kommission die Demission in die Feder zu diktieren".(68) Wissell faßte seinen Standpunkt dahin zusammen, daß nichts ohne Genehmigung veröffentlicht werden dürfe. Auch der Hinweis auf den Kohlenbericht könne ihn nicht erschüttern: Er entscheide, ob und wann eine Arbeit der Sozialisierungskommission an die Öffentlichkeit gehe. Bleibe die SK bei ihrer Auffassung, so schwinde "die Möglichkeit eines gedeihlichen Zusammenarbeitens".(69)

Am 7.4.1919 legte die SK ihr Amt nieder. Sie verwies dabei auf die Kämpfe mit Reichswirtschaftsamt und Regierung, die Pressepolemik gegen Existenz und Arbeiten der Kommission sowie die provokatorische Anfrage Moellendorffs. Keine bürokratische Behörde würde ihrer Meinung nach fähig sein, "einen einheitlichen und zugleich durchgearbeiteten Plan für einen wirtschaftlichen und sozialen Neuaufbau zu entwerfen". Ein volkswirtschaftlich orientiertes Gremium indes könne nur etwas leisten, "wenn ihm eine ganz andere Position gegeben wird, als der Sozialisierungskommission... zuerkannt wurde".(70)

Am 10.4. nahm Wissell den Rücktritt an. Zwei Tage zuvor schon hatte WTB amtlich verlautbart, die Ursachen für die Demission seien "weniger in sachlichen Gegensätzen, als in persönlichen Empfindsamkeiten zu suchen... Die Regierung wird nun... die notwendigen Sozialisierungsbestrebungen und die weitere gemeinwirtschaftliche Organisation der deutschen Volkswirtschaft allein durchführen."(71)

"Persönliche Empfindsamkeiten" waren in Wahrheit das Geringste. Doch greift nach meiner Meinung auch Habedank zu kurz, wenn er "die unterschiedliche Stellung zur Frage der Modifikation des monopolkapitalistischen Eigentums an den Produktionsmitteln" faktisch zum allein wesentlichen Streitkern erklärt.(72) Ob tolerante oder autoritäre Methoden angewandt, Diskussionsbeiträge zu schwerwiegenden Fragen veröffentlicht oder unterdrückt werden, war stets ein wichtiger Grund für Auseinandersetzungen.

Der "Vorwärts" hoffte am 9.4. noch, es werde eine "friedliche Lösung" geben. Umbreit spekulierte, daß sich die Nationalversammlung um die SK kümmern werde. Warum hätte sie das tun sollen? Die Kommission war längst tot. Nicht einmal beim zweiten (und letzten) Reichsrätekongreß wurde viel an sie gedacht, obgleich es da wieder um die Sozialisierung ging und Kautsky über den Gegenstand referierte.(73)

Nach der Niederschlagung des Kapp-Putschs wurde am 19.3.1920 eine Vereinbarung getroffen, in der es hieß, die Sozialisierung sei auf Grund des Planes der SK in Angriff zu nehmen, die Kohlen- und Kalisyndikate seien zu verstaatlichen und die Sozialisierungskommission wieder einzuberufen. Als die Kommission zusammentrat, hatte sie halb links stehende Mitglieder eingebüßt und ganz andere Leute hinzubekommen. So die Industriellen Rathenau und Siemens, so Wissell. Die SK-Neuauflage vegetierte dahin, bis im März 1922 der Hauptausschuß des Reichstags die Streichung ihrer Etatmittel verfügte, weil die ohne Parlamentsbeschluß ins Leben getretene Kommission nicht ins parlamentarische System passe,(74) und ihr das Geld ausging. Sie war noch weniger von Bedeutung als die erste SK. Die Sozialisierung selbst war längst im Orkus verschwunden.


© Manfred Behrend, Berlin




Anmerkungen:

1. Der Artikel beruht in größeren Teilen auf meiner Staatsexamensarbeit von 1957, "Die erste deutsche Sozialisierungskommission in ihrem Verhältnis zu den Reichsbehörden". Zugleich stütze ich mich besonders auf Heinz Habedank: Um Mitbestimmung und Nationalisierung während der Novemberrevolution und im Frühjahr 1919, Berlin 1967, ein Buch, das in der Analyse z. T. weiter ging und stärker das politische Umfeld umfaßte. Später zu DDR-Zeiten ist die Problematik Sozialisierungskommission in Abschnitten der 1968 und 1978 vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED herausgegebenen illustrierten Geschichten der deutschen Novemberrevolution behandelt worden. In der BRD wurde sie weitestgehend ignoriert.
2 Karl Liebknecht: Ausgewählte Reden, Briefe und Aufsätze, Berlin 1952, S. 472 f.
3 RVB-Aufruf an das deutsche Volk: "Die aus der Revolution hervorgegangene Regierung, deren politische Leitung rein sozialistisch ist, setzt sich die Aufgabe, das sozialistische Programm zu verwirklichen." (Vorwärts, Berlin, 13.11.1918
4 Zit. nach: Revolutionäre deutsche Parteiprogramme, Berlin 1964, S. 83.
5 Karl Kautsky: Sozialdemokratische Bemerkungen zur Übergangswirtschaft, Leipzig 1918, S. 162.
6 Zit. nach: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 2. Nov. 1917-Dez. 1918, Berlin 1957, S. 698 f.
7 Kautsky im USPD-Organ "Freiheit", Berlin, vom 17.11.1918.
8 Volksbeauftragter Rudolf Wissell (SPD) im "Vorwärts" vom 2.2.1919.
9 Vorwärts, 14. 3. 1919.
10 Bundesarchiv, R 3105, Sozialisierungskommission. Bildung und Auflösung der ersten Sozialisierungskommission. Nr. 1, Bl. 5.
11 Ebenda.
12 Habedank, a. a. O., S. 117 f.
13 Die Freiheit, 19. 11. und 5.12.1918.
14 Habedank, S. 323, und Vorwärts, 5.12.1918.
15 Allgemeiner Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands. Stenographische Berichte, Berlin o. J. (1919), S. 158.
16 Habedank, S. 122.
17 Ausführlich dazu Habedank, S. 120 ff.
18 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Berichte über die Tätigkeit der Sozialisierungskommission, Bd. 1, Jan. 1919, Nr. 2, sowie Meldung des Wolffschen Telegraphenbureaus (WTB) vom 9.12.1918.
19 Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Reihe II, Bd. 2, Berlin 1957, S. 593 f.
20 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Berichte über die Tätigkeit der SK, Bd. 1, Jan. 1919, Nr. 2, Bl. 53/54
21 Deutsche Gemeinwirtschaft, Berlin 1916, S. 31 f.
22 Ebenda, S. 33.
23 Deutsche Allgemeine Zeitung, 7.12.1918.
24 Der Aufbau der Gemeinwirtschaft. Denkschrift des Reichswirtschaftsministeriums vom 1. Mai 1919, Jena 1919, S. 4 und 8.
25 Allgemeiner Kongreß der ASR Deutschlands, a. a. O., S. 164.
26 Habedank, a. a. O., S. 159.
27 Allgemeiner Kongreß der ASR Deutschlands, S. 172 f.
28 Zit. nach Habedank, S. 160.
29 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Aufzeichnungen der Kommissare des RWA, Nr. 62, Bl. 12.
30 Wie FN 29, Bl. 20.
31 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Aufzeichnungen der Kommissare..., Nr. 62, Bl. 27 ff.
32 Tägliche Rundschau, Berlin, 29. 12. 1918.
33 BArch.,R 3105. Protokolle der vertraulichen Sitzungen der Sozialisierungskommission, Nr. 61, Bl. 10 f.
34 Deutsche Allgemeine Zeitung, Berlin, 25. 1. 1919.
35 Wie FN 33, Bl. 24 und 28.
36 Ebenda, Bl. 27.
37 Zur Sozialisierungsproblematik in Sachsen Karsten Rudolph: Hochfliegende Pläne, gelähmte Politik, in: BzG 4/97, S. 56 ff.
38 Wie FN 33, Bl. 29.
39 BArch., R 3105, Bildung und Auflösung der ersten SK, Nr. 1, B. 42.
40 Ebenda, Bl. 55 f.
41 Ebenda, Bl. 57.
42 Ebenda, B1. 43 ff.
43 Ebenda, Bl. 59.
44 Ebenda, Bl. 46 ff. bzw. 54.
45 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Bildung und Auflösung, Nr. 1, Bl. 38. Protokoll der vertraul. Sitzungen, Nr. 61, Bl. 93. Schumpeter war von März 1919 bis Juni 1920 österreichischer Finanzminister.
46 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Arbeitsverfassung, Arbeitskammergesetz u. ä. V.II, Bd. 1, Bl. 7 f.
47 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission. Beschlüsse der Kommission, Nr. 65, Bl. 1 und 4.
48 Robert Wilbrandt: Sozialisierung, Jena 1919, S. 249.
49 Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 326, S. 440.
50 Zit. nach: Materialien zur Sozialisierung, hrsg. von Oscar Simon. Erstes Heft, Berlin 1919, S. 15.
51 Reichsanzeiger, Berlin, 8. 3. 1919.
52 So Habedank, a. a. O., S. 266 f. nach von ihm in Dresden aufgefundenen Berichten über die Staatenausschuß-Sitzung vom 4.3.1919.
53 Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 326, S. 587.
54 Entwurf des Sozialisierungsgesetzes nach Vorwärts, 4.3.1919, angenommener Text laut Reichsgesetzblatt 1919, Berlin, S. 341.
55 Volkszeitung, Düsseldorf, 19.4.1919.
56 Reichsgesetzblatt 1919, S. 342.
57 Zum Folgenden die Berichtsauszüge bei Simon (Hrsg.): Materialien zur Sozialisierung, S. 8-11, ferner Habedank, a. a. O., S. 233 ff.
58 Vorwärts, 2.3.1919.
59 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission, Nr. 1, Bl. 66.
60 BArch.,R 3105, Sozialisierungskommission, Nr. 12, Privatbriefe von Kommissionsmitgliedern, Bl. 24.
61 Ebenda.
62 Entwurf zu einem Rahmengesetz über die Kommunalisierung von Wirtschaftsbetrieben, ausgearbeitet von der Sozialisierungskommission, Berlin 1919.
63 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission, Nr. 1, Bl. 67.
64 Das Schreiben Moellendorffs konnte von mir nicht aufgefunden werden. Sein Inhalt geht u. a. aus Äußerungen Vogelsteins, Kautskys, im Rücktrittsgesuch der SK vom 7.4. und Umbreits Artikel im "Gewerkschaftlichen Nachrichtendienst" vom 10. 4. 1919 hervor.
65 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission, Nr. 12, Bl. 31.
66 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission, Nr. 1, Bl. 80.
67 Ebenda, Bl. 69.
68 Paul Umbreit im Gewerkschaftlichen Nachrichtendienst, 10.4.1919.
69 BArch., R 3105, Sozialisierungskommission, Nr. 1, Bl. 73 f.
70 Ebenda, Bl. 79 und 86.
71 Deutsche Allgemeine Zeitung, Vorwärts und andere, 10.4.1919.
72 Habedank, a. a. O., S. 279.
73 II. Kongreß der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte Deutschlands am 8. bis 14. April 1919 im Herrenhaus zu Berlin, Berlin o. J., S. 224 ff.
74 Die Rote Fahne, Berlin, 21.3.1922.









 

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